Prostatakarzinom: PRONOUNCE-Studie zur kardiovaskulären Sicherheit der Androgendeprivation vorzeitig beendet

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Durham – Die Frage, ob GnRH-Antagonisten schonender für das Herz-Kreislauf-System von Patienten mit Prostatakarzinom sind als GnRH-Agonisten, bleibt ungeklärt. Eine internationale Studie, die beide Varianten der Androgendeprivation miteinander verglich, musste wegen zu geringen Teilnehmerzahlen vorzeitig abgebrochen werden.

Die auf der Jahrestagung der European Society of Cardiology vorgestellten Ergebnisse lassen keine klaren Schlüsse zu. Jeder zweite Patient mit einem Prostatakarzinom erhält im Verlauf seines Lebens eine Androgendeprivation. Das Ziel der Behandlung ist die Ausschaltung der männlichen Geschlechts­hormone, die der wichtigste Wachstumsfaktor für die Krebszellen sind. Die Behandlung kann das Leben der Patienten verlängern, der Hormonentzug erhöht allerdings auch das kardiovaskuläre Risiko. Dies ist für die Mehrheit der Patienten relevant, die aufgrund ihres Alters in der Regel bereits Vorerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems aufweisen.

Die Behandlung erfolgte lange Zeit mit einem Agonisten des Gonadotropin-Releasing-Hormons (GnRH), der über eine ungeregelte Aktivierung der Hypophyse die Hormonproduktion in den Hoden stoppt. Die gleiche Wirkung lässt sich auch mit den neueren GnRH-Antagonisten erzielen. Die PRONOUNCE-Studie sollte klären, ob der GnRH-Antagonist Degarelix schonender für Herz und Kreislauf ist als der GnRH-Agonist Leuprolid, worauf Ergebnisse von Beobachtungsstudien hingewiesen hatten.

An der Studie sollten ursprünglich 900 Männer mit Prostatakrebs und gleichzeitiger atherosklerotischer Herz-Kreislauf-Erkrankung teilnehmen, die im Verhältnis 1:1 auf die beiden Medikamente randomisiert wurden. Der primäre Endpunkt war die Zeit bis zum ersten Auftreten eines schwerwiegenden unerwünschten kardiovaskulären Ereignisses (MACE), definiert als eine Kombination aus Herzinfarkt, Schlaganfall oder Tod.

Die Studie begann im Mai 2016. Sponsor war der Degarelix-Hersteller Ferring. Im April 2020 wurde die PRONOUNCE-Studie nach Einschluss von 545 Patienten vorzeitig beendet, nachdem die Rekrutierung der Patienten schleppend verlaufen war und sich kein deutlicher Vorteil von Degarelix abzeichnete. Zum Zeitpunkt des Abbruchs war es in der Degarelix-Gruppe bei 15 Patienten (5,5 %) zu einer MACE gekommen gegenüber 11 Patienten (4,1 %) in der Leuprolid-Gruppe. Damit wäre das kardiovaskuläre Risiko unter dem GnRH-Antagonisten Degarelix wider Erwarten sogar höher als unter dem GnRH-Agonisten Leuprolid.

Das Team um Renato Lopes vom Clinical Research Institute der Duke Universität in Durham/North Carolina ermittelt eine Hazard Ratio von 1,28, die mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,59 bis 2,79 jedoch nicht signifikant war und deshalb keine Aussage über die Vor- oder Nachteile der eingesetzten Präparate hinsichtlich ihrer kardiovaskulären Sicherheit erlaubt. © rme/aerzteblatt.de