Kernbotschaften
Die dritte überarbeitete Version der FORTA-Liste (Fit-for-the-Aged) mit positiven und negativen Empfehlungen für eine optimierte medikamentöse Therapie älterer Menschen liegt nun online vor.
Hintergrund
Dass es heute gegen viele Krankheiten Medikamente gibt, ist ein Fortschritt. Doch die bekannte Kehrseite ist, dass viele Menschen, insbesondere alte und chronisch kranke, mit mehreren Arzneimitteln behandelt werden oder sich selbst behandeln. Nach Daten der Berliner Altersstudie haben etwa 90 Prozent der über 70-Jährigen mindestens eine und etwa ein Drittel sogar fünf und mehr Erkrankungen, bei denen eineTherapie erforderlich ist. Doch mit der zunehmenden Zahl der Medikamente steigt die Wahrscheinlichkeit für Wechselwirkungen und Medikationsfehler. Lösungsansätze, um eine potenziell schädliche Polypharmazie zu vermeiden, sind Arzneimittellisten. Eine dieser Listen ist die FORTA-Liste. FORTA steht für „Fit-fOR-The-Aged“. Das Konzept hierfür wurde am Institut für Klinische Pharmakologie der Medizinischen Fakultät Mannheim unter der Leitung von Professor Dr. Martin Wehling entwickelt.
Mehr als eine „Negativ-Liste“
Die jetzt veröffentlichte aktualisierte FORTA-Liste 2018 teilt die Alterstauglichkeit von insgesamt 296 Substanzen für 30 alterstypische Erkrankungen nach ihrer Wirksamkeit und Verträglichkeit in vier Kategorien ein: A: unverzichtbar, B: vorteilhaft, C: fragwürdig, D: vermeiden. In die Klassifizierung gehen Daten aus den nur spärlich vorhandenen klinischen Studien zur Eignung der Arzneimittel für ältere Patienten und die Nutzen-Risiko-Analyse in einer zusammenfassenden Expertenbewertung ein.
Die FORTA-Liste ist laut der Mitteilung die derzeit einzige Arzneimittelliste, die sowohl positive (Chancen) als auch negative Empfehlungen (Risiken) für die Behandlung älterer Patienten enthält. Hierdurch werden nicht nur „schlechte“ Arzneimittel, die nicht mehr gegeben werden sollten (Übertherapie), sondern gerade auch „gute“, bei älteren Patienten erprobte Medikamente herausgehoben, die oft nicht gegeben werden (Untertherapie).
Das FORTA-Prinzip ist nach Angaben der Autoren in mehreren Studien, zuletzt 2016 in einer randomisierten klinischen Studie mit rund 400 alten Patienten (VALFORTA), positiv validiert worden. Es sei für alte, hospitalisierte Patienten gezeigt worden, „dass aufgrund der verbesserten Pharmakotherapie Nebenwirkungen vermieden und das Befinden der Patienten deutlich verbessert werden konnte“.
Klinische Bedeutung
Die FORTA-Liste wurde ebenso wie andere Arzneimittel-Listen als Orientierungshilfe vor allem für Ärzte, aber auch Apotheker mit Kenntnis der Patientendaten (etwa Krankenhausapotheker) entwickelt. Patienten kann sie nur zu Informationszwecken dienen. Keinesfalls sollten Patienten aufgrund dieser Liste ohne Rücksprache mit ihrem Arzt oder Apotheker ihre Medikation verändern. Solche Listen sind natürlich nur ein Weg zu dem Ziel, Medikationsfehler zu verhindern. Denn Fehler bei der Medikation können viele Ursachen haben, etwa Mangel an Personal, Zeit und Fachwissen, Arbeitsverdichtung und unzureichende Kommunikation des betreuenden Personals, das notwendiger Weise oft verschiedenen Fachgebieten angehört. Eine Ursache kann auch eine Veränderungen der Körperfunktion eines Patienten sein, so dass eine zunächst adäquate Therapie im weiteren Verlauf zu einer Fehlmedikation wird. Zudem basieren Entscheidungen für oder gegen bestimmte Arzneimittel-Therapien nicht allein auf medizinischen Überlegungen, sondern, wie vom Gesetzgeber vorgeschrieben, auch auf wirtschaftlichen.
Finanzierung: Das FORTA-Projekt wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.
- Referenzen
Medizinische Fakultät Mannheim
Martin Wehling et al: FORTA (Fit fOR The Aged) classification; Age and Ageing; DOI: https://doi.org/10.1093/ageing/afv200