Mehr mikrobielle Kontaminationen in Männertoiletten

Sheena Meredith Medizinische Nachrichten 27.06.2024

Krankenhaustoiletten sind trotz Reinigungsroutinen stark mit potenziell pathogenen und resistenten Mikroorganismen kontaminiert. Dies ergab eine Analyse von Proben, die in drei Allgemeinkrankenhäusern des NHS Lanarkshire gesammelt wurden. Männertoiletten und Unisex-/Behindertentoiletten wiesen die höchste mikrobielle Belastung auf, während die Damentoiletten weniger kontaminiert waren, insbesondere die Toiletten für das weibliche Personal. 

Die Ergebnisse veranlassten die Wissenschaftler, vor der Abschaffung von geschlechtsspezifischen Toiletten zu warnen.

Für die Studie, die auf dem Weltkongress der European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases in Barcelona (Spanien) vorgestellt wurde, nahmen die Wissenschaftler Abstriche von 10 verschiedenen Oberflächen aus sechs verschiedenen Toiletten an jedem Krankenhausstandort: männliches Personal, weibliches Personal, männliche Patienten, weibliche Patienten, Unisex-Toiletten und behinderte Menschen. 

Die Proben wurden auf verschiedenen Ebenen entnommen: drei hoch gelegene Oberflächen (Türaufsätze, Ablagen und Lüftungsöffnungen), drei Bodenflächen und vier Oberflächen, die mit der Hand berührt werden (Toilettenspülung, Haltegriff, Wasserhahn und Türgriff). In jedem Krankenhaus wurden die Proben mehr als 4 Stunden nach der Reinigung an 4 verschiedenen Tagen im Abstand von jeweils einer Woche genommen. 

Damentoiletten sauberer, Männertoiletten ‚dreckig‘

Im Allgemeinen enthielten Damentoiletten weniger Mikroorganismen als Männertoiletten, wobei die Toiletten für weibliches Personal besonders sauber waren, während Unisex- und Behindertentoiletten am stärksten kontaminiert waren. Am saubersten waren die Bereiche, die mit den Händen berührt wurden, vor allem in Frauentoiletten. Dies bestätigt Umfrageergebnisse, nach denen Frauen sich nach dem Toilettengang eher die Hände waschen und Seife benutzen.

Die Leiterin der Studie, Stephanie Dancer, Professorin für Mikrobiologie an der Edinburgh Napier University, kommentierte die Ergebnisse in einer Presseerklärung: „Unsere Ergebnisse scheinen zu bestätigen, was in der Gesellschaft allgemein angenommen wird: Frauen putzen, weil ihre Wahrnehmung von Schmutz und Ekel zum Handeln verleitet, während Männer eine schmutzige Umgebung entweder nicht bemerken oder es ihnen egal ist. Demnach neigen Frauen eher dazu, ein Badezimmer ’sauber‘ zu hinterlassen, während Männer davon ausgehen, dass jemand hinter ihnen aufräumt.“

Im Gespräch mit Medscape News UK sagte Dancer: „Männertoiletten? Was soll ich sagen? Sie sind dreckig. Männer legen nicht so viel Wert auf Hygiene wie Frauen, und dafür gibt es fundamentale Gründe.“ Sie schlug vor, ein besseres Verständnis für Hygiene zu schaffen, und zwar durch mehr Aufklärung, die schon in jungen Jahren beginnen sollte. „Wenn man die Kinder erwischt, kann man vielleicht das gesellschaftliche Bewusstsein verbessern und die Einstellung ändern. Wir müssen das tun, denn die Antibiotika gehen zur Neige.“

Kontaminationen können zu nosokomialen Infektionen führen 

Dancer warnte, dass Kontaminationen in Krankenhaustoiletten zum Risiko von nosokomialen Infektionen beitragen könnten. Die Studie zeige, dass sich etablierte Krankenhauskeime vor allem in Patiententoiletten ansiedelten, „daher müssen diese zusätzlich gereinigt werden“, so Dancer. „Einmal am Tag plus stichprobenartige Kontrollen reichen auf einer stark frequentierten Station nicht aus.“

Ihr Team schlussfolgerte: „Wir sind der Meinung, dass Patiententoiletten häufiger gereinigt werden sollten“. Dancer sagte, dass angesichts ihrer Ergebnisse Männertoiletten eine besondere Priorität sein sollten.

Die Wissenschaftler berechneten die aerobe Gesamtkeimzahl von Bakterien und Pilzen für jede untersuchte Oberfläche, isolierten und identifizierten die Umgebungsflora sowie mit dem Gesundheitswesen assoziierte Krankheitserreger und führten Tests zur Empfindlichkeit gegenüber antimikrobiellen Mitteln durch. 

Viele gefundene Organismen waren multiresistent

Zu den nachgewiesenen Erregern gehörten Staphylococcus aureus, Escherichia coli, Klebsiella pneumoniae, Pseudomonas aeruginosa, Enterobacter cloacae und Aspergillus spp, die vielfach mit Wund-, Blutbahn-, Thorax- und Harnwegsinfektionen in Verbindung gebracht wurden. Viele der isolierten Organismen waren multiresistent, insbesondere diejenigen, die in Patiententoiletten gefunden wurden. 

Die Wissenschaftler waren überrascht, dass gramnegative Erreger wie E. coli, Stenotrophomonas maltophilia und K. pneumoniae ebenso häufig auf Lüftungsschächten, Decken und Türaufsätzen zu finden waren wie auf dem Fußboden. Dies ist höchstwahrscheinlich auf das Spülen der Toiletten ohne geschlossenen Deckel zurückzuführen.

„Unserer Meinung nach ist die einzige logische Erklärung dafür, dass die Toilettenspülung alles aerosoliert, was sich in der Toilettenschüssel befindet. Daraufhin fliegen winzige Wasserpartikel, die diese Organismen tragen, an die Decke und kontaminieren hoch gelegene Orte“, so Dancer. 

Alle Krankenhaustoiletten sollten Deckel haben

Alle Krankenhaustoiletten sollten mit Deckeln ausgestattet sein, die vor dem Spülen geschlossen werden sollten, so die Wissenschaftler – und sie forderten die Bevölkerung auf: „Schließen Sie den Deckel, bevor Sie zu Hause spülen“. Dancers frühere Forschungen hatten ergeben, dass öffentliche Toiletten ein Übertragungsweg für SARS-CoV-2 sein könnten. Sie erklärte gegenüber Medscape News UK, dass „eng anliegende oder automatische Deckel für alle öffentlichen Toiletten in Betracht gezogen werden sollten“.

Die Bereitstellung von Einweg-Papierhandtüchern könnte die Hygiene ebenfalls verbessern. „Es gibt Studien, die darauf hindeuten, dass Heißlufttrockner die in der Luft befindlichen Mikroorganismen – einschließlich Krankheitserreger – stärker verteilen als Papierhandtücher“, sagte Dancer und merkte an, dass sie diese zum Händetrocknen bevorzuge.

Eine Studie kam zu dem Schluss, dass Heißluft-Händetrockner Bakterien und deren Sporen sammeln und diese dann auf frisch gewaschene Hände übertragen werden können. Eine andere Studie kam zu dem Ergebnis, dass Jet-Air-Trockner sogar noch schlimmer sind, da sie über einen Höhenbereich von 0,15 bis 1,65 m durchschnittlich mehr als das 60-fache an plaquebildenden Einheiten verteilen wie Heißlufttrockner und mehr als das 1.300-fache wie Papierhandtücher.

Außerdem können pathogene Bakterien wochen- oder monatelang auf Oberflächen in der Umgebung überleben, und Händetrockner in öffentlichen Waschräumen können als Reservoir für arzneimittelresistente Bakterien dienen.

Angesichts der Ergebnisse der Studie, dass gemeinsam genutzte Patiententoiletten am stärksten kontaminiert waren, könnte das Bestreben der Regierung, alle neuen Krankenhäuser nur noch mit Einzelzimmern zu bauen, zusätzlich zur Förderung des Schlafs und der Wahrung von Privatsphäre und Würde auch die Infektionskontrolle verbessern. „Privatzimmer mit eigenem Bad könnten helfen“, sagte Dancer, „vorausgesetzt, die Reinigung ist angemessen.“

„Frauen-Toiletten nicht abschaffen“

Abschließend sprach sie sich – nur teilweise auf der Grundlage der Studienergebnisse – gegen die Abschaffung geschlechtsspezifischer Toiletten zugunsten von Unisex-Toiletten aus, da diese die höchste mikrobielle Gesamtbelastung aufweisen. 

„Schaffen Sie keine Frauentoiletten zugunsten von geschlechtsneutralen Toiletten ab“, forderte Dancer. „Frauen brauchen ihren geschützten Raum und ihre Privatsphäre, ganz abgesehen von Hygienefragen. Das gilt auch für Männer. Sorgen Sie einfach dafür, dass es auch geschlechtsneutrale Toiletten gibt“.

Dieser Beitrag ist im Original erschienen auf Medscape.co.uk. Im Rahmen des Übersetzungsprozesses nutzt unsere Redaktion gegebenenfalls auch Software zur Textbearbeitung inklusive KI.