Alexandria – Die Positronenemissions-Tomografie (PET) mit radioaktiv markierten, niedermolekularen Liganden des Prostata-spezifischen Membranantigens (PSMA) hat in den letzten Jahren Einzug in die Diagnostik des Prostatakarzinoms gehalten.
Evidenz dafür gibt es vor allem für das Staging in der Rezidivsituation nach primär kurativer Therapie, wo selbst bei sehr niedrigen PSA-Werten Tumorrezidive nachweisbar sind und dadurch die Tumorausdehnung besser beurteilt werden kann. Dieses Vorgehen wird daher auch in der aktuellen S3-Leitlinie befürwortet, sofern sich aus dem Befunden therapeutische Konsequenzen ergeben.
Weniger eindeutig ist die Situation noch in der Primärdiagnostik, v. a. beim Lymphknoten-Staging und bei der Abklärung einer ossären Metastasierung, sodass die Methode hier außerhalb von klinischen Studien noch nicht empfohlen wird.
In 2 Vorträgen bei der virtuellen Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) wurden sowohl zur Rezidiv- (DOI: 10.1200/JCO.2020.38.15_suppl.5501) als auch zur Primärdiagnostik Daten vorgestellt (DOI: 10.1200/JCO.2020.38.15_suppl.5502).
Die PET-Diagnostik beim Prostatakarzinom benutzt vor allem das Prostata-spezifische Membranantigen (PSMA), indem niedermolekulare Liganden gegen das aktive Zentrum in der extrazellulären Domäne dieses Proteins mit radioaktiven Tracern markiert werden. Das PSMA wird zwar nicht ausschließlich auf Prostatagewebe exprimiert, findet sich aber zumindest nicht in erhöhten Konzentrationen in Lymphknoten und Knochen, den primären Metastasierungsorten dieses Tumors.
Zur Verwendung in der nuklearmedizinischen Bildgebung wurden verschiedene Liganden entwickelt, die auch mit unterschiedlichen radioaktiven Isotopen bestückt werden. In einer multizentrischen Phase-III-Studie zur Primärdiagnostik, die beim ASCO-Kongress von Thomas Hope, San Francisco, vorgestellt wurde und an der auch deutsche Zentren beteiligt waren, wurde 68Gallium-PSMA-11 benutzt (NCT03368547, NCT02611882 & NCT02919111).
Ziel war die Feststellung von Sensitivität und Spezifität der Methode zur Detektion einer Metastasierung in Becken-Lymphknoten (N1) vor einer geplanten radikalen Prostatektomie mit Dissektion der Lymphknoten; validiert wurde das Ergebnis mithilfe des postoperativen histopathologischen Befunds. Von 633 gescannten Patienten wurden 277 tatsächlich operiert; ihr medianer PSA-Wert vor der Operation lag bei 11,1 ng/ml.
Der Pathologe konnte bei 75 der 277 Patienten (27 %) einen positiven N1-Status feststellen. Das 68Ga-PSMA-11-PET zeigte eine etwas enttäuschende Sensitivität von 40 % (95-%-Konfidenzintervall 34–46 %), eine Spezifität von 0,95 (95-%-KI 92–97 %), einen positiven prädiktiven Wert (PPV) von 75 % (95-%-KI 70–80 %) und einen negativen prädiktiven Wert (NPV) von 8 1% (95-%-KI 76–85 %).
Die Sensitivität hing allerdings stark von der Lymphknotengröße ab: Bei einem Durchmesser von mehr als 10 mm lag sie bei 68 % (95-%-KI 63–74 %), bei kleineren Lymphknoten lediglich bei 30 % (25–36 %); bei „richtig“ positiven Patienten lag der durchschnittliche Durchmesser bei 10 mm, bei „falsch“ negativen hingegen bei 4 mm.
Die Anwendung des PSMA-PET in der Primärdiagnostik des Prostatakarzinoms ist mit diesen Ergebnissen sicherlich noch nicht endgültig geklärt, anders als in der Rezidivsituation, wo die Methode auch in Deutschland bereits häufig eingesetzt wird, wenngleich die Kostenerstattung nicht letztgültig geregelt ist.
In dieser Indikation wurde in einer weiteren Studie ein anderer PSMA Ligand, das 18F-DCFPyL, eingesetzt, um bei einem beginnenden biochemischen Rezidiv eines Prostatakarzinoms nach definitiver Therapie (PSA < 2 ng/ml), aber noch negativer oder nicht eindeutiger konventioneller Bildgebung (CT, MRT, Knochen-Szintigraphie) die Rezidiv-Läsionen korrekt zu lokalisieren (NCT03739684).
Primärer Endpunkt war, wie Michael Morris, New York, beim ASCO-Kongress erklärte, eine Übereinstimmung wenigstens einer im PET/CT gefundenen Läsion mit einem kombinierten Befund mit 3 weiteren Techniken: Pathologie, konventionelle Bildgebung oder PSA-Anstieg.
208 Patienten mit den beschriebenen Eigenschaften und einem medianen PSA-Wert von 0,8 ng/ml wurden untersucht, und die Raten korrekter Lokalisationen in den PET/CT-Aufnahmen durch 3 unabhängige Befunder lag zwischen 84,8 % und 87,0 %. Bei 69,3 % der Patienten wurde eine PSMA-markierte Läsion detektiert, und bei 63,9 % bewirkte die PET/CT-Untersuchung auch eine Änderung der Therapiestrategie, die in fast 80 % der Fälle mit einem positiven, bei den übrigen mit einem negativen PET-Befund begründet wurde.
Am häufigsten wurde anstelle einer geplanten lokalen Salvagetherapie eine systemische Behandlung durchgeführt (n = 58) oder auf eine Beobachtungsphase vor einer aktiven Therapie entschieden (n = 49). Bei immerhin 43 Patienten entschied man sich aber aufgrund der PET-Daten statt einer systemischen für eine potenziell kurative lokale Behandlung, in den meisten Fällen wohl eine Salvage-Radiotherapie.
Diese Daten zeigen, so Morris, dass das PSMA-PET in der Situation eines vermuteten Rezidivs imstande ist, bei einem erheblichen Anteil der Patienten okkulte Metastasen aufzuspüren, die in der konventionellen Bildgebung zumindest noch nicht eindeutig erkannt werden können und dass das in den meisten Fällen die weitere Therapie maßgeblich beeinflussen kann.
Zwar bleibt unklar, wie sich das auf die Prognose der Patienten auswirkt, andererseits kann aber zum Beispiel ein Aufschieben einer Androgen-Deprivationstherapie für die Patienten ein Vorteil im Sinne einer bewahrten Lebensqualität sein. © jfg/aerzteblatt.de