Mittels mpMRT und MRT/TRUS-Fusionsbiopsie: Nach Prostatakrebs fahnden – risikoadaptiert und bildunterstützt

Dtsch Arztebl 2023; 120(12): A-520 Schenk, Maren

Der Tumor trifft viele Männer, er lässt sich früh entdecken und kurativ behandeln – Prostatakrebs ist eigentlich für ein Screening prädestiniert. Doch hierzulande legt man weiter die Hände in den Schoß und ist nicht weiter als im Jahr 1971, so der Tenor einer kritischen Bestandsaufnahme.

Das Prostatakarzinom bei Männern ist in Deutschland und vielen anderen Ländern nach wie vor die häufigste Krebserkrankung und die zweithäufigste Krebstodesursache nach dem Lungenkrebs. Jährlich sterben hierzulande etwa 15 000 Männer an diesem Tumor (1). Darüber, welche Screeningstrategie wirklich nutzen könnte, wird bereits seit Jahrzehnten diskutiert, ohne eine fortschrittliche, individuelle Risikoabklärung zu berücksichtigen und ohne veraltete Vorgehensweisen je ersetzt zu haben.

Seit 50 Jahren wird nur Tasten zum Screenen bezahlt

So wird in Deutschland wie bereits seit 1971 und immer noch im Jahr 2023 lediglich das Tasten nach einem Prostatatumor mit dem Finger im Enddarm – die digito-rektale Untersuchung (DRU) – für Männer ab 45 Jahren als Früherkennungsmaßnahme zur Entdeckung eines Prostatakarzinoms von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet. Ein Screening auf Basis des Tumormarkers Prostata-spezifisches Antigen (PSA) wird bislang nicht empfohlen und nicht finanziert. Darüber hinausgehende Untersuchungen zur Eingrenzung des individuellen Risikos sind ebenfalls noch nicht zum Bestandteil von Prostatakrebs-Früherkennungsmaßnahmen geworden.

Was dies für die hiesigen Patienten bedeutet, weshalb die digito-rektale Untersuchung den Männern im Screening nichts bringt und warum das sogenannte „wilde“ Screening nicht zu einer Reduktion der Sterblichkeit führt, erläuterte unlängst Prof. Dr. med. Peter Albers, der Direktor der Klinik für Urologie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, während einer Veranstaltung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg. Albers leitet dort die Abteilung Personalisierte Früherkennung des Prostatakarzinoms.

Schon lange interpretieren Expertinnen und Experten von Fachgesellschaften und Institutionen die Studienergebnisse zum langfristigen Nutzen und Schaden des PSA-Screenings auf unterschiedliche Weise. Diskutiert wird zum Beispiel, ob es ausreicht, die Senkung der prostatakrebsspezifischen Mortalität nachzuweisen oder ob die Gesamtmortalität gesenkt werden muss – und wie hoch dieser Nutzen ausfallen müsste. Gleichzeitig fällt die Bewertung der Screeningnebenwirkungen unterschiedlich aus. Und nicht zuletzt wird diskutiert, wie man das Screening besser individualisieren und stratifizieren könnte.

Dies hatte zur Folge, dass es in Deutschland bislang an einer effektiven und wissenschaftlich anerkannten Früherkennungsstrategie für das Prostatakarzinom fehlt. So kam das Institut für Qualitätssicherung und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in seiner letzten Bewertung zu dieser Frage im Jahr 2020 zu dem Ergebnis, dass „der Nutzen eines generellen PSA-Screenings für Männer ohne Verdacht auf Prostatakrebs den dadurch entstehenden Schaden nicht aufwiegen kann“ (234). Weshalb hierzulande den Männern seit einem halben Jahrhundert einzig die Tastuntersuchung als Screening erstattet wird.

Screeningnutzen optimieren, Schäden minimieren

Ein PSA-Screening senkt die Mortalität durch Prostatakrebs um 20 %, wie sich dies anhand der Follow-up-Ergebnisse aus einer der wichtigsten und am längsten währenden Studien aus Europa zu dieser Frage ableiten lässt (5): In der „European Randomized Study of Screening for Prostate Cancer“ oder ERSPC wurden seit Anfang der 1990er-Jahre über 180 000 Männer aus 9 Ländern – aber nicht aus Deutschland – eingeschlossen. Sie wurden entweder, je nach teilnehmendem Land alle 2 oder 4 Jahre, auf PSA-Screening oder Nicht-Screening randomisiert. Inzwischen liegen Nachbeobachtungsdaten von über 16 Jahren vor. Die relative Mortalitätsreduktion von 0,80 sei in absoluten Zahlen gleichwohl geringer ausgefallen, weshalb mögliche Schäden aufgrund unnötiger Behandlungen wegen Überdiagnosen dagegen abgewogen werden müssten, räumte Albers ein. Um Letztere weiter zu vermeiden, müsse der rein populationsbasierte Einsatz des PSA-Screening weiter verfeinert werden, betonte er.

Populationsbasiertes Screening folgt einer Art Gießkannenprinzip, hier werden alle Menschen einer Gruppe ab einem bestimmten Alter einem Screening unterworfen. So funktioniert zum Beispiel das Darmkrebsscreening, bei dem alle gesetzlich Versicherten ab dem Alter von 50 Jahren zur Teilnahme eingeladen werden. Anders ist es beim risikoadaptierten Tumorscreening. So basiert ein Lungenkrebsscreening für Raucherinnen und Raucher mittels Computertomografie auf einem zusätzlichen Risikofaktor – Rauchen. Eine solche Vorgehensweise ist in den USA bereits vor 10 Jahren implementiert worden, hierzulande ist darüber eine endgültige Entscheidung noch nicht gefallen.

„Wichtig ist aber auch, dass andere, zur Differenzierung besser taugliche Untersuchungsmethoden zum Einsatz kommen“, betonte Albers vor allem im Hinblick auf die Bildgebung, die helfen könne, den individuellen Befund klarer einzuschätzen. Er verwies darauf, dass mithilfe der multiparametrischen Magnetresonanztomografie (mpMRT) verdächtige Prostataherde besser aufgespürt werden könnten (6). Überdies lässt sich durch Anwendung der mpMRT die Zahl der Biopsien senken. Bedeutsam ist vor allem ein Kombinationsverfahren für die korrekte Detektion. Eine auf der Bildkombination von Ultraschall und MRT basierende Fusionsbiopsie kann die Diagnostik des klinisch signifikanten Prostatakarzinoms gegenüber der herkömmlichen Biopsie deutlich verbessern (7). „Einfach nur auf jegliches PSA-Screening zu verzichten, wie es derzeit in Deutschland praktiziert und empfohlen wird, ist jedenfalls keine Lösung“, betonte Albers. Denn dies habe vor allem für die betroffenen Männer erhebliche Konsequenzen.

Die Folgen des Verzichts auf das PSA-Screening

Er verwies dabei auf die Erfahrungen aus den USA. Dort hatte man vor rund 15 Jahren nach Publikation der Ergebnisse der US-amerikanischen Studie PLCO (Prostate, Lung, Colorectal, and Ovarian Cancer Screening Trial) die Screeningempfehlungen sukzessive geändert: Die US Preventive Services Task Force (USPSTF) hatte sich 2008 zunächst gegen ein PSA-Screening für Männer ab 75 Jahren und dann 2012 komplett gegen ein generelles PSA-Screening ausgesprochen – mit erheblichen Nachteilen im Hinblick auf die Überlebensprognose.

Denn die Stadienverteilung bei der Erstdiagnose veränderte sich: Bei der Entdeckung eines Prostatakarzinoms war der Tumor in den Folgejahren seltener noch lokal begrenzt. Stattdessen wurden öfter fortgeschrittene und sogar metastasierte Karzinome entdeckt (8). Diese Verschiebung zu höheren Stadien bedeutet, dass weniger Tumore kurativ behandelt werden können. „Das Kind wurde mit dem Bade ausgeschüttet“, so das Fazit von Albers, das sich anhand weiterer, aktueller Beobachtungen erhärten lässt (siehe Zeitstrahl).

Im Jahr 2022 sind weitere Studien veröffentlicht worden, die eine Stadienverschiebung zu mehr metastasierten Prostatakarzinomen in den USA festgestellt hatten: So ergab eine Auswertung des US-Krebsregisters SEER (Surveillance, Epidemiology, and End Results), dass die Zahl der Erkrankungen an metastasiertem Prostatakarzinom von 2004 bis 2018 deutlich angestiegen ist (um über 40 %). Zuvor war sie bis zum Jahr 2010 bei den Männern im Alter von 45–74 Jahren stabil geblieben. Bei denjenigen im Alter über 75 war die Erkrankungsrate für metastasierte Tumoren sogar bis 2011 gesunken (9).

