Gleiche Sprache von Arzt und Patient vermeidet Behandlungsfehler

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Ottawa – Wenn Arzt und Patient nicht dieselbe Sprache sprechen, führt dies schnell zu Missverständnissen, was für den Patienten tödliche Folgen haben kann. Das zeigt eine Studie im Canadian Medical Association Journal (2022; DOI: 10.1503/cmaj.212155).

In Ontario, der bevölkerungsreichsten Provinz Kanadas, gibt es eine franzö­sisch­sprachige Minderheit mit einem Anteil von 2,7 %. Weitere 13 % der Bewohner sind allophon. So werden in Kanada Personen bezeichnet, die weder Englisch noch Französisch sprechen.

Wenn diese Menschen ärztliche Hilfe benötigen, treffen sie häufig auf Ärzte, die ihre Sprache nicht verstehen. Dies erschwert die Kommunikation vor allem bei älteren Personen.

Ein Team um Peter Tanuseputro vom Bruyère Research Institute in Ottawa hat die Folgen an einer Gruppe von 189.690 Senioren untersucht, die in häuslicher Pflege waren, mindestens 2 Vorerkrankungen aufwiesen und zwischen April 2010 und März 2018 in Ontario wegen gesundheitlicher Probleme im Kranken­haus behandelt wurden.

Die meisten Senioren (84 %) sprachen Englisch, 2,7 % Französisch und 13 % eine andere Sprache, am häufigs­ten Italienisch, Mandarin, Iberoromanisch oder Indoarisch.

Von den frankophonen Senioren wurden immerhin 44 % in einer Klinik behan­delt, in der die Ärzte französisch sprachen. Von den allophonen Bewohnern hatten nur 1,6 % das Glück, dass der Arzt ihrer Sprache mächtig war.

Dies war deshalb ein Glück, weil das Risiko auf eine Nebenwirkung oder Kompli­kation um 74 % geringer war als bei einer Behandlung durch einen Arzt ohne Kenntnis ihrer Sprache, wie Tanuseputro aus den ICD-Diag­nosen der Klinik entnahm.

Die adjustierte Odds Ratio von 0,26 war mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,15 bis 0,44 signifikant. Die sprachliche Konkordanz war auch mit einem um 23 % kürzeren Krankenhausaufenthalt (adjustierter Rate 0,77; 0,68-0,86) und einem um 54 % verminderten Sterberisiko im Krankenhaus verbunden (adjustierte Odds Ratio 0,46; 0,31-0,70).

Auch bei den frankophonen Senioren wirkte sich die Betreuung durch einen französisch sprechenden Arzt positiv aus. Das Risiko einer Behandlungskom­plikation war um 36 % geringer (adjustierte Odds Ratio 0,64; 0,52-0,77) und das Sterberisiko im Krankenhaus um 24 % niedriger (adjustierte Odds Ratio 0,76; 0,62-0,95).

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Darüber hinaus war die durchschnittliche Verweildauer im Krankenhaus bei Frankophonen, die sprachlich konkordant betreut wurden, um 7 % kürzer (adjustierte Rate 0,93; 0,87-1,00).

Dass die frankophonen Senioren weniger Probleme hatten als die allophonen Mitbürger, führt Tanuseputro auf die geringere sprachliche Distanz zum Englischen zurück und darauf, dass in Ontario viele Mitglieder der französisch-sprachigen Minderheit Englisch verstehen.

In der Volkszählung von 2016 hatten 93 % angegeben, dass sie ein Gespräch auf Englisch führen können. Von den allophonen Einwanderern waren weniger als die Hälfte dazu in der Lage.

Dass es dennoch häufiger zu Komplikationen und Todesfällen kommt, wenn frankophone Kanadier in einem anglophonen Krankenhaus behandelt werden, irritiert allerdings angesichts der langen Zeit, die beide Bevölkerungsgruppen bereits zusammen leben. © rme/aerzteblatt.de