Hochrisiko-­Prostatakarzinom ohne Metastasen: Zusätzliche hormonelle Therapie verlängert Überleben

Montag, 27. September 2021

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Lugano – Die Therapie des Prostatakarzinoms wird immer komplexer. Bei neu diagnostizierten, nicht metastasierten Tumoren stelt neben Operation und Bestrahlung die sofortige Hormondeprivation zur Verfügung zur Verfügung, eventuell ergänzt um eine Radiotherapie.

Eine neue Analyse mehrerer Kohorten des STAMPEDE-Studienprogramms zeigt, dass mit der zusätz­lichen Gabe von Inhibitoren des Androgensignalwegs das Metastasierungsrisiko reduziert und die Überlebenschancen erhöht werden können, wie beim virtuellen ESMO-Kongress berichtet wurde (Annals of Oncology 2021; DOI: 10.1016/j.annonc.2021.08.2098).

Die Mehrzahl der Patienten, die an den Folgen eines Prostatakarzinoms verstirbt, hatte bei Diagnose keine Metastasen; das gilt, obwohl bei Hochrisikopatienten eine 3-jährige Hormonentzugstherapie und eine lokale Strahlenbehandlung Standard sind.

Die Behandlung mit Taxanen kann in dieser Situation die Überlebenschancen nicht verbessern. Die Zugabe von Inhibitoren des Androgen-Signalwegs zur Hormonentzugstherapie bringt beim metasta­sierten Prostatakarzinom zusätzlichen Nutzen, aber bislang war unklar, ob das auch in der nicht metas­tasierten Situation gilt.

In dem großen internationalen, vielarmigen STAMPEDE-Studienprogramm wurde nun anhand von 2 ursprünglich unabhängigen Teilstudien auch diese Frage bearbeitet: In einem Vergleich wurden Patien­ten mit nicht metastasiertem Hochrisikoprostatakarzinom randomisiert, eine Hormonentzugs­therapie alleine oder in Kombination mit Androgensynthesehemmer Abirateronacetat plus Prednisolon zu erhalten, in einem 2. Ansatz erfolgte die Randomisierung zwischen Hormonentzug alleine oder in Kombination mit Abirateron plus dem Androgenrezeptorinhibitor Enzalutamid.

Die Therapie wurde für bis zu 2 Jahre gegeben, wenn außerdem eine Strahlentherapie erfolgte, anson­sten bis zur Progression. Zugelassen waren nodal positive Patienten oder solche ohne befallen Lymphknoten, aber mit einem hohen Progressionsrisiko, definiert durch einen T3/4-Tumor, einen PSA-Wert von 40 ng/ml oder höher und/oder einen Gleason-Score von 8–10. Primärer Endpunkt war das fernmetastasenfreie Überleben, das als valider Surrogatmarker für das Gesamtüberleben gilt.

Insgesamt, so Gerhardt Attard vom University College London Cancer Institute, wurden in die beiden Teilstudien 1.974 Patienten eingeschlossen, 914 in der Abirateron- und 1.060 in der Abirateron/Enzalutamid-Studie. Die mediane Einnahmedauer von Abirateron lag bei knapp 2 Jahren (23,7 Monate im Monotherapie- und 20,7 Monate im Kombinationsarm), Enzalutamid wurde im Median 23,2 Monate lang verabreicht.

In den Kontrollarmen traten 306 Fälle von Fernmetastasierung oder Tod auf, in den Armen mit der zusätzlichen hormonellen Therapie 180; das Risiko für Metastasierung oder Tod wurde damit durch die experimentelle Therapie beinahe halbiert (Hazard Ratio 0,53; 95 %-Konfidenzintervall 0,44–0,64; p = 2,9 x 10-11) und die 6-Jahres-Rate von 82 % auf 69 % vermindert.

Das Mortalitätsrisiko wurde um 40 % reduziert (HR 0,60; 95 %-KI 0,48–0,73; p = 9,3 x 10-7) mit einer Senkung der 6-Jahres-Rate von 86 % auf 77 %. Der Effekt war vergleichbar in den beiden Teilstudien, in denen Abirateron alleine (HR 0,54; 95 %-KI 0,43–0,68) bzw. in Kombination mit Enzalutamid ange­wendet wurde (HR 0,53; 95 %-KI 0,39–0,71).

Die 2-jährige Therapie mit Abirateron mit oder ohne zusätzliches Enzalutamid reduziert also signifikant das Auftreten von Fernmetastasen und verlängert das Gesamtüberleben, so Attard, und sollte damit als neuer Therapiestandard in dieser Situation angesehen werden. Die Zugabe von Enzalutamid zu Abirateron erhöht die Toxizität, hat aber keine erkennbaren Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Therapie. © jfg/aerzteblatt.de