In einer weiteren Studie an 128 US-Veteranen-Einrichtungen zeigte sich ebenfalls, dass die Inzidenz des metastasierten Prostatakarzinoms parallel zum Rückgang des Screenings von 5,2/100 000 Männer in 2005 auf 7,9/100 000 in 2019 angestiegen war. In Einrichtungen mit einer hohen PSA-Screeningrate im Vergleich zu solchen mit einer niedrigen Rate wurden seltener metastasierte Prostatakarzinome diagnostiziert (10).

Wildes, unorganisiertes Screening ist immer falsch

„Aber das Schlimmste, was eine Nation machen kann, ist es, sich nicht um ein organisiertes Screening kümmern. Das geschieht in Deutschland nach wie vor“, so Albers. Denn viele Männer suchten sich aus Angst vor Prostatakrebs selbst Informationen zu einschlägigen Tests und ließen ihren PSA-Wert zum Teil auf eigene Kosten bestimmen – das ist das Gegenteil von einem zielgerichteten, geordneten Screening. Man spreche hier vom „wilden“ oder opportunistischen Screening, erklärte Albers.

Besonders bei älteren Männern ab etwa 70 Jahren führe solch ein Verhalten zu unnötiger Diagnostik und oft auch unnötiger Therapie. Denn die PSA-Wert-Erhöhung bei älteren Männern sei eben häufig durch eine gutartige Vergrößerung ausgelöst. Umgekehrt weise in jungen Jahren der PSA-Wert wesentlich zielgenauer auf einen bösartigen Tumor hin, erläuterte der Urologe und kritisierte: „Ohne einheitliche Richtlinien screenen sich also die falschen Männer.“

Eine Analyse des schwedischen „Göteborg Randomized Population-based Prostate Cancer Screening Trial“ (Göteborg-1-Studie) zeigte bereits 2015, dass im Vergleich zu einem organisierten Screening (alle 2 Jahre PSA-Wert, Biopsie empfohlen ab PSA 2,5 ng/ml) ein opportunistisches Screening das Mortalitätsrisiko kaum senkt (11). Für diese schwedische Studie wurde Anfang 2023 in Bezug auf den frühen Beginn eines PSA-Screenings eine neue Auswertung publiziert (12). Die Re-Analyse ergab, dass ein Screeningbeginn mit 55 Jahren die Mortalität doppelt so stark reduziert. In der europäischen ERSPC-Studie lag das durchschnittliche Alter, in dem das PSA-Screening begonnen hatte, bei 61 Jahren. Hätte man also in der ERSPC-Studie mit 55 Jahren begonnen zu screenen, wäre eine Mortalitätsreduktion von 40 % zu erreichen gewesen. An diesem Beispiel verdeutlichte Albers den Einfluss von Alterskriterien.

Auch gesundheitsökonomische Berechnungen belegen, dass die (zu) späte Diagnose lokal fortgeschrittener Tumore das Gesundheitssystem mehr belastet. Die Gesamtkosten einer Prostatakrebstherapie belaufen sich in einem Zeitraum von 18 Jahren auf circa 300 000 Euro. 80 % davon fallen in den letzten 4 Jahren an, wenn bereits Metastasen auftreten, erläuterte Albers. Kosten-Wirksamkeits-Analysen zeigten, dass ein frühes, risikoadaptiertes Screening die Kosten pro gewonnenem Lebensjahr deutlich reduzieren kann (13). Das Ziel müsse also sein, möglichst frühzeitig die Gruppe von Männern herauszufiltern, die vom Screening profitieren kann. Das heißt für Albers: „Die Lösung ist also ein organisiertes, risikoadaptiertes Screening durch einen Basis-PSA-Wert im 45.–50. Lebensjahr.“

Der Düsseldorfer Urologe hatte daher zusammen mit anderen Expertinnen und Experten bereits 2021 einen Algorithmus für ein zeitgemäßes, organisiertes, risikostratifiziertes Programm zur Früherkennung des Prostatakarzinoms ausgearbeitet und dies auf europäischer Ebene vorgestellt (14). Es dient dazu, sowohl Schäden durch die Erkrankung als auch diejenigen durch Überdiagnostik und Übertherapie zu verringern. Gleichzeitig soll eine Unterdiagnostik vermieden werden.

Hierzu seien nicht nur ein einzelner Bluttest auf PSA, sondern weitere sogenannte „Reflextests“ notwendig, um die Gruppe der Männer genauer einzugrenzen, die ein besonders hohes Risiko zur Entwicklung eines klinisch signifikanten Prostatakarzinoms haben. Sowohl die klinische Risikobewertung mit dem ERSPC Risk Calculator als auch die Bildgebung mit mpMRT ab bestimmten PSA-Werten spielen dabei eine wichtige Rolle.

In Europa zielt man auf ein organisiertes Screening

Die Experten hatten Erfolg: Nach der Publikation dieser Vorschläge beschloss die EU im März 2022, sich erstmals um risikoadaptierte Screeningverfahren bei Prostatakrebs zu kümmern, erläutert Albers die bisherige Entwicklung. Die Institution für die wissenschaftliche Beratung der Politik durch europäische Akademien – die Science Advice for Policy by European Academies oder SAPEA – empfiehlt inzwischen ein Prostatakrebsscreening auf der Basis von PSA in Kombination mit einer zusätzlichen MRT-Untersuchung als Follow-up-Test, da es gute Belege dafür gibt, dass ein Screening mit PSA-Test die Zahl der Todesfälle durch Prostatakrebs verringern kann (15).

Deutschland liegt noch im Dornröschenschlaf

Hierzulande wurden die SAPEA-Empfehlungen bisher allerdings nicht berücksichtigt: „Deutschland ist nach wie vor im Schlaf“, kritisiert Albers. Ob die Resultate laufender und aktuell abgeschlossener Studien, die ein risikoadaptiertes Prostatakrebsscreening mit PSA untersuchen, daran etwas ändern werden, bleibt abzuwarten. Von diesen haben lediglich 2 als primären Endpunkt Mortalität beziehungsweise Surrogatparameter zur Mortalität (Metastasen). Das ist zum einen die finnische Studie ProScreen (A Randomized Trial of Early Detection of Clinically Significant Prostate Cancer). ProScreen vergleicht, wie sich ein Screening PSA-Wert und zusätzliche Blutuntersuchungen plus einem mpMRT im Vergleich zu keinem Screening auswirkt; bislang sind mehr als 100 000 Probanden im Alter von 50–63 Jahren eingeschlossen worden. Primärer Endpunkt ist die prostatakrebsspezifische Mortalität nach einem Follow-up von 10 und 15 Jahren (16).

Da ist zum anderen die deutsche Studie PROBASE (Risk-adapted prostate cancer early detection study based on a baseline PSA value in young men – a prospective multicenter randomized trial). Primärer Endpunkt der Studie sind Prostatakarzinommetastasen nach 15 Jahren. An PROBASE sind insgesamt 4 klinische Studienzentren beteiligt: die Medizinische Hochschule Hannover, die Technische Universität München, die Universität Heidelberg sowie die Universität Düsseldorf – und außerdem das DKFZ.

Zur Studienteilnahme wurden 45 Jahre alte Männer aus Bevölkerungsregistern eingeladen. 46 495 Männer haben teilgenommen und wurden von 2014–2019 randomisiert in einen Arm A (Basis-PSA-Wert mit 45 Jahren; n = 23 302) und Arm B (Basis-PSA-Wert erst mit 50 Jahren; n = 23 194) eingeteilt. „Ziel der deutschen Multicenterstudie ist, das optimale Alter für die PSA-Wert-Bestimmung herauszufinden: mit 45 oder 50 Jahren“, erklärte Albers, der zugleich federführender wissenschaftlicher Leiter von PROBASE ist. Dem Ganzen liegt ein risikoangepasstes Screeningschema zugrunde, das am DKFZ gemeinsam mit der Abteilung für Krebsepidemiologie und der Abteilung für Personalisierte Früherkennung des Prostatakarzinoms ausgewertet wird. Je nach Basis-PSA-Wert gilt als

  • geringes Risiko: < 1,5 ng/ml: Wiederholung der PSA-Bestimmung nach 5 Jahren
  • mittleres Risiko: 1,5–2,99 ng/ml: Wiederholung der PSA-Bestimmung nach 2 Jahren
  • hohes Risiko: ≥ 3,0 ng/ml: mpMRT + Biopsie

Die ersten Ergebnisse von PROBASE liegen nun vor: 89,2 % der Teilnehmer hatten ein geringes Risiko, 9,2 % ein mittleres und 1,5 % ein hohes Risiko, bei denen weitere Untersuchungen folgten (17). „Die wichtigste Botschaft bei diesem risikoadaptierten Vorgehen ist: Nur bei rund 10 Prozent der gescreenten Männer sind weitere Untersuchungen nötig“, betonte Albers.

Ein Prostatakarzinom wurde bei 48 Männern (aus Arm A) diagnostiziert. Die Prävalenz des Prostatakarzinoms mit 45 Jahren ist somit gering (0,2 %). Aktuell werden Tumore, die nach dem Screening im Alter von 50 Jahren aufgetreten sind, mit denen verglichen, die nach dem Screening im Alter von 45 Jahren aufgetreten sind. Die endgültigen PROBASE-Ergebnisse werden 2035 erwartet.

Enttäuschende Ergebnisse zur Tastuntersuchung

Aber schon jetzt biete ein weiteres Resultat der Studie laut Albers „politischen Sprengstoff“. Denn die Wissenschaftler analysierten zusätzlich die Ergebnisse der digito-rektalen Tastuntersuchung als Früherkennungsmaßnahme für Prostatakrebs im Rahmen von PROBASE. Dabei wurde die Gruppe von Männern untersucht, bei denen der PSA-Wert erst mit 50 Jahren bestimmt wurde und denen zusätzlich die DRU ab dem Alter von 45 angeboten worden war (n = 23 194). Bei 2 von 6 537 Männern, die die DRU durchführen ließen, wurde ein Prostatakarzinom festgestellt (0,03 %). „Es wurden also so gut wie keine Karzinome gefunden“, betonte Albers und hielt fest: „Die Tumore, die wir früh erkennen wollen, kann man nicht tasten“. Das sei eine Erkenntnis, die es zu vermitteln gelte. Denn auch eine DRU verursache Kosten – sei aber nicht effektiv zur Früherkennung von Prostatakrebs. Das Fazit des Urologen lautet: „Die digito-rektale Tastuntersuchung ist im Screening junger Männer obsolet.“

Ein weiteres Ergebnis aus den bisherigen PROBASE-Daten ist hingegen ermutigend: „Ein organisiertes, risikoadaptiertes PSA-Screening wird akzeptiert“, so Albers. Die Adhärenz zum Studienprotokoll war gut, denn etwa 80 % der Teilnehmer haben ihre Nachfolgeuntersuchungen wahrgenommen (18).

Die sogenannte „Kontamination“ lag bei 19–25 %. Das bedeutet, dass bei diesem Anteil der Teilnehmer selbst initiierte PSA-Tests vorgenommen worden sind. Häufig würde dies von Männern in die Wege geleitet, die eine familiäre Belastung aufweisen, erklärte Albers. Diese Männer haben ein anderes Risikoprofil. Eine positive Familienanamnese gehört nämlich zu den wenigen gesicherten Risikofaktoren für ein Prostatakarzinom. Aus Daten schwedischer Personenregister ermittelten DKFZ-Forscher das Erkrankungsrisiko von Verwandten 1. Grades und empfahlen ein früheres Screening, je nach Zahl der erkrankten Familienmitglieder oder dem Erkrankungsalter (19). Es empfiehlt sich also, dies künftig zu berücksichtigen, statt die Betroffenen ihrer Angst und dem wilden Screening zu überlassen.

Aus den genannten Gründen sollten alle Screeninguntersuchungen zur Fahndung nach Prostatakrebs künftig in Deutschland koordiniert stattfinden, empfiehlt Albers. Er stellt sich ein „Smart Screening“ vor, bei dem zunächst ein einzelner Basis-PSA-Wert im Alter von ca. 50 Jahren bestimmt wird, gleichzeitig zur Früherkennung beispielsweise von Darmkrebs. Falls der PSA-Wert auffällig wäre, könnte das weitere Risiko zusätzlich mithilfe klinischer Risikofaktoren, einer mpMRT und zusätzlichen genetischen Testungen abgeschätzt werden. Derzeit versuchen zudem verschiedene Arbeitsgruppen „digitale“ Biopsieverfahren mit hochauflösender Bildgebung zu erarbeiten, die dann eine echte Biopsie obsolet machen könnten.

Wie sich das Screening smart machen ließe

Gesunde Menschen, die zur Früherkennung eingeladen werden, sollten darauf vertrauen dürfen, dass diese optimal abläuft. Es sei wichtig, unter allen Männern im Alter von etwa 45–50 Jahren genau diejenigen 10 % entdecken zu können, die ein erhöhtes Risiko für Prostatakrebs haben und von früher Therapie profitieren. Gleichzeitig gelte es, die anderen 90 % mit einem niedrigem Risiko so sicher klassifizieren zu können, dass keine weiteren Untersuchungen notwendig sind, formulierte der Urologe als wünschenswertes Fazit. Maren Schenk

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