Myokardszintigrafie zur Frühdiagnostik
Berlin, Juli 2023 – Chemotherapie, Bestrahlung und Immuntherapie sind in der Krebstherapie unverzichtbar und haben die Überlebenschancen in den vergangenen Jahrzehnten deutlich steigen lassen. Die Therapien ziehen jedoch häufig auch gesundes Gewebe in Mitleidenschaft und können zu teils schwerwiegenden Nebenwirkungen führen. Auch das Herz kann hiervon betroffen sein. Um eine Schädigung des Herzens frühzeitig erkennen und die Therapie gegebenenfalls anpassen zu können, sollte das Herz per Bildgebung untersucht werden. Eine schnelle und zuverlässige Methode hierfür ist neben dem Ultraschall die Myokardszintigrafie, wie der Berufsverband Deutscher Nuklearmediziner e.V. (BDN) mitteilt.
Die Eigenschaft vieler Chemotherapeutika, auch das Herz anzugreifen, wird in der Medizin als Kardiotoxizität bezeichnet. Die Schäden reichen von einfachen Herzrhythmusstörungen über Entzündungen und Durchblutungsstörungen bis hin zur schweren Herzschwäche mit Herzversagen. Dabei sind nicht alle Menschen gleichermaßen betroffen. „Als Risikofaktoren gelten ein sehr junges oder sehr hohes Alter, Diabetes, Tabakkonsum, aber auch vorbestehende Herz-Kreislauferkrankungen oder ein Bluthochdruck“, sagt Professor Dr. med. Detlef Moka, Vorsitzender des BDN. Auch von Krebsmedikament zu Krebsmedikament ist das Risiko unterschiedlich stark ausgeprägt.
Als besonders schädlich für das Herz gilt die Gruppe der Anthrazykline. „Sie sind aus der Krebsbehandlung nicht wegzudenken“, betont Moka. Bei Brustkrebs gehören die Substanzen zur Basistherapie, ebenso bei akuten Leukämien und etlichen anderen Krebsarten. Auch der gegen Brustkrebs gerichtete Wirkstoff Trastuzumab geht mit einem Risiko für eine Herzinsuffizienz einher; in der Lungenkrebs-Therapie wiederum sind kardiale Nebenwirkungen beim Einsatz von Cisplatin oder Carboplatin möglich, gleiches gilt für 5-Fluoruracil oder Capecitabin gegen Darmkrebs. Bei den neuen und hochwirksamen Checkpoint-Inhibitoren, CAR-T-Zellen und Immuntherapien besteht ebenfalls das Risiko von Herzschädigungen. Eine Strahlentherapie schließlich kann das Herz sogar direkt angreifen – besonders bei herznahen Tumoren wie Brust- oder Lungenkrebs.
Ziel ist es, diese Herzschäden frühzeitig zu entdecken, zu überwachen und zu behandeln. „Deshalb erfolgt in der Regel immer eine kardiologische Untersuchung vor Therapiebeginn, um etwaige Risiken besser einzuschätzen“, so Moka. Als Standard gilt hier der Ultraschall, die Echokardiografie. Nach Therapiebeginn sollten Patientinnen und Patienten auf Alarmsignale wie Müdigkeit, Kurzatmigkeit, Schwindel, Brustschmerzen, Herzrasen oder -stolpern, Gewichtszunahme und Wassereinlagerungen an Knöcheln und Beinen unbedingt achten und rasch abklären lassen. „Wenn der Ultraschall hierbei nicht eindeutig ist, ist eine nuklearmedizinische Untersuchung des Herzmuskels sehr gut geeignet“, erläutert Moka.
Für die so genannte Myokard- oder Herzmuskelszintigrafie wird dem Patienten oder der Patientin eine schwach radioaktive Substanz in die Armvene gespritzt. „Mit einer speziellen Gammakamera können dreidimensionale Aufnahmen und Funktionszustände des Herzens aufgenommen werden“, erklärt Moka. Diese gäben genauen Aufschluss über mögliche Durchblutungsstörungen der Herzgefäße, aber auch Aussagen zur Leistungsfähigkeit des Herzens, zur sogenannten Auswurfleistung, und zu möglichen Schädigungen der Herzmuskeln.
Denn nur wenn eine Herzschädigung frühzeitig erkannt wird, kann auch rasch und angemessen reagiert werden. „Diese präventive Therapie muss jedoch frühzeitig begonnen werden, um optimal wirken zu können“, betont Moka. Eine aussagekräftige Bildgebung wie die Myokardszintigrafie, mit der sich bereits geringfügige Veränderungen des Herzgewebes detektieren ließen, könne hier einen wertvollen Beitrag leisten.
Kerstin Ullrich
Pressestelle Berufsverband Deutscher Nuklearmediziner e.V.