Nach einer aktuellen Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) hat nun auch Deutschland Impfungen mit dem Corona-Impfstoff AZD1222 des britisch-schwedischen Pharmakonzerns AstraZeneca gestoppt. Zuvor hatten bereits mehrere andere Länder AstraZeneca-Impfungen pausiert. Deutschland hatte zunächst auf eine Aussetzung verzichtet.
Nachdem bei einer Person multiple Thrombosen in zeitlichem Zusammenhang mit der AstraZeneca-Impfung diagnostiziert wurden und diese Person zehn Tage nach der Impfung verstarb, hatte zunächst Österreich die Verimpfung einer AstraZeneca-Impfstoff-Charge (Chargennummer ABV5300) gestoppt. Eine weitere Person wurde nach der Impfung aufgrund einer Lungenembolie ins Krankenhaus eingeliefert. Nach Dänemark und Rumänien haben sich daraufhin auch die Nicht-EU-Länder Norwegen und Island, dazu entschieden den Gebrauch des Präparats von AstraZeneca vorübergehend zu stoppen. In Italien sollen zumindest bestimmte Chargen des Impfstoffs vorerst nicht mehr verwendet werden. Thailand verschiebt den Start mit AstraZeneca. In Norwegen wurden Geimpfte aufgefordert, auf Zeichen einer Autoimmunerkrankung verstärkt zu achten, nachdem bei drei jungen Norwegern Blutgerinnsel beziehungsweise Hirnblutungen nach der Impfung mit dem Astra-Zeneca-Impfstoff beobachtet wurden. Weiterhin seien mehrere Fälle von Hautblutungen oder blauen Flecken nach der Impfung gemeldet worden, was ein Hinweis für eine Thrombozytopenie sein kann, die wiederum innere Blutungen auslösen könne.
Vorangegangene Einschätzungen
Zur Entscheidung der dänischen Gesundheitsbehörden erklärte das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) am 12. März, dass es bislang keine Hinweise darauf gebe, dass der Todesfall in Dänemark mit der Corona-Impfung von AstraZeneca in kausaler Verbindung stehe. Auch die EMA meldete sich zu Wort und betonte, dass es noch keinen Hinweis darauf gebe, dass die Corona-Impfung Grund für diese Ereignisse gewesen sei und dass die bisher verfügbaren Informationen zeigen, dass die Anzahl der thromboembolischen Ereignisse bei geimpften Personen nicht höher als in der Allgemeinbevölkerung ist: Bis zum 9. März 2021 wurden 22 Fälle von thromboembolischen Ereignissen unter den 5 Millionen Menschen gemeldet, die in der EU mit dem COVID-19-Impfstoff AstraZeneca geimpft wurden.
PRAC startete Risikobewertung
Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der EMA startete eine Überprüfung und untersucht die mit der Charge gemeldeten Fälle sowie alle anderen Fälle von thromboembolischen Ereignissen und anderen Zuständen im Zusammenhang mit Blutgerinnseln, die nach der Impfung mit dem Vektorimpfstoff AZD1222 gemeldet wurden.
Neue Meldungen führen zum Pausieren
Das Bundesgesundheitsministerium teilte nun mit, dass das PEI entgegen seiner früheren Einschätzung, weitere Untersuchungen für notwendig halte und eine Aussetzung der Impfung empfehle, da neue Meldungen von Thrombosen der Hirnvenen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung gemeldet wurden: „Bis zum Abschluss der Bewertung durch die EMA werden die Impfungen mit dem COVID-19-Impfstoff von AstraZeneca in Deutschland ausgesetzt. Die heutige Entscheidung betrifft sowohl Erst- als auch Folgeimpfungen“, so das PEI.
Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums teilte mit, dass die Europäische Arzneimittelagentur entscheiden werde „ob und wie sich die neuen Erkenntnisse auf die Zulassung des Impfstoffes auswirken“. Insgesamt seien in Deutschland sieben Fälle von Hirnvenenthrombosen bei 1,6 Millionen AstraZeneca-Impfungen gemeldet worden. Nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn können Folgeimpfungen nach einer positiven Entscheidung der EMA gegebenenfalls nachgeholt werden.
Auffällige Häufung von Hirnvenenthrombosen
Bei der Analyse des neuen Datenstands sieht das PEI jetzt eine auffällige Häufung einer speziellen Form von sehr seltenen Hirnvenenthrombosen (Sinusvenenthrombosen) in Verbindung mit einer Thrombozytopenie und Blutungen in zeitlicher Nähe zu Impfungen mit dem COVID-19-Impfstoff AstraZeneca.
AstraZeneca sieht keine Sicherheitsbedenken
Am 14. März betonte AstraZenca in einer Pressemitteilung, dass das Unternehmen nach sorgfältiger Überprüfung aller verfügbaren Sicherheitsdaten von mehr als 17 Millionen Menschen, die in der Europäischen Union (EU) und in Großbritannien mit AZD1222 geimpft wurden, keine Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Lungenembolie, tiefe Venenthrombose (DVT) oder Thrombozytopenie erkennen konnte. AstraZeneca erklärte weiterhin, dass bislang 15 Fälle einer tiefen Venenthrombose und 22 Fälle einer Lungenembolie gemeldet wurden, was unter dem natürlichen Auftreten in einer Allgemeinbevölkerung dieser Größe liege und bei anderen zugelassenen Corona-Impfstoffen ähnlich sei.
Auch in Bezug auf die Qualität im Zusammenhang mit der Charge des Impfstoffs gebe es keine bestätigten Probleme. „Während der Herstellung des Impfstoffs werden mehr als 60 Qualitätstests von AstraZeneca, seinen Partnern und mehr als 20 unabhängigen Testlabors durchgeführt. Alle Tests müssen strenge Kriterien für die Qualitätskontrolle erfüllen. Diese Daten werden den Aufsichtsbehörden in jedem Land oder jeder Region zur unabhängigen Überprüfung vorgelegt, bevor eine Charge an Länder abgegeben werden kann“, so AstraZeneca.
Meldung der AMK
Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AMK) informiert darüber, dass die Daten derzeit durch die Europäische Arzneimittel-Agentur analysiert werden und betont, dass Personen, die sich mehr als vier Tage nach der Impfung zunehmend unwohl fühlen (z. B. mit starken und anhaltenden Kopfschmerzen oder punktförmigen Hautblutungen) sich unverzüglich in ärztliche Behandlung begeben sollten.QuellenAutor:
Dr. Isabelle Viktoria Maucher (Apothekerin) Stand:15.03.2021