Bei schlechter Lebensqualität profitieren Prostatakrebs­patienten von zusätzlicher Chemotherapie

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Chicago – Beim metastasierten hormonsensitiven Prostatakarzinom (mHSPCa) profitieren Patienten mit stark eingeschränkter Lebensqualität offenbar von einer Kombination aus Androgendeprivationstherapie (ADT) und Chemotherapie mit Docetaxel (D), während es bei Patienten mit besserer Lebensqualität keinen Unterschied macht, ob die ADT mit oder ohne Chemotherapie gegeben wird. Das berichten Forschende beim Jahreskon­gress der American Society of Clinical Oncology (ASCO 2023) in Chicago, USA (DOI: 10.1200/JCO.2023.41.16_suppl.5014; Abstract 5014).

In früheren Studien war bereits gezeigt worden, dass ADT+D im Vergleich zu ADT allein bei Patienten mit mHSPC das Gesamtüberleben und die Lebensqualität nach 12 Monaten verbessert. Aber wie es in dieser Patientenpopulation um die prognostische Beziehung zwischen Lebensqualität, Krankheitsmerkmalen und Gesamtüberleben bestellt ist, war ungeklärt.

Daniel Sentana Lledo vom Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston, USA, und seine Kollegen führten eine exploratorische Post-hoc-Analyse der CHAARTED-Studie durch. Die 790 darin eingeschlossenen Männer – behