Prostatakrebs-Früherkennung: Bei niedrigem Basis-PSA sind längere Screening-Intervalle sicher

Nr. 28 | 15.05.2024 | von Koh

Eine Prostatakrebs-Screeningstrategie zu entwerfen, die das Problem der Überdiagnostik deutlich reduziert, ist das Ziel der PROBASE-Studie. Basierend auf PROBASE-Daten ermittelten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) nun: Männer, die im Alter von 45 Jahren einen Niedrig-Risiko PSA-Wert von weniger als 1,5 Nanogramm pro Milliliter (ng/ml) aufweisen, erkranken in den folgenden fünf Jahre äußerst selten an Prostatakrebs (9 von 14.248) und benötigen in diesem Zeitraum Zeit keine erneute PSA-Bestimmung, sofern sie keine Beschwerden haben.

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Risikoangepasste Screening-Strategien auf Prostatakrebs sollen dazu beitragen, dass weniger Männer unnötig oft getestet werden. Dadurch, so die Meinung der Fachleute, können Über-Diagnostik und Über-Therapien seltener werden, die mehr Schaden als Nutzen anrichten können.

Dazu wurde PROBASE konzipiert, eine bevölkerungsbezogene, randomisierte Prostatakrebs-Screening-Studie, die die Wirksamkeit eines risikoangepassten PSA-Screenings untersucht, das entweder im Alter von 45 Jahren oder 50 Jahren startet. PROBASE wird in an den Universitätskliniken in Düsseldorf, Hannover, München (TU) und Heidelberg durchgeführt, durch das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) koordiniert und von der Deutschen Krebshilfe gefördert.

Bei der einen Hälfte der Studienteilnehmer, dem PROBASE-Studienarm A, wurde der PSA-Wert gleich bei der Rekrutierung bestimmt. Anhand dieses PSA-Basistests erfolgte die Einteilung der Teilnehmer in Gruppen mit niedrigem (<1,5 ng/ml Blut), mittlerem (1,5 bis 2,99 ng/ml) oder hohem (≥3 ng/ml) Risiko.

Den in die Hochrisiko-Gruppe eingestuften Teilnehmern wurde zur weiterführenden Diagnostik eine Prostatabiopsie unter MRT-Kontrolle empfohlen. Für Männer, deren Basis-PSA-Werte im niedrigen oder mittleren Bereich lagen, sind Wiederholungen des PSA-Tests im Abstand von fünf bzw. zwei Jahren vorgesehen.

Von den über 20.000 Teilnehmern, die initial in die Niedrig-Risiko-Gruppe eingestuft worden waren, haben 14.248 inzwischen den zweiten PSA-Test im Alter von 50 Jahren hinter sich. Ein Team um die Erstautorin Agne Krilaviciute errechnete nun, dass nur 0,45 Prozent dieser Männer (64 Teilnehmer) hohe PSA-Werte (über 3 ng/ml) aufwiesen und zur MRT und Biopsie überwiesen wurden. Und nur bei 9 der 14.248 Männer wurde nach fünf Jahren Prostatakrebs festgestellt – das entspricht 0,06 Prozent der Ausgangsgruppe.

Die Leitlinie der European Association of Urology (EAU) empfiehlt Männern eine risikoangepasste Früherkennungs-Strategie basierend auf einem Basis-PSA-Wert. Dabei werden derzeit schon Männer mit einem PSA-Wert von über 1 ng/ml als gefährdet eingestuft. Ihnen wird ein Nachuntersuchungsintervall von zwei Jahren empfohlen.

Der Basis-PSA-Wert von 71 Prozent der PROBASE-Teilnehmern liegt unter dem Grenzwert von1 ng/ml. 89 Prozent der Studienteilnehmer dagegen fallen unter das Limit von1,5 ng/ml. PROBASE-Studienleiter Peter Albers, Abteilungsleiter am DKFZ und Direktor der Klinik für Urologischen Universitätsklinik Düsseldorf, erklärt dazu: „Wenn wir den Grenzwert für ein geringes Risiko von 1 ng/ml auf 1,5 ng/ml anheben, könnten wir 20 Prozent mehr Männern in unserer Studiengruppe einen längeren Abstand zwischen den Tests gewähren. Nur sehr wenige erkranken in dieser Zeit an Prostatakrebs. Ein erheblicher Anteil der fast 14 Millionen Männern im Alter zwischen 45 und 50 Jahren in Europa würde von einer solchen Änderung profitieren.“

Albers weist außerdem darauf hin: „PROBASE ist noch nicht abgeschlossen. Möglicherweise werden wir feststellen, dass ein noch längeres Screening-Intervall als die fünf Jahre ohne zusätzliches Risiko möglich ist.“

* PROBASE steht für: „Risk-adapted prostate cancer early detection study based on a „baseline“ PSA value in young men – a prospective multicenter randomized trial“

Agne Krilaviciute, Rudolf Kaaks, Petra Seibold, Maxime de Vrieze, Jale Lakes, Jan Philipp Radtke, Markus Kuczyk, Nina N. Harke, Jürgen Debus, Christoph A. Fink, Kathleen Herkommer, Jürgen E. Gschwend, Valentin H. Meissner, Axel Benner, Glen Kristiansen, Boris Hadaschik, Christian Arsov, Lars Schimmöller, Gerald Antoch, Frederik L. Giesel, Marcus Makowski, Frank Wacker, Heinz-Peter Schlemmer, Nikolaus Becker, Peter Albers: Risk-adjusted Screening for Prostate Cancer – Defining the Low-Risk Group by data from the PROBASE trial
European Urology 2024, doi.org/10.1016/j.eururo.2024.04.030

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)

Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.