Prostatakrebs: Androgendeprivation erhöht das Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu versterben

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Laut einer bevölkerungsbasierten Studie mit mehr als 13.000 Patienten erhöht eine Androgendeprivation bei Prostatakrebs das Risiko für einen Tod mit kardiovaskulärer Ursache vor allem bei älteren Männern.

In der kürzliche veröffentlichten Arbeit stellten die Autoren fest, dass Männer mit Prostatakrebs, die mit hormonsenkenden Medikamenten behandelt wurden, ein höheres Risiko dafür besaßen, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu versterben, als Männer ohne Androgendeprivationstherapie.

Am höchsten war das Risiko für koronare Herzkrankheiten und Schlaganfälle. Die erhöhten Wahrscheinlichkeiten für ein solches Ereignis zeigten sich ab dem zweiten Jahr nach der Krebsdiagnose und waren bei älteren Männern ausgeprägter.

„Eine Hormontherapie wird häufig bei Patienten mit Prostatakrebs eingesetzt, doch jetzt muss mehr geforscht werden, um die allgemeinen Risiken und Vorteile dieser Behandlung besser zu verstehen“, unterstreicht Hauptautor Justinas Jonusas vom National Cancer Institute (Litauen). „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Ärzte bei der Entwicklung eines Behandlungsplans für Männer, bei denen Prostatakrebs diagnostiziert wurde, Strategien zur Risikominderung und Minderung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Betracht ziehen sollten, insbesondere für ältere Patienten.“

Während schon einige frühere Forschungsergebnisse darauf hindeuten, dass eine Androgendeprivation das Risiko für negative kardiovaskuläre Folgen erhöhen kann, wurde in anderen Studien ein solcher Zusammenhang nicht beobachtet, wodurch die Verbindung zwischen der Behandlung von Prostatakrebs und kardiovaskulären Erkrankungen unklar blieb.

In der nun veröffentlichten Studie nutzten die Forscher Daten des litauischen Krebsregisters, um 13.343 Männer im Alter von 40 bis 79 Jahren zu identifizieren, bei denen zwischen 2012 und 2016 Prostatakrebs diagnostiziert worden war. Die Wissenschaftler verglichen das Mortalitätsrisiko aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei 3797 Patienten, bei denen eine Androgendeprivationstherapie durchgeführt worden war, sowie bei den 9546 Männern ohne eine solche Behandlung. Die durchschnittliche Nachbeobachtungszeit betrug für die Gruppe mit Androgendeprivationstherapie 4,63 Jahre und 5,13 Jahre in der Gruppe ohne.

Nach entsprechenden Anpassungen der Daten beobachteten die Studienautoren ein mehr als doppelt so hohes Risiko dafür, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sterben, bei Männern, bei denen eine Androgendeprivation durchgeführt wurde, ebenso wie ein höheres Risiko für kardiovaskulär bedingte Todesfälle ab dem zweiten Jahr nach einer Prostatakrebs-Diagnose. Zudem berichten die Wissenschaftler über ein fast fünfmal höheres Risiko in der Altersgruppe der 70- bis 79-Jährigen unter Androgendeprivationstherapie im Vergleich zu denen, die keine solche Behandlung erhielten.

Die Arbeitsgruppe bewertete auch das Mortalitätsrisiko für mehrere Subtypen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und stellte fest, dass ein höheres Risiko dafür bestand an einem Schlaganfall oder einer koronaren Herzkrankheit zu versterben. Diese Risiken waren bei Männern, die eine Androgendeprivationstherapie erhielten, um 42 Prozent beziehungsweise 70 Prozent höher als bei Männern, die keine hormonsenkende Behandlung erhielten.

„Prostatakrebs wird typischerweise bei älteren Männern im Alter ab 65 Jahren diagnostiziert – und bei vielen von ihnen wurde bereits eine Herz-Kreislauf-Erkrankung festgestellt“, erklärt Jonusas. „Es ist daher besorgniserregend, dass wir bei älteren Männern, die hormonsenkende Medikamente erhielten, einen so enormen Anstieg des Risikos für kardiovaskulär bedingte Todesfälle festgestellt haben. Daher möchten wir unsere Auffassung zum Ausdruck bringen, dass diese Patientengruppe auf vorbestehende Herz-Kreislauf-Erkrankungen und deren Risikofaktoren hin untersucht werden sollte, um das Risiko, an diesen Erkrankungen zu versterben, zu minimieren.“

Laut den Autoren handelt es sich hier um die erste Studie, die den mit einer Androgendeprivationstherapie in Zusammenhang stehenden kardiovaskulären Tod in einer nationalen Kohorte auf der Grundlage von Real-World-Daten analysiert.

 Über

Jonušas J et al. Androgen-deprivation therapy and risk of death from cardio-vascular disease in prostate cancer patients: a nationwide lithuanian population-based cohort study. Aging Male 2022;25(1):173-179; doi: 10.1080/13685538.2022.2091130.

 Quelle

Taylor & Francis Group, 27.07.2022