Tödlicher Prostatakrebs: Forscher entschlüsseln mögliche Ursachen und neue Therapieansätze

pathologisches Präparat von aggressivem Prostatakrebs

Fast alle Zellen eines metastasierten und schnell wachsenden Prostatakarzinoms (braun gefärbt) zeigen eine erhöhte Aktivität des Krebsstammzellgens EVI-1. Foto: Perner

 

Ein Forscherteam aus Schleswig-Holstein hat grundlegende Mechanismen entschlüsselt, wie es zu aggressivem, metastasierendem Prostatakrebs kommt.

Prof. Sven Perner, Direktor der Pathologie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein und des Forschungszentrums Borstel, und sein Team von Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Fachrichtungen haben hierzu Gewebe von Prostatakrebspatienten in unterschiedlichem Stadium und mit unterschiedlichem Krankheitsverlauf untersucht. Ziel des von der Wilhelm Sander-Stiftung geförderten Forschungsprojektes war es, molekulare Merkmale im Gewebe von Patienten, die einen guten klinischen Verlauf zeigten, mit den Merkmalen von Patienten zu vergleichen, die an dieser Erkrankung verstorben sind. Die Wissenschaftler haben dabei verschiedene Herangehensweisen gewählt.

Die Rolle von Krebsstammzellen

Zum einen wurden Gene und Proteine untersucht, die in Stammzellen für die Selbsterneuerung von normalem Gewebe eine Rolle spielen. Dabei zeigte sich, dass das Stammzell-Gen EVI-1 bei der Selbsterneuerung von normalen Prostatazellen eine wichtige Rolle spielt, aber vor allem auch in den Krebsstammzellen des Prostatakarzinomgewebes von Patienten mit tödlichem Verlauf weiterhin „angeschaltet“ ist. Das Forscherteam geht davon aus, dass Krebsstammzellen eine wichtige Rolle beim Fortschreiten des Prostatakrebses und bei der Bildung von Metastasen spielen. „Wir sind davon überzeugt, dass das gezielte Abschalten dieser Krebsstammzellen einen guten Ansatz für eine verbesserte Therapie darstellt“, sagt Sven Perner.

Veränderungen im Mediatorkomplex

In zwei weiteren Veröffentlichungen hat das Forscherteam einen erst vor einigen Jahren entdeckten Eiweißkomplex im Rahmen von Krebserkrankungen untersucht. Dieses Molekül, Mediatorkomplex genannt, – für dessen Entdeckung 2006 der Nobelpreis für Physiologie oder Medizin an Andrew Z. Fire und Craig C. Mello vergeben wurde – ist in normalen Zellen eine wichtige Schaltstelle bei der Bildung von Eiweißmolekülen aus dem Erbgut einer Zelle. Perner und seine Mitarbeiter konnten unter Verwendung von großen molekularen Datenbanken zeigen, dass dieser Mediatorkomplex auch bei verschiedenen Krebserkrankungen eine zentrale Rolle spielt. So gelang es den Forschern, nachzuweisen, dass unterschiedliche Anteile dieses Eiweißkomplexes bei verschiedenen Krebsarten charakteristische Veränderungen aufweisen.

Überaktive Proteinkinasen

Durch weiterführende Experimente fanden die Wissenschaftler exemplarisch am Prostatakrebs heraus, dass Proteinkinasen bei der Entstehung des Tumors mit oft tödlichem Verlauf eine starke Aktivität aufweisen. Diese Aktivität konnte durch selbst hergestellte spezifische Blocker in Zellkultur-Experimenten aufgehoben werden. Damit hoffen die Forscher, einen weiteren wichtigen Schlüssel zum Entstehen und Fortschreiten des Prostatakrebses gefunden und eine wesentliche Grundlage für die Entwicklung zielgerichteter Medikamente gegen diese Krankheit geschaffen zu haben.

(Wilhelm Sander-Stiftung/ms)