(Frankfurt am Main/Update vom 13. März 2020) Angesichts jüngster
Fälle von Ansteckungen mit dem neuartigen Coronavirus
(Covid-19/SARS-CoV-2) herrscht bei Menschen mit angeborenen und
erworbenen Herz- und Kreislauferkrankungen derzeit Verunsicherung über
Risiken und zu ergreifende Maßnahmen. Grundsätzlich gilt: Es ist
Vorsicht geboten. Es besteht jedoch kein Anlass zur Panik. Eine große
Sammelstatistik aus China ergab eine Gesamtsterblichkeit von 1,4 %,
wobei die Sterblichkeit bei leichten nicht so schweren Verläufen
deutlich unter 1 % betrug. Ein Medikament zur gezielten Virusbekämpfung
von COVID-19 gibt es derzeit noch nicht, es wird jedoch intensiv an
einem entsprechenden Wirkstoff geforscht.
Ansteckung: Das Coronavirus ist von Mensch zu Mensch
übertragbar. Es besteht vermutlich eine Inkubationszeit von im Mittel
5-6 Tagen (WHO). Eine Ansteckung bei Erkrankten ist offenbar möglich,
auch wenn diese nur leichte oder unspezifische Krankheitszeichen zeigen.
Die Übertragung erfolgt laut RKI vorwiegend über Sekrete der Atemwege.
Eine Infektion kann auch indirekt über die Hände erfolgen, die dann mit
der Mund- oder Nasenschleimhaut sowie der Augenbindehaut in Kontakt
gebracht werden. Ob das neuartige Coronavirus auch über den Stuhl
übertragen werden kann, ist noch nicht geklärt.
Symptome: In einer großen Studie aus China mit 1.099
Patienten* waren bei den stationär behandelten Patienten die häufigsten
Symptome Fieber (88,7 %) und Husten (67,8 %). Seltenere Symptome waren
Kopfschmerzen, Halsschmerzen, Durchfall und eine verstopfte Nase.
Schwerstkranke Patienten klagten über hohes Fieber und Husten. Einen
schweren Verlauf (intensivmedizinische Versorgung/maschinelle Beatmung)
hatten ca. 6 % der eingelieferten Patienten.
Risikopatienten: Ein erhöhtes Risiko bei einer
COVID-19-Erkrankung haben Menschen, die älter als 60 Jahre sind und
neben Lungenerkrankungen auch an anderen chronischen Erkrankungen wie
Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden. Bezüglich der jüngeren Erwachsenen
sowie Kinder mit unbehandelten, teil-behandelten oder komplexen
angeborenen Herzfehlern verweisen wir in diesem Zusammenhang auf die
Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie
und Angeborene Herzfehler (DGPK) unter www.kinderkardiologie.org
Das neuartige Coronavirus scheint nach Einschätzung der Amerikanischen
Kardiologie-Gesellschaft (ACC) auf Basis von Fallberichten aus China
gerade für Menschen mit Grunderkrankungen wie
Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit einem höheren Sterblichkeits- und
Komplikationsrisiko verbunden zu sein. Mögliche Parallelen aus früheren
Coronavirus-Epidemien (SARS/MERS) lassen laut ACC darauf schließen, dass
bei Infektion mit COVID-19 möglicherweise auch eine Herzbeteiligung
auftreten kann. Generell stellen bakterielle oder virale Infektionen
eine zusätzliche Belastung für das Herz-Kreislauf-System dar. Diese
Zusatzarbeit kann ein durch Erkrankung geschwächtes Herz überfordern.
Vielen älteren Menschen fehlen außerdem die Kraftreserven, um dieser
enormen Belastung entgegenzuwirken.
Wie riskant eine COVID-19-Ansteckung bei bestehender
Herz-Kreislauf-Erkrankung werden kann, ist von Fall zu Fall
unterschiedlich. Ein erhöhtes Risiko dürfte – unter Betrachtung des
Gefährdungspotenzials bei anderen Virusinfektionen – insbesondere gelten
für:
- Patienten mit einer eigenständigen Erkrankung der Atemwege (z. B. Lungenentzündung, Lungenemphysem, Asthma, COPD, Hochdruck im Lungenkreislauf)
- Patienten, die als Folge einer Herzerkrankung eine Funktionseinschränkung der Atemwege haben (z. B. Blutstauung im Lungenkreislauf als Folge der Herzschwäche)
- Patienten, die eine voneinander unabhängig bestehende Atemwegs- und Herzerkrankung haben (z. B. COPD und koronare Herzkrankheit)
- Patienten, die immunsupprimierende Medikamente einnehmen (z. B. nach Herztransplantation oder Verpflanzung eines anderen Organs)
- Besonders hellhörig werden sollten ältere, Menschen, die Husten und Fieber haben. Bei Ihnen muss das Vorliegen einer COVID-19 Infektion bedacht werden.
- In einer solchen Situation ist die konsequente Einnahme der ärztlich verordneten Medikamente ganz besonders wichtig.
- Grippeschutzimpfung: Besonders Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten den üblichen Impfempfehlungen (Influenza- und Pneumokokkenimpfung) folgen, um etwa eine Doppelinfektion von Influenza und Covid-19 oder einer anderen Lungenkrankheit zu vermeiden. Achtung: Besteht jedoch – beispielsweise aufgrund von Erkrankungsfällen im eigenen Umfeld – die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung am Coronavirus, sollte man sich nicht impfen lassen.
Wie kann man sich vor dem Coronavirus schützen? Wichtige Hygiene-Regeln:
- Bei Verdacht auf COVID-19-Erkrankung nicht unangemeldet in eine Arztpraxis gehen, sondern sich vorher telefonisch beim örtlichen Gesundheitsamt oder beim ärztlichen Notdienst (116117) oder beim Hausarzt melden.
- In der aktuellen Coronavirus-Epidemie ist die Telemedizin eine Alternative zum Besuch einer Arztpraxis: eine Beratungs- und Behandlungsoption in den eigenen vier Wänden ohne zusätzliches Ansteckungsrisiko. Außerdem werden die Arztpraxen vor Ort entlastet. Verdachtsfälle und Patienten (z. B. Herz-Kreislauf-Patienten) mit Beratungsbedarf sollten daher telemedizinische Sprechstundenangebote nutzen.
- Wegdrehen beim Niesen oder Husten. Zwischen sich selbst und der anderen Person mindestens einen Meter Abstand halten.
- Beim Husten und Niesen die Armbeuge vor Mund und Nase halten. Papiertaschentücher nur einmal benutzen und umgehend in einem Mülleiner mit Deckel entsorgen.
- Wichtig: Gründliches Händewaschen (mindestens 20 Sekunden) nach dem Naseputzen, Niesen oder Husten – mit einem Desinfektionsmittel auf Alkoholbasis oder mit Wasser und Seife.
- Desinfektionsmittel benutzen, gerade nach Kontakt mit Gegenständen, die von vielen anderen auch berührt wurden (z. B. Türgriffe, Haltegriffe in öffentlichen Verkehrsmitteln, Einkaufswagen, Geländer, Tasten im Aufzug, …).
- Große Menschenansammlungen und Reisen in betroffene Länder eher meiden oder sich zuvor über die Lage vor Ort genau erkundigen.
- Besondere Risikopatienten (s. o.), die sich noch nicht durch eigenverantwortliches Handeln schützen können, durch besondere Aufmerksamkeit und Einhaltung sämtlicher Hygienemaßnahmen (siehe hier vor allem die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts) vor einer Ansteckung bewahren.
- Als Verdachtsfall zählt dem RKI zufolge bisher derjenige, der sich in den vergangenen 14 Tagen in einem der internationalen Risikogebiete oder einem besonders betroffenen Gebiet in Deutschland aufgehalten hat oder Kontakt zu einem Infizierten hatte.
- Auf mögliche Engpässe und Einschränkungen während einer intensiven Übertragungswelle vorbereiten, durch – eine ausreichende Monatsmenge an notwendigen verschreibungspflichtigen Medikamenten, – Sicherstellung der Betreuung von a) chronisch herzkranken und damit besonders gefährdeten Familienmitgliedern sowie von b) bereits Infizierten durch Isolierung.
Informieren Sie sich bei den Gesundheitsbehörden regelmäßig über die aktuelle Nachrichtenlage:
Informationen für Bürger, darunter Hygienetipps und Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ), stellt die BZgA zur Verfügung unter www.infektionsschutz.de/coronavirus-sars-cov-2.html
Informationen für die Fachöffentlichkeit über das neuartige Coronavirus sind abrufbar unter www.rki.de/covid-19
Das BMG, einige Bundesländer und Krankenkassen haben Hotlines für Bürger geschaltet. Infos des BMG unter: www.bundesgesundheitsministerium.de/coronavirus.html
Quellen
Robert-Koch-Institut (RKI):
www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/FAQ_Liste.html
www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogruppen.html
www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Kontaktreduzierung.html
DGPK: www.kinderkardiologie.org
*New England Journal of Medicine: W. Guan et al.,„Clinical Characteristics of Coronavirus
Disease 2019 in China“, DOI: 10.1056/NEJMoa2002032,
DOI: 10.1056/NEJMc2001899
ACC Clinical Bulletin „Cardiac Implications of Novel Wuhan Coronavirus (COVID-19)“ (Update vom 6. März 2020):
www.acc.org/~/media/665AFA1E710B4B3293138D14BE8D1213.pdf
Medscape: „SARS-CoV-2: Auch eine Gefahr für das Herz? Und: Welche Wirkstoffe in Erprobung sind“:
deutsch.medscape.com/artikelansicht/4908688?nlid=134431_3181&src=WNL_bren_200310_MSCPEDIT_DE&uac=244886HT&faf=1
World Health Organization (WHO)
European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC)
Kontakt:
Deutsche Herzstiftung e. V., Tel. 069 955128-0, E-Mail: info@herzstiftung.de