Krebsvorsorge: Ab wann ist eine Prostata-Untersuchung sinnvoll?

Sie möchten sich vor Krebs schützen, wissen aber nicht genau, ob  Prostatakrebs-Vorsorgeuntersuchungen wirklich Sinn machen? Zurecht, denn über die Früherkennung wird viel debattiert. Lesen Sie hier, welche Argumente die Diskussion anheizen und wie Sie eine fundierte Entscheidung können.

Vor- und Nachteile der Prostata-Untersuchung

Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Männern. Laut Robert Koch Institut erkranken 65.000 Deutsche pro Jahr daran. 11 % aller Tumore von Männern betreffen die Prostata..

Prostatakrebs wächst meistens langsam und ist bei vielen Betroffenen nicht tödlich. Jährlich sterben etwa 12.000 Männer an Prostatakrebs – damit ist diese Tumorart die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache in Deutschland.

Die Früherkennung von Prostatakrebs ist wichtig, weil der Krebs in einem frühen Stadium heilbar ist, wenn er noch keine Metastasen gestreut hat. In diesem Stadium ist Prostatakrebs jedoch symptomlos. Ist der Tumor noch klein, sind schonende Therapieverfahren einsetzbar, die weniger Nebenwirkungen haben. Dadurch ist die Lebensqualität während der Behandlung besser.

Darüber hinaus muss nicht jeder Prostatakrebs sofort behandelt werden. Tumore mit einer guten Prognose werden ,,aktiv überwacht“. Wenn sie weiterwachsen, setzt schließlich die Behandlung ein.

Zusammenfassend kann die Früherkennung von Prostatakrebs folgende Vorteile haben:

  • Prostatakrebs wird erkannt, solang eine Heilung möglich ist.
  • Schonende Behandlungsmöglichkeiten sind einsetzbar.
  • Oft ist zunächst keine Behandlung, sondern nur eine Überwachung nötig.

Die Früherkennung von Prostatakrebs hat aber auch Nachteile:

  • Die Früherkennungsuntersuchungen können zu Fehldiagnosen führen.
  • Manche Tumore bleiben unentdeckt.
  • Sie müssen mit der Krebsdiagnose leben, auch wenn der Tumor harmlos ist, was psychisch belastend sein kann.
  • Prostatakrebs kann schon bei der Erstdiagnose unheilbar sein.

Je höher das Prostatakrebs-Risiko, desto wichtiger die Vorsorge

Vorsorge-Untersuchungen sind sinnvoll, wenn ein erhöhtes Risiko für eine bestimmte Erkrankung besteht. Deswegen ist es wichtig, die Risikofaktoren zu kennen. Die zwei wichtigsten Risikofaktoren für Prostatakrebs sind das Alter und die Familiengeschichte.

Alter: Laut Krebsregistern und Studienergebnissen sieht die Erkrankungswahrscheinlichkeit für Prostatakrebs je nach Alter wie folgt aus:

Alter Prostatakrebsdiagnose in den nächsten 10 Jahren
35 1 Mann von 4.200
45 1 Mann von 220
55 1 Mann von 37
65 1 Mann von 16
75  1 Mann von 17

 

Familiengeschichte: Hatten nahe Familienmitglieder Prostatakrebs, ist Ihr Risiko daran zu erkranken mindestens zweimal so groß, besonders wenn nahe Verwandte wie die Brüder oder der Vater darunter litten. Je mehr Familienmitglieder erkrankt sind und je jünger sie zum Zeitpunkt der Diagnose waren, desto höher ist Ihr persönliches Krebsrisiko.

© JanMika_iStockNahrungsergänzungsmittel mit Vitamin E können ein Risiko für die Prostata sein (© JanMika_iStock)Andere Risikofaktoren:

  • Ernährung und Fettleibigkeit
  • entzündliche Erkrankungen der Prostata

Darüber hinaus haben Studien gezeigt, dass das Prostatakrebsrisiko steigt, wenn Männer sehr viel Vitamin E einnehmen.  Männer, die regelmäßig Testosteron einnehmen, sind nicht unbedingt gefährdeter als andere.

Wann ist die Vorsorge-Untersuchung sinnvoll?

Vorsorge ist sinnvoll, wenn der Tumor früher erkannt wird und der Betroffene dadurch Lebensjahre oder Lebensqualität gewinnt. Die Untersuchungen können bei allen zu Nebenwirkungen führen, aber nur die tatsächlich Erkrankten haben einen Nutzen von den Tests.

Deswegen bemühen sich die Experten, einen Weg zu finden, so gezielt wie möglich die Kandidaten auszusuchen, die von einer Prostatauntersuchung profitieren. Orientierung bieten spezielle Studien, die zeigen, wie viele Menschen wegen der Vorsorge-Untersuchung leben länger, wie viele Prostatakrebse erkannt werden und wie viele Testergebnisse richtig sind.

Basierend auf diesen Studien empfiehlt die aktuelle deutsche S3 Leitlinie zur Früherkennung, Diagnose und Therapie des Prostatakarzinoms Folgendes:

Untersuchung Welcher Arzt? Kosten Ab welchem Alter? Wie oft?
Tastuntersuchung der Prostata Urologe Kassenleistung Ab 45 1 mal pro Jahr
PSA-Test Urologe Individuelle Gesundheitsleistung Empfohlen ab 45 Je nach Höhe des PSA-Wertes alle 1 – 4 Jahre

 

Die Tastuntersuchung der Prostata

Der Ablauf der Tastuntersuchung erfolgt rektal mit dem Finger, sie dauert nur ein paar Minuten und verursacht meistens keine Schmerzen. Sie kann ambulant im Krankenhaus oder in der urologischen Praxis durchgeführt werden.

Während der Tastuntersuchung beurteilt der Arzt die Größe, Form, Konsistenz und Abgrenzbarkeit der Prostata  und spürt Druckschmerz, Knoten oder Verhärtungen auf.

Die Tastuntersuchung ist wichtig, weil Prostatakrebs in der Regel erst Beschwerden verursacht, wenn er sich schon ausgebreitet hat. Meistens ist er aber schon viel früher tastbar.

Leider erkennt der Urologe nur jeden dritten Prostatakrebs durch die Tastuntersuchung. Auf der anderen Seite ist nicht jede ertastete Veränderung ein Tumor – ungefähr ein Viertel aller auffälligen Tastbefunde sind harmlos.

Daher ist die Tastuntersuchung zwar sehr wichtig, reicht aber nicht immer aus. Die Kombination von Tastuntersuchung und PSA-Test eignet sich besser, um Prostatakrebs effektiv zu erkennen.

TIPP: Die Prostata selbst zu untersuchen, ist nicht genug. Ihr Urologe hat große Erfahrung mit der Tastuntersuchung, da er dafür ausgebildet wurde und täglich duzende von Männern untersucht. Dennoch kann er nur jeden dritten Prostatakrebs erkennen. Welche Chancen haben Sie?

© WavebreakMediaMicro - fotoliaGeschlechtsverkehr ist kurz vor dem PSA-Test zu vermeiden (© WavebreakMediaMicro – fotolia)Was Sie über den PSA-Test wissen sollten

Das PSA-Enzym, ein prostataspezifisches Antigen, ist ein Bestandteil des Prostata-Sekrets, das in sehr geringem Anteil in den Blutkreislauf gelangt. Ist die Prostata krank, enthält das Blut mehr PSA-Enzyme. Eine gute Gelegenheit also, Prostatakrebs zu erkennen.

Nachdem Ihnen der Arzt eine Blutprobe aus einer Armvene entnommen hat, wird der PSA-Wert im Labor bestimmt. Bei einem erhöhten PSA-Wert müssen Sie einen zweiten PSA-Test machen. Damit will der Arzt ausschließen, dass eine mechanische Reizung der Prostata den Wert erhöht hat.

In den 1 – 2 Tagen vor dem PSA-Test sollten Sie Geschlechtsverkehr und Fahrradfahren vermeiden, um Reizungen auszuschließen. Mehr Vorbereitung ist nicht notwendig.

Ist der PSA-Wert größer als 4 ng/ml oder beobachtet der Arzt einen auffälligen PSA-Anstieg über 0,5 ng/ml pro Jahr, dann besteht der Verdacht, dass sich ein Tumor gebildet hat. In diesem Fall rät Ihnen der Arzt zu einer Prostatabiopsie, um den Verdacht zu bestätigen oder zu widerlegen .

Der PSA-Test ist nicht perfekt – wie jeder Bluttest. Nur bei einem von vier Männern mit erhöhtem PSA-Wert wird durch die anschließende Prostatabiopsie Krebs nachgewiesen. Liegt der PSA-Wert über 10 ng/ml, finden Ärzte bei jedem zweiten Mann einen Tumor.

Kritik an PSA-Messungen

Die Bestimmung der PSA-Werte hat in der Vergangenheit wesentlich dazu beigetragen, dass Ärzte mehr organbegrenzte Prostatakrebsfälle aufgespürt haben. Eine Statistik für Prostata-Screening aus dem Jahr 2015 zeigte: Wenn 1.000 Männer im Alter zwischen 55 und 69 Jahren 10 Jahre lang im Abstand von 1 – 4 Jahren einen PSA-Test vornehmen lassen, dann werden:

  • 100 – 120 Männer einen falschen positiven Befund erhalten, der zu unnötigen weiteren Untersuchungen und Angst führt
  • 100 Männer einen korrekten positiven Befund erhalten
  • 4 – 5 Männer mit korrekt diagnostiziertem Porstatakrebs innerhalb der 10-Jahres-Frist an den Folgen des Prostatakrebses sterben
  • 1 Todesfall aufgrund des Screenings verhindert
  • 50 Männer Komplikationen aufgrund der Behandlungen entwickeln, wie zum Beispiel Potenzstörungen oder Inkontinenz.

Regelmäßige PSA-Messungen sind aber wegen der Gefahr der Überdiagnose nicht bei allen Männern ratsam. Studien haben gezeigt, dass der unangemessene Einsatz von PSA-Messungen zu unnötigen und beeinträchtigenden Behandlungen gesunder Männer führte. Dazu zählen aufwändige Verfahren, wie zum Beispiel Ultraschalluntersuchungen, Darmspiegelungen oder MRTs. MRT ist die Abkürzung für Magnetresonanztomographie, ein Verfahren, das zur Darstellung von Struktur und Funktion der Gewebe und Organe im Körper eingesetzt wird.

Deswegen sind PSA-Messungen bei gesunden Männern keine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen.

© lulu - fotoliaAb 45 sollten Sie über die Prostatavorsorge-Untersuchung nachdenken (© lulu – fotolia)Die Empfehlungen im Überblick

  • Männer ab 45 Jahren sollen laut Expertenmeinung über die Möglichkeit der Früherkennung informiert werden. Die Vor- und Nachteile besprechen Sie am besten mit Ihrem Urologen.
  • Männer ab 45 Jahren, die sich für die Früherkennung entscheiden, sollten eine jährliche Tastuntersuchung und einen PSA-Test machen. Ein einmalig erhöhter PSA-Wert muss mit derselben Labormethode erneut auf seine Richtigkeit geprüft werden. Der Zeitpunkt der Wiederholung hängt von der Höhe des PSA-Wertes ab.
  • Dank der PSA-gestützten Früherkennung sterben weniger Menschen an Prostatakrebs. Der PSA-Test ohne Tastuntersuchung ist dagegen nicht zu empfehlen. Auch die Tastuntersuchung allein reicht nicht aus.
  • Bildgebende Verfahren, wie zum Beispiel Ultraschalluntersuchungen oder Magnetresonanztomographie, werden in Deutschland für die Früherkennung des Prostatakrebses nicht angewandt.

Prostatakrebsvorsorge: Was Sie selbst tun können

Nicht nur Prostata-Untersuchungen gehören zu Vorsorge. Die Risikofaktoren zu beeinflussen, lohnt sich ebenfalls. Alter und Familiengeschichte können Sie nicht ändern, aber Sie können den Risikofaktor Ernährung und Gewicht zur Ihren Gunsten wenden.

Mit einer gesunden Lebensweise können Sie nicht nur Prostatakrebs vorbeugen, sondern alle Krebsformen und andere Krankheiten, wie zum Beispiel Diabetes und Herz-Kreislauf Erkrankungen. Menschen, die körperlich aktiv sind, erkranken seltener an Krebs. Menschen mit starkem Übergewicht erhalten dagegen häufiger eine Krebsdiagnose.

Die wichtigsten Empfehlungen sind:

  • Geringer Alkoholkonsum und nicht rauchen
  • Körperliche Aktivität: Machen Sie 3- bis 7-mal pro Woche für jeweils 30 Minuten Ausdauersport. Sie können zum Beispiel in der Natur joggen oder ins Fitnessstudio gehen. . Auch mit Schwimmen, Tanzen oder Ballspielen können Sie sich fit halten. Am besten tun Sie etwas, das Ihnen Spaß macht. Sie müssen natürlich keine Hochleistungen anstreben. Ihr Puls sollte während des Sports höchstens 80 % der altersbedingten Maximalfrequenz erreichen. Die können Sie berechnen, wenn Sie von der Zahl 220 Ihr Alter in Jahren abziehen. Für einen 50-Jährigen wäre das: 220 – 50 = 170, davon 80 % = 136/min.
  • Normales Gewicht erreichen oder halten: Kennen Sie Ihren Normalgewichtbereich? Ihr BMI (Body Mass Index) sollte niedriger als 25 sein. Den BMI können Sie wie folgt berechnen: Gewicht in Kilogramm durch Größe in Meter hoch 2. Beispiel: Gewicht = 90 kg, Größe = 1.88 m, BMI = 90/3.53 = 25.49. Essen Sie 2-mal pro Woche Fisch, darüber hinaus ungesättigte Fettsäuren, wie Olivenöl oder Rapsöl statt Butter und Schmalz, viel Gemüse, insbesondere Brokkoli, Schalotten, leicht gedünstete Tomaten und Knoblauch sowie Soja-Produkte, Tofu, Granatapfel und Kürbiskerne. Essen Sie wenig rotes Fleisch und vermeiden Sie Salz und scharfe Gewürze. Trinken Sie jeden Tag viel Wasser.

Fazit

Sie allein treffen die Entscheidung, ob Sie eine Prostatauntersuchung machen oder nicht. Dabei geht es nicht darum, sich zu ,,beruhigen‘‘, sondern darum, ob Sie persönlich einen Nutzen davon haben. Der Nutzen hängt von Ihrem persönlichen Risiko ab.

Je geringer Ihr Prostatakrebsrisiko, desto wahrscheinlicher ist es, dass Sie mit weiteren Untersuchungen beeinträchtigt werden und mit der psychischen Belastung eines falschen Verdachts kämpfen müssen.

Ist Ihr Risiko hoch, lohnt es sich, das ganze Früherkennungsprogramm in Anspruch zu nehmen – sowohl die Tastuntersuchung als auch den PSA-Test, denn so verdoppeln Sie Ihre Chancen, einen möglichen Tumor zu erkennen.

Die Früherkennung ist kein Todesurteil: Obwohl Prostatakrebs der häufigste Krebs unter Männern ist, ist er nicht die häufigste Todesursache. Je früher er erkannt wird, desto höher sind die Chancen auf ein längeres Leben und eine bessere Lebensqualität.