US-Studie: Überwachung/Abwarten hat sich bei Niedrigrisiko-Prostatakrebs durchgesetzt

Von 2010 bis 2015 wurde in den USA die aktive Überwachung beziehungsweise das aufmerksame Zuwarten (Active Surveillance/Watchful Waiting, AS/WW) für Männer mit lokalisiertem Prostatakrebs geringen Risikos zum gängigsten Therapieansatz.

Dies zeigt eine aktuelle Studie, die rechtzeitig zu Beginn des Genitourinary Cancers Symposium in San Francisco/USA im „JAMA“ online publiziert wurde.

Die Untersuchung ergab außerdem, dass die radikale Prostatektomie bei Männern mit einer Erkrankung mit niedrigem Risiko abnahm, jedoch bei Patienten mit höherem Risiko anstieg.

Der zunehmende Einsatz von AS/WW für Erkrankungen mit niedrigem Risikopotenzial wird seit 2010 durch Erkenntnisse und Leitlinien auf hohem Niveau gestützt. Jedoch stimme die Verlagerung hin zu mehr radikalen Prostatektomien bei höherem Risiko und ohne Strahlentherapie mit keiner neuen Level-1-Evidenz oder irgendwelchen Leitlinienänderungen überein, kritisieren die Autoren.

Auswertung der SEER-Datenbank

Für ihre Studie werteten die Wissenschaftler vom Dana-Farber Cancer Institute in Boston und von der University of Michigan in Ann Arbor die Datenbank SEER (Surveillance, Epidemiology, and End Results) aus. Alle Männer mit lokalisiertem Prostatakarzinom, deren Erkrankung zwischen 2010 und 2015 diagnostiziert wurde und bei denen die Art der Behandlung bekannt war, wurden eingeschlossen.

Patienten, die von den behandelnden Einrichtungen eine AS oder WW verordnet bekamen und zunächst ohne definitive Therapie blieben, wurden von SEER als AS/WW kodiert. Wenn innerhalb von einem Jahr nach der Diagnose aus einer AS/WW-Therapie eine endgültige Therapie erfolgte, die aus anderen Gründen als dem Fortschreiten der Krankheit gewählt wurde, so wurden die Fälle als definitive Therapie gewertet. Darunter fielen entweder die radikale Prostatektomie oder die Strahlentherapie, ob extern, als Brachytherapie oder in Kombination.

Die Ergebnisse im Einzelnen

Unter 164.760 Männern wurde 20.879 (12,7%) AS/WW verordnet, 68.350 (41,5%) erhielten eine Strahlentherapie und 75.531 (45,8%) eine radikale Prostatektomie. Männer mit Diagnosen im Jahr 2015 (n=25.140) im Vergleich zu 2010 (n = 31.355) hatten signifikant niedrigere Raten von Niedrigrisiko-Erkrankungen (24,5% vs. 34,2%), ein höheres Durchschnittsalter (65 vs. 64 Jahre) und einen höheren medianen PSA-Wert (6,7 vs. 6,0 ng/ml) (alle p<0,05).

Bei Männern mit Niedrigrisiko-Erkrankung (n = 50.302) stieg der AS/WW-Einsatz von 2010 bis 2015 von 14,5 auf 42,1 Prozent (p<0,001 für Trend), während die radikale Prostatektomie von 47,4 auf 31,3 Prozent zurückging (p<0,001 für Trend) und die Anwendung der Strahlentherapie von 38,0 auf 26,6 Prozent sank (p<0,001 für Trend). Bei Männern mit intermediärem Risiko (n=81.836) stieg der AS/WW-Einsatz von 2010 bis 2015 von 5,8 auf 9,6 Prozent (p<0,001 für Trend), während die radikale Prostatektomie von 51,8 auf 50,6 Prozent zurückging (p=0,004 für Trend), ebenso die Strahlentherapie von 42,4 auf 39,8 Prozent (p<0,001 für Trend). Bei Männern mit Hochrisiko-Prostatakrebs (n=32.622) blieb der AS/WW-Einsatz von 2010 bis 2015 stabil (1,9–2,2%) (p=0,08 für Trend), während die radikale Prostatektomie von 38,0 auf 42,8 Prozent stieg (p<0,001 für Trend) und die Strahlentherapie von 60,1 auf 55,0 Prozent sank (p<0,001 für Trend).

(ms)

Publikation:

Mahal BA, Butler S, Franco I et al. Use of Active Surveillance or Watchful Waiting for Low-Risk Prostate Cancer and Management Trends Across Risk Groups in the United States, 2010-2015. JAMA. 2019 Feb 11. doi: 10.1001/jama.2018.19941. [Epub ahead of print] Quelle JAMA online