Neues Bestrahlungs­verfahren reduziert bei Prostatakarzinom Nebenwirkungen

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Boston – Eine MRT-gesteuerte, täglich adaptierte stereotaktische Radiotherapie verursacht bei Prostatakarzi­nompatienten weniger urogenitale und gastrointestinale Nebenwirkungen. Das zeigt eine Metaanalyse von 29 klinischen Studien, deren Ergebnisse in Cancer erschienen sind (2023; DOI: 10.1002/cncr.34836). Aber sollten deshalb alle Prostatakrebspatienten damit behandelt werden?

„Die stereotaktische Radiotherapie der Prostata (SBRT) wird immer häufiger zur Behandlung von Prostatakar­zinomen eingesetzt. Sie basiert auf einer präzisen Abgabe der Strahlung und der Behandlung in wenigen Sitzungen (typischerweise 4 oder 5)“, schreiben die Autoren um Jonathan E. Leeman vom Dana-Farber Cancer Institute und dem Brigham and Women’s Hospital in Boston, USA.

„Schwere Nebenwirkungen vom Grad 3 oder höher sind selten, aber einige Studien deuten darauf hin, dass leichte bis moderate Nebenwirkungen bei der SBRT häufiger auftreten als bei anderen Bestrahlungsver­fahren.“

Bei der MRT-gesteuerten, täglich adaptierten SBRT erlauben die MRT-Aufnahmen, den Bestrahlungsplan des Patienten jeden Tag anzupassen, um anatomische Veränderungen zu berücksichtigen, und die Prostata während der Bestrahlung in Echtzeit zu monitorieren, um sicherzustellen, dass die Behandlung exakt auf die Prostata ausgerichtet ist. Dadurch werden benachbarte Gewebe wie Harnblase, Harnleiter und Rektum besser geschont.

Weniger urogenitale und gastrointestinale Nebenwirkungen

Allerdings ist das neue Bestrahlungsverfahren zeit- und ressourcenaufwendiger als das Standardverfahren. Leeman und seine Kollegen analysierte die kombinierten Daten von 29 klinischen Studien mit insgesamt 2.547 Patienten, um herauszufinden, ob eine MRT-gesteuerte, täglich adaptierte SBRT tatsächlich weniger Komplikationen verursacht als eine konventionelle, CT-gesteuerte und nicht täglich angepasste SBRT (CT-SBRT).

Sie berichten, dass die MRT-gesteuerte, täglich adaptierte SBRT auf kurze Sicht mit signifikant weniger uroge­nitalen und gastrointestinalen Komplikationen vom Grad 2 oder höher assoziiert gewesen seien.

In der mit dem neuen Verfahren behandelten Kohorte traten bei 16 % der Patienten urogenitale und bei 4 % der Patienten gastrointestinale Komplikationen auf. Mit der CT-SBRT lag die Rate an urogenitalen Komplika­tio­nen bei 28 % und die Rate an gastrointestinalen Komplikationen bei 9 %.

Urogenitale Komplikationen wurden durch die MRT-gesteuerte, täglich adaptierte SBRT somit um 44 % und gastrointestinale Komplikationen um 60 % reduziert. Keine Unterschiede zwischen den beiden Kohorten gab es bei den Nebenwirkungen vom Grad 3 oder höher.

Der langfristige Nutzen ist ungeklärt

Den Autoren zufolge sprechen die Ergebnisse der Metaanalyse für die Nutzung dieses Bestrahlungsverfahrens bei der Behandlung von Prostatakarzinomen. Allerdings werfe die Studie auch neue Fragen auf: Werden die kurzfristigen Benefits sich auch in langfristige Benefits übertragen, die für die Patienten von größerer Be­deutung sind. „Das können nur längerfristige Nachbeobachtungen dieser noch recht neuen Technologie zeigen“, so Leeman und seine Kollegen.

Und auch welcher Aspekt der Technologie es ist, der für die verbesserten Outcomes verantwortlich ist, ist unklar: „Es könnte die Möglichkeit des bildgebungsbasierten Monitoring während der Bestrahlung sein oder aber etwas mit der adaptiven Planung zu tun haben, auch dies können nur weitere Studien zeigen.“

Neue Technik für Patienten aufsparen, die wirklich profitieren

In einem begleitenden Editorial schreibt Peter Johnstone vom Moffitt Cancer Center in Tampa, USA: „Da die verwendeten Margins in beiden Bildgebungs-Kohorten ähnlich waren, denke ich, dass der Grund für die Un­terschiede die adaptive Planung ist.“ Sollten ausgehend von dieser Prämisse nun alle Patienten mit Prostata­karzinom eine MRT-gesteuerte, täglich adaptierte SBRT erhalten.

Für den US-Onkologen lautet die Antwort ganz klar „nein“. Die Abnahme urogenitaler und gastrointestinaler Nebenwirkungen hebt seiner Meinung nach nicht die „enormen Kosten und den großen Ressourcenbedarf dieser Technologie“ auf.

Er weist außerdem auf die Ergebnisse der MIRAGE-Studie (JAMA 2023; DOI: 10.1001/jamaoncol.2022.6558) hin: „Eine MRT-gesteuerte stereotaktische Körperbestrahlung verringert auch ohne die adaptive Komponente Komplikationen, da die Technologie kleinere Margins erlaubt.“ Johnstone plädiert dafür, die adaptive Techno­logie für die Patienten aufzusparen, die wirklich davon profitieren, etwa Patienten mit Pankreaskarzinomen und zentralen Lungenläsionen. © nec/aerzteblatt.de