Prostatakrebs: Positive Langzeitdaten mit Ipilimumab-Immuntherapie

29. September 2020

Eingangsbereich des Medizinischen Universitätscampus AKH Wien. Foto: © MedUni Wien / AKH Wien / Houdek
Lange Zeit sah es so aus, als könne die Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren bei Prostatakrebs, anders als etwa beim Nierenzellkarzinom, wo echte Durchbrüche erzielt wurden, nicht reüssieren. Die Langzeitdaten einer Studie mit Ipilimumab zeigen jetzt aber doch einen deutlichen Erfolg.
Der Antikörper verbesserte laut einer internationalen klinischen Phase-III-Studie, die jetzt in “European Urology” veröffentlicht wurde, die Raten des Gesamtüberlebens nach 3, 4 und 5 Jahren gegenüber der Placebogruppe um den Faktor zwei bis drei.
Krebs versucht, dem Immunsystem zu entkommen
Bei Ipilimumab handelt es sich um einen humanisierten monoklonalen IgG1-Antikörper, der gegen CTLA-4 wirkt. CTLA-4 ist ein Molekül, das einen Teil des Immunsystems kontrolliert, indem es dieses unterdrückt.  „Krebszellen können der körpereigenen Abwehr des Immunsystems entkommen, indem sie dieses abschalten. Ein Antikörper gegen CTLA-4, ein sogenannter Checkpoint-Inhibitor, kann diese Abschaltung blockieren und damit das Immunsystem wieder einschalten. Diese wieder aktivierte Immunreaktion kann dann dem Körper dabei helfen, Krebszellen zu zerstören“, erklärt der Onkologe Prof. Michael Krainer von der Universitätsklinik für Innere Medizin I der Medizinischen Universität Wien. Die Arbeitsgruppe Urologische Tumore der Abteilung unter Leitung von Krainer nahm an der ersten weltweit durchgeführten klinischen Phase-III-Studie eines Checkpoint-Inhibitors beim Prostatakarzinom (CA184-043) teil, deren Langzeitergebnisse jetzt in „European Urology“ veröffentlicht wurden.
Langzeitanalyse zeigt Erfolg
Die aktuelle Studie schloss insgesamt 799 Männer ein. Weltweit wurde sie in den USA,  Kanada, Südamerika, Australien und europäischen Ländern durchgeführt. Alle Patienten erhielten eine knochengerichtete Strahlentherapie (8 Gy in einer Fraktion), dann wurde ihnen – randomisiert im Verhältnis 1:1 – alle drei Wochen über bis zu vier Injektionen entweder Ipilimumab 10 mg/kg oder Placebo verabreicht. Während in der ersten geplanten Auswertung der Überlebensvorteil in der behandelten Gruppe zwar numerisch vorhanden, aber nicht signifikant war, zeigt die jetzige Analyse, dass gegenüber der Placebogruppe das Gesamtüberleben nach drei, vier und fünf Jahren in der Immuntherapiegruppe zwei- bis dreimal höher ist.
Checkpoint-Inhibition bei anderen Krebsarten etabliert
Ipilimumab wurde von der Europäischen Arzneimittel-Agentur bereits zur Behandlung von Melanomen, Lungenkrebs und Blasenkrebs zugelassen. Für die Zulassung zur Behandlung von Prostatakrebs fehlten aber weiterhin noch aussagekräftige Daten, da auch in dieser Studie in der ersten geplanten Analyse kein signifikanter Überlebensvorteil gezeigt werden konnte. Anlässlich der neuen Langzeitergebnisse meint Krainer: „Die Immuntherapie ist vielversprechend und kann eingesetzt werden, wenn zum Beispiel Chemotherapien ausgeschöpft oder unerwünscht sind. Es kann auch sinnvoll sein, damit früh anzufangen, weil jede Therapie wirksamer ist, wenn wenig Tumor da ist und der Patient in einem guten Allgemeinzustand ist. Nachdem wir als erste Gruppe in Österreich wichtige Erfahrungen sammeln konnten, versuchen wir derzeit im Rahmen internationaler klinischer Studien die Immuntherapie in die Behandlung zu integrieren“.
Demnächst startet die Arbeitsgruppe mit zwei Studienprotokollen, welche die Immuntherapie bereits vor einer Chemotherapie, die bei Patienten mit kastrationsrefraktärem Prostatakarzinom derzeit Standard ist, einsetzt.
(Medizinische Universität Wien / ms)

Originalpublikation:

Fizazi K, Drake CG, Beer TM et al. Final Analysis of the Ipilimumab Versus Placebo Following Radiotherapy Phase III Trial in Postdocetaxel Metastatic Castration-resistant Prostate Cancer Identifies an Excess of Long-term Survivors. Eur Urol 2020 Aug 15;S0302-2838(20)30604-7.