Netzwerk “Hauptstadt Urologie” will Spitzen-Medizin in der Fläche verfügbar machen

Ulrich Frei, Thorsten Schlomm, Axel Schroeder, Rüdiger Bolze, Frank Michalak (v.l.). Foto: Charité/Gulath

Um Patienten mit urologischen Erkrankungen in Berlin und Brandenburg die bestmögliche Therapie bieten zu können, wurde auf Initiative der Charité – Universitätsmedizin Berlin die Plattform “Hauptstadt Urologie” gegründet. Am 28.02.2020 wurde das Netzwerk vorgestellt.

Das Projekt verbindet spezialisierte Ärztinnen und Ärzte aus der Region mit dem urologischen Tumorzentrum der Charité. Unabhängig davon, wo die Patienten in Behandlung sind, erhalten sie von ihrem Arzt im Netzwerk Empfehlungen für neueste Therapiemöglichkeiten. Prof. Thorsten Schlomm, Direktor der Klinik für Urologie der Charité, sagt: „Die Medizin soll zu den Menschen kommen und nicht umgekehrt. Mit dem Projekt verfolgen wir das Ziel, Präzisionsmedizin auch in der Fläche verfügbar zu machen.“

Erfahrungen der Patienten und Ärzte nutzbar machen

Mit diesem Ansatz unterstützt die Charité Patienten und deren Ärzte bei der Suche nach der bestmöglichen Therapie und macht dabei das Wissen sowie die Erfahrungen der Patienten und der Ärzte als „Schwarmintelligenz“ für alle nutzbar. So wird ein großes, ständig wachsendes Netzwerk geschaffen. Frank Michalak, Geschäftsführer der gemeinnützigen Trägergesellschaft der “Hauptstadt Urologie” (PNCMed gGmbH): „Jeder Patient hat seine ganz besonderen Erfahrungen, etwa über Wirkung und Nebenwirkungen von Therapien, gemacht. Dieses individuelle Wissen steht der Gemeinschaft bisher jedoch nicht zur Verfügung. Das wollen wir ändern.“ Das Hauptstadt-Urologie-Netzwerk soll einen frühzeitigen Zugang zu innovativen Behandlungsmethoden ermöglichen. Jürgen Graalmann, Geschäftsführer der “BrückenKöpfe”, Mitinitiatoren der “Hauptstadt Urologie”: „Nachdem viel und lange über Präzisionsmedizin gesprochen wurde, gibt es mit der ‘Hauptstadt Urologie’ einen praktischen und patientenorientierten Piloten, der auch dazu beitragen wird, den Nutzen von Krebstherapien auf ein neues Niveau zu heben.“

Doch wie genau funktioniert die Plattform? Die beteiligten Ärzte laden ihre Patienten ein, am Netzwerk teilzunehmen und händigen ihnen einen Teilnahme-Code aus. Damit kennt nur der behandelnde Arzt die Identität. Mit diesem Code können die Patienten ihre eigenen Daten in das System eintragen und jederzeit aktualisieren. Die Daten werden kontinuierlich von einem Team des urologischen Tumorzentrums der Charité sowie durch Einsatz künstlicher Intelligenz analysiert und mit neuesten Therapiemöglichkeiten abgeglichen. Dabei hilft auch, dass jeder Patient alle für ihn relevanten Informationen zu seiner Erkrankung erhält und mit seinem Arzt besprechen kann. Nur mit dem Einverständnis des Patienten werden die Daten zu Symptomen und Lebensqualität systematisch erhoben. Rüdiger Bolze, Leiter des Regionalverbands Neue Bundesländer der Prostatakrebs-Selbsthilfe (BPS): „Die regelmäßige Kontrolle durch Expertinnen und Experten ermöglicht das frühzeitige Erkennen und rechtzeitige Behandeln von lebensbedrohlichen Komplikationen. Hier steht die Patientenperspektive im Mittelpunkt.“

Die Charité forscht darüber hinaus intensiv an der Entwicklung neuer digitaler Medizinansätze. Prof. Ulrich Frei, Vorstand Krankenversorgung der Charité: „Das Hauptstadt-Urologie-Projekt ist ein erfolgreiches Beispiel für digitale Medizin. Das Netzwerk ermöglicht es uns als Universitätsmedizin, in einen engen Austausch mit den ambulanten Versorgern zu treten und neueste Forschungsansätze schnellstmöglich zum Patienten zu bringen. Damit können wir zu einer dauerhaften Verbesserung der Qualität der Patientenversorgung beitragen.“ Gottfried Ludewig, Abteilungsleiter Digitalisierung und Innovation im Bundesministerium für Gesundheit, ergänzte: „Die ‘Hauptstadt Urologie’ ist ein spannender Ansatz, den wir aufmerksam verfolgen.“

Der Anspruch: Hochspezialisierte Therapien für jeden und überall

Die Verfügbarkeit der innovativsten Behandlungsangebote zu erhöhen, ist eines der Hauptanliegen des Projekts. Prof. Jens Rassweiler, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Urologie, kommentierte: „Wir begrüßen diese Initiative, die im Zeitalter der Digitalisierung in der Medizin fast schon einen obligater Schritt in der Optimierung unserer Behandlungsoptionen darstellt. Wir sind dabei stolz, dass gerade eine renommierte urologische Universitätsklinik wie die Charité sich dieser Aufgabe widmet. Dr. Axel Schroeder, Präsident des Berufsverbandes der Deutschen Urologen (BvDU), fügte hinzu: „Der medizinische Fortschritt muss flächendeckend verfügbar sein, damit die milliardenschweren Investitionen in Forschung und Entwicklung auch tatsächlich beim Patienten ankommen. Darüber hinaus leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Zusammenarbeit zwischen Klinikern und ambulant tätigen Ärzten und trägt somit ein Stück zur Überwindung der Sektorengrenzen bei.“

(Charité/ms)