Ob ein Tumor sich bereits im Körper ausgebreitet hat und Metastasen bildet, lässt sich mit Hilfe der Lymphknoten-Diagnostik feststellen. Ein interdisziplinäres Team aus 3 Fraunhofer-Instituten hat diese Diagnose-Methode jetzt optimiert und automatisiert.
Die Lebenserwartung steigt und damit auch die Zahl der Krebspatienten. Jährlich erkranken weltweit mehr als 10.000 Menschen an Tumoren. Schnelle und zuverlässige Diagnoseverfahren sowie individualisierte Therapieverfahren sind daher gefragt.
In einem interdisziplinären Projekt haben Fraunhofer-Forscher ein automatisiertes Verfahren zur Lymphknoten-Diagnostik entwickelt. Diese liefert wichtige Informationen über das Stadium einer Krebserkrankung: Über das Lymphsystem können Zellen vom Primärtumor an andere Stellen des Körpers gelangen und dort Metastasen bilden. Tumorzellen in den Lymphknoten bedeuten daher, dass der Krebs sich bereits ausgebreitet hat und entsprechend behandelt werden muss.
Bisher wird das Lymphknotengewebe, das Patienten entnommen wurde, im Labor gehärtet, in dünne Scheiben zerschnitten und dann unterm Mikroskop untersucht. „Da der Pathologe aus Zeitgründen allerdings nicht alle Schichten, sondern nur eine Auswahl untersuchen kann, kommt es vor, dass Tumorzellen unentdeckt bleiben“, erklärt Sebastian Schöning, Gruppenleiter in der Projektgruppe für Automatisierung in der Medizin und Biotechnologie am IPA.
Mit dem neuen Verfahren, das er zusammen mit Kollegen aus 2 weiteren Fraunhofer-Instituten entwickelt hat, lassen sich alle Tumorzellen aufspüren: Das neue „Hochdurchsatz-Diagnostiksystem für die gewebebasierte personalisierte Krebstherapie am Beispiel von Lymphknoten, kurz LyDia HD“ wird auf der MEDICA 2018 vom 12. bis 15. November in Düsseldorf vorgestellt.
„Der Ansatz unterscheidet sich grundlegend von der bisherigen Lymphknoten-Diagnostik“, berichtet Schöning. Statt Gewebe zu zerschneiden, wird die Probe in einzelne Zellen zerlegt. Die dafür notwendige Mahlvorrichtung, den „Tissue-Grinder“, hat ein Team am IPA entwickelt. Der Clou dabei: Die Zellen werden so schonend separiert, dass sie anschließend noch lebensfähig sind. Im nächsten Schritt werden die Tumorzellen eingefärbt, unterm Mikroskop analysiert und gezählt. All das geschieht vollautomatisch, ohne dass ein Laborant Hand anlegen muss. Das Know-how hierfür steuerte das Forscher-Team vom Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS bei.
Um danach optimale Therapien für den einzelnen
Patienten auszuwählen, werden die Tumorzellen anschließend auf
genetische Veränderungen untersucht. Diese molekularen Testverfahren
wurden am Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin
ITEM in Regensburg erarbeitet. Die Software Merlin, eine Entwicklung
des IPA, erfasst und dokumentiert alle Arbeitsabläufe von der
Aufbereitung der Proben bis zum Befundbericht.
Dank der Automatisierung ist die neue LyDia HD-Diagnostik nicht nur
genauer, sondern auch schneller und kostengünstiger als bisherige
Verfahren. Und sie liefert auch gleich für die weitere Behandlung
wichtige Informationen über Eigenschaften der Tumorzellen. Diese helfen
dem Arzt, das für den Patienten geeignete Medikament auszuwählen. Das
neue System schafft so eine wichtige Voraussetzung für die
personalisierte Medizin der Zukunft.
Quelle: Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA