Radioligandentherapie gegen metastasierten Prostatakrebs nun auch in Europa zugelassen

 “Mit der Erfindung von Lutetium-177-PSMA-617 ist unseren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ein herausragendes Beispiel für diesen Transfer gelungen“, sagt Michael Baumann, Vorstandsvorsitzender des DKFZ. Foto: Uwe Anspach / DKFZ

Die europäische Kommission hat am 13.12.2022 dem Wirkstoff Lutetium-177-PSMA-617, einem Medikament gegen metastasierten Prostatakrebs, die Zulassung erteilt.

Die Zulassung bezieht sich auf die Behandlung von Patienten mit metastasiertem Prostatakrebs, der das Glykoprotein PSMA (prostataspezifisches Membran-Antigen) trägt, wenn diese zuvor bereits eine Chemotherapie erhalten hatten und nicht auf Hormonentzug ansprechen. Zulassungsinhaberin ist die Firma Novartis. Bereits im März dieses Jahres hatte das Medikament die FDA-Zulassung für die USA erhalten. 

Bei Lutetium-177-PSMA-617 handelt es sich um einen mit radioaktivem Lutetium-177 gekoppelten Liganden, der an PSMA passgenau andocken kann. Die Mehrzahl aller Prostatakrebszellen trägt das PSMA auf ihrer Zellmembran, im übrigen Körper kommt es dagegen kaum vor. Die Krebszellen nehmen den Wirkstoff ins Zellinnere auf, sodass er sich in den Tumoren anreichert und von innen heraus seine tödliche Strahlendosis abgibt. Das macht die Wirkung der Therapie besonders präzise und zielgenau.

Der Wirkstoff wurde federführend vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Heidelberg und der Universität Heidelberg entwickelt. Nach Angaben der Entwickler kann Lutetium-177-PSMA-617 die Überlebenschancen der Betroffenen erheblich verbessern. Die dem Medikament zugrundeliegende patentierte Erfindung sei ein herausragendes Beispiel für den Transfer exzellenter Forschungsergebnisse in die klinische Anwendung.

Erfolgreicher Forschungstransfer

„Durch exzellente und interdisziplinäre Forschung ist es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern am DKFZ, dem Universitätsklinikum und der Universität Heidelberg gelungen, einen neuen Wirkstoff gegen Prostatakrebs zu entwickeln”, erklärt Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger. “Das ist ein großartiger Erfolg für die deutsche Krebsforschung, mit dem hoffentlich vielen Patienten geholfen werden kann. Hier zeigt sich beispielhaft das enorme Potenzial unserer Forschungslandschaft. Dabei ist der schnelle und erfolgreiche Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis der Schlüssel für eine bessere Zukunft.“

„Männer mit fortgeschrittenem Prostatakrebs haben derzeit kaum noch aussichtsreiche Behandlungsoptionen. Dass diese Betroffenen nun endlich auch in Deutschland von Lutetium-177-PSMA-617 profitieren können, ist ein großer Erfolg für das DKFZ”, sagt Prof. Michael Baumann, Vorstandsvorsitzender des DKFZ. “Unsere Mission ist es, mit exzellenter Grundlagenforschung Wissen und Lösungen für die klinische Praxis zu liefern. Mit der Erfindung von Lutetium-177-PSMA-617 ist unseren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ein herausragendes Beispiel für diesen Transfer gelungen“, 

„Die Erfinder haben das klinische Potenzial des Wirkstoffs erkannt und gezielt die präklinische Entwicklung vorangetrieben. Wir haben früh die Rechte gesichert und nach Partnern in der pharmazeutischen Industrie gesucht, die die Weiterentwicklung zum Medikament übernommen haben”, sagt Ursula Weyrich, Kaufmännische Vorständin des DKFZ. Diese konsequente Ausrichtung auf den Transfer zahlt sich nun aus – vor allem anderen auch für die betroffenen Patienten“, 

Das von DKFZ, Universität Heidelberg und Universitätsklinikum Heidelberg erfundene und patentierte Lutetium-177-PSMA 617 wurde zunächst durch die ABX GmbH in Radeberg in klinische Studien gebracht und anschließend von Novartis bis zur Zulassung entwickelt. Derzeit wird bereits mit weiteren klinischen Studien geprüft, ob Lutetium-177-PSMA-617 auch Patienten mit metastasiertem Prostatakrebs, die zuvor noch keine Chemotherapie erhalten haben, einen Überlebensvorteil bringt.

Prostatakrebs ist mit 70.000 Neuerkrankungen/Jahr die häufigste Krebserkrankung und die zweithäufigste Krebstodesursache bei Männern in Deutschland. Ist der Tumor bei der Diagnose noch auf die Prostata beschränkt, so liegt die Wahrscheinlichkeit, die ersten fünf Jahre nach der Diagnose zu überleben, nahezu bei 100 Prozent, bei metastasierten Tumoren dagegen nur bei 30 Prozent.

(DKFZ/ms)