Regelmäßige Nickerchen mit größerem Gehirnvolumen verbunden

Eve Bender  Medizinische Nachrichten  04.07.2023

Ein tägliches Nickerchen kann die Gesundheit des Gehirns fördern, so eine neue Studie. Forscher des University College London (Vereinigtes Königreich) und der Universität der Republik Uruguay in Montevideo fanden heraus, dass Personen mit genetischer Veranlagung für regelmäßigen kurzen Mittagsschlaf ein größeres Gesamtvolumen des Gehirns aufweisen, was auf eine bessere kognitive Gesundheit schließen lässt.

“Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass kurzer Mittagsschlaf die Gesundheit des Gehirns verbessern kann”, sagte Erstautorin Valentina Paz, Doktorandin an der Universität der Republik Uruguay in Montevideo, gegenüber Medscape Medical News. “Konkret zeigte unsere Arbeit eine Zunahme des gesamten Gehirnvolumens um 15,8 Kubikzentimeter bei häufigerem Mittagsschlaf”, sagte sie.

Die Ergebnisse wurden am 19. Juni online in Sleep Health veröffentlicht.

Höheres Gehirnvolumen

Frühere Studien, die den möglichen Zusammenhang zwischen Mittagsschlaf und Kognition bei älteren Erwachsenen untersuchten, lieferten widersprüchliche Ergebnisse.

Um diese Assoziation zu klären, untersuchten Paz und Kollegen mithilfe der Mendelschen Randomisierung DNA-Proben, kognitive Ergebnisse und Daten der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRI) von Teilnehmern der laufenden UK Biobank Study. 

Ausgehend von den Daten von 378.932 Studienteilnehmern (Durchschnittsalter 57 Jahre) verglichen die Forscher Messungen der Gehirngesundheit und der kognitiven Fähigkeiten von Personen, die genetisch stärker auf Mittagsschlaf programmiert sind, mit Personen, die diese genetischen Variationen nicht aufwiesen.

Konkret untersuchten die Forscher 97 Abschnitte des genetischen Codes, die zuvor mit der Wahrscheinlichkeit von regelmäßigem Mittagsschlaf in Verbindung gebracht worden waren, und setzten diese Ergebnisse in Beziehung zu den fMRT- und kognitiven Ergebnissen derjenigen, die genetisch zu regelmäßigen Nickerchen veranlagt sind, und derjenigen, die es nicht sind.

Zu den Studienergebnissen gehörten das Gesamtvolumen des Gehirns, das Volumen des Hippocampus, die Reaktionszeit und das visuelle Gedächtnis.

Die endgültige Studienstichprobe umfasste 35.080 Personen mit Daten zu Neuroimaging, kognitiver Bewertung und Genotyp.

Die Wissenschaftler schätzten, dass der durchschnittliche Unterschied im Gehirnvolumen zwischen den genetisch auf Mittagsschlaf programmierten Personen und den übrigen Personen 15,8 Kubikzentimeter oder 2,6 bis 6,5 Jahre Alterung betrug.

Bei den anderen drei Ergebnissen – Hippocampusvolumen, Reaktionszeit und visuelle Verarbeitung – gab es jedoch keinen Unterschied zwischen den beiden Studiengruppen.

Da den Forschern keine Informationen über die Dauer des Mittagsschlafs der Teilnehmer vorlagen, schlug Paz vor, dass “ein kurzes Nickerchen am frühen Nachmittag die kognitiven Fähigkeiten derjenigen verbessern könnte, die es benötigen”.

Sie fügte jedoch hinzu, dass die Ergebnisse der Studie repliziert werden müssen, bevor eindeutige Schlussfolgerungen gezogen werden können.

“Es sind weitere Arbeiten erforderlich, um die Zusammenhänge zwischen Mittagsschlaf und Kognition zu untersuchen und diese Ergebnisse mit anderen Datensätzen und Methoden zu replizieren”, sagte sie.

Die Forscher stellen fest, dass die Ergebnisse der Studie das Wissen über die “Auswirkungen des gewohnheitsmäßigen Nickerchens am Tag auf die Gesundheit des Gehirns erweitern, was für das Verständnis kognitiver Beeinträchtigungen in der alternden Bevölkerung wesentlich ist. Die mangelnde Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Mittagsschlaf und Hippocampus-Volumen und kognitiven Leistungen (z. B. Wachsamkeit) könnte durch das gewohnheitsmäßige Tagesschläfchen beeinflusst werden und sollte in Zukunft untersucht werden”.

Stärken, Grenzen

Dr. Tara Spires-Jones, Präsidentin der British Neuroscience Association und Gruppenleiterin am UK Dementia Research Institute, kommentierte die Ergebnisse für Medscape Medical News: “Die Studie zeigt eine kleine, aber signifikante Zunahme des Hirnvolumens bei Menschen, die eine genetische Signatur aufweisen, die mit einem Tagesschlaf assoziiert wird.”

Spires-Jones, die nicht an der Studie beteiligt war, merkte an, dass die Studie zwar gut durchgeführt wurde, aber auch ihre Grenzen habe. Da bei der Mendelschen Randomisierung eine genetische Signatur verwendet wird, hängen die Ergebnisse von der Genauigkeit der Signatur ab, bemerkte sie. 

“Die Schlafgewohnheiten der Teilnehmer an der UK Biobank wurden von ihnen selbst angegeben, was möglicherweise nicht ganz präzise ist, und die ‘Nickerchen’-Signatur überschnitt sich erheblich mit der Signatur für die kognitiven Ergebnisse in der Studie, was den kausalen Zusammenhang schwächt”, sagte sie.

“Trotz dieser Einschränkungen ist diese Studie interessant, weil sie die Daten ergänzt, die auf die Bedeutung von Schlaf für die Gesundheit des Gehirns hinweisen”, so Spires-Jones.

Dieser Beitrag erschien im Original bei Medscape.com und wurde von Dr. Petra Kittner übersetzt.