Forscher der Johns Hopkins University in Baltimore (MD, USA) haben eine intelligente Nanosonde entwickelt, die Prostatatumoren infiltrieren und mithilfe der Raman-Spektroskopie ein Signal zurücksenden kann.
Die Sonde soll die Schwierigkeit anderer Bildgebungsverfahren wie der Magnetresonanztomographie (MRT) überwinden, detaillierte Bilder von tief im normalen Gewebe verborgenen Krebszellen zu erhalten. Wie die Wissenschaftler vom National Institute of Biomedical Imaging and Bioengineering (NIBIB) in der Fachzeitschrift „Advanced Science“ berichten, soll die neue Sonde es zukünftig ermöglichen, die Tumoraggressivität zu bestimmen. Auch eine sequenzielle Überwachung von Tumoren während der Therapie, um schnell festzustellen, ob eine Behandlungsstrategie funktioniert, ist denkbar.
„Wir freuen uns über das Potenzial zur Verbesserung der Diagnose und Behandlung vieler häufiger Krebsarten“, erklärten die Projektleiter Jeff Bulte, und Ishan Barman. „Wir kombinieren selbst organisierende Nanosonden mit Raman-Spektroskopie, um präzise Bilder mit Einzelzellauflösung zu erhalten, die für den späteren praktischen Einsatz in der Klinik erforderlich sind.“
Tumor-Enzym aktiviert die Sonde
Das Ingenieurteam konstruierte eine Nanosonde, die empfindlich auf ihre lokale Mikroumgebung reagiert: Sie wird erst aktiviert, wenn sie auf das Protein Legumain trifft, ein tumorassoziiertes Enzym, das von aggressiven Prostatakrebszellen produziert wird. Sobald es auf die Nanosonden trifft, spaltet Legumain diese in Stücke, die sich dann selbst wieder zu optisch aktiven Nanopartikel zusammensetzen. Diese Nanopartikel emittieren Licht bestimmter Wellenlängen, das mit Raman-Spektroskopie nachgewiesen werden kann, um den Tumor sichtbar zu machen.
Die Postdoktoranden Swati Tanwar und Behnaz Ghaemi leiteten das Design und die Synthese der Nanosonde namens nanoSABER (für Self-Assembling Bioorthogonal Enzyme Recognition). „Wir haben Raman-Reporter ausgewählt, die speziell im ‚zellstillen‘ Bereich des nahen Infrarotspektrums aktiv sind, um Interferenzen mit dem Signal von normalem Gewebe zu vermeiden“, erklärte Barman. „Diese selektive Aktivität ist für unsere Bildgebungstechnik von entscheidender Bedeutung, da sie eine präzise Detektion durch Raman-Spektroskopie ermöglicht, ohne mit dem umgebenden biologischen Material zu reagieren oder von diesem verdeckt zu werden.“
Die Forscher verwendeten zwei Prostatakrebs-Zell-Linien mit unterschiedlichem Ausmaß an Legumain-Expression –hoch und niedrig – sowie eine nicht krebsartige Prostata-Epithelzell-Linie, die eine vernachlässigbare Menge des Enzyms produziert.
Test an Zellkulturen und im Tiermodell
NanoSABER wurde in Laborzellkulturen und in einem experimentellen Mausmodell getestet. In beiden Fällen aktivierten die Prostatazellen, die Legumain exprimierten, die Nanosonde und sendeten ein Signal mit einer Intensität aus, die der Menge an Legumain entsprach, die von den Krebszellen produziert wurde. Der nicht krebsartige Zelltyp aktivierte die Nanosonde nicht, was zeigt, dass das nanoSABER-System wie vorgesehen funktionierte.
Das Team glaubt, ein molekulares System entwickelt zu haben, das nicht nur das Potenzial hat, Tumore mithilfe optischer Bildgebung zu identifizieren, sondern auch die Aggressivität von Tumoren schnell zu beurteilen – möglicherweise ohne die Notwendigkeit von Biopsien, die derzeit zum Standard gehören. Darüber hinaus könnten mit der Entdeckung von Profilen der Enzymsekretion verschiedener Krebsarten zusätzliche nanoSABER-Sonden synthetisiert werden, die eine präzise Diagnose von Tumortypen und -merkmalen ermöglichen. Mithilfe einer sequenziellen Bildgebung von Tumoren ließe sich zudem in Echtzeit überprüfen, ob Therapien wirken, so die Zukunftsaussicht.
(NBIB/ms)