Krebs: Zyklisches Fasten kann Chemotherapie ergänzen

Mittwoch, 5. Januar 2022

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Mailand – Eine zyklische Fastendiät (FMD), die alle 3 oder 4 Wochen die Kalorienzufuhr für 5 Tage stark einschränkt, hat sich in einer ersten klinischen Studie in Begleitung zu einer konventionellen Krebsbe­hand­lung als sicher erwiesen.

Nach den Diätintervallen kam es laut einer Publikation in Cancer Discovery (2021; DOI: 10.1158/2159-8290.CD-21-0030) jeweils zu einem Abfall der Serumwerte von Glukose und Wachstumsfaktoren, sowie zu einer Verbesserung der körpereigenen Krebsabwehr. Ob der regelmäßige „Hungerschock“ das Krebs­wachstum aufhalten kann, wird jetzt in Anschlussstudien untersucht.

Regelmäßiges Fasten kann bei Mäusen das Wachstum von Krebserkrankungen verlangsamen und die Wirksamkeit einer Chemotherapie verstärken. Ob eine solche Behandlung bei Menschen praktikabel und sicher ist, war bisher unklar. Ein Team um Filippo de Braud vom Krebsforschungszentrum IRCCS in Mai­land hat die FMD jetzt an 101 Patienten untersucht, die wegen unterschiedlicher Krebserkrankungen in Behandlung waren. Etwa die Hälfte litt an Brustkrebs und die meisten erhielten eine Chemo- oder Hor­mon­therapie.

Die Fastendiät (FMD) schränkte die Kalorienzufuhr über 5 Tage deutlich ein: Am 1. Tag erhielten die Teil­nehmer 600 kcal am Tag, an den folgenden 4 Tagen jeweils nur 300 kcal. Sie nahmen damit an den 5 Tagen weniger Kalorien zu sich als sonst an einem Tag. Die FMD-Zyklen wurden alle 3 oder 4 Wochen für bis zu maximal 8 aufeinander folgende Zyklen wiederholt. An den dazwischen liegenden Tagen gab es keinerlei Einschränkungen der Nahrungsaufnahme. In einer weiteren Studie (DigesT) führten Patienten mit Brustkrebs oder Melanom die FMD vor der Operation durch, um die Auswirkungen im Tumor zu unter­suchen.

In der 1. Studie wurden jeweils vor und nach den FMD-Episoden Blutproben entnommen. Bei den Patien­ten kam es durch das Fasten zu einem Rückgang der Glukosekonzentration um 18,6 %, des Seruminsu­lins um 50,7 % und des Wachstumsfaktors IGF-1 um 30,3 %. Glukose ist ein wichtiger Energielieferant für Krebszellen. Insulin und IGF-1 gelten als mögliche Wachstumsfaktoren.

Bei 38 Patienten wurde nach dem Ende eines FMD-Zyklus ein Rückgang von immunsuppressiven myelo­ischen Leukozyten und eine Zunahme vom aktivierten CD8-T-Zellen im Blut gefunden. Beide Effekte waren unabhängig von der begleitenden Krebstherapie. Sie wurden auch in einer kleinen Gruppe von gesunden Probanden beobachtet.

In der DigesT-Studie kam es zu einer signifikanten Zunahme von CD8-T-Zellen im Tumor sowie zu weite­ren Veränderungen, die auf eine verstärkte Immunantwort auf den Tumor hindeuten.

Die FMD-Behandlung wurde von vielen, aber nicht allen Patienten akzeptiert. Von den 101 Patienten schlossen 100 (99 %) mindestens einen FMD-Zyklus ab, 77 Patienten (76,2 %) nahmen an mindestens drei FMD-Zyklen und 20 (19,8 %) an allen FMD-Zyklen teil.

Das zyklische Fasten blieb nicht ohne Nebenwirkungen: Bei 12,9 % der Patienten kam es zu schweren Nebenwirkungen vom Grad 3/4. Am häufigsten waren Hypoglykämie (5 %), Synkope (1 %), Übelkeit (1 %), Schwindel (1 %) und erhöhte Leberwerte (1 %). Zu einem bedrohlichen Gewichtsverlust kam es niemals. Es durften allerdings nur Patienten mit einem Body-Mass-Index von mindestens 20 teilnehmen.

Die Forscher haben aufgrund der Ergebnisse mehrere Phase-2-Studien begonnen. Die BREAKFAST-Studie untersucht die Wirkung der FMD (teilweise in Kombination mit Metformin) bei Patientinnen mit triple-negativem Mammakarzinom. An der FAME-Studie nehmen Patienten mit einer besonders aggressiven Va­riante eines Adenokarzinoms der Lunge teil. In der 3. Studie sollen Patienten mit nicht -kleinzelligem Lungenkrebs die FMD mit einer Chemoimmuntherapie kombinieren. © rme/aerzteblatt.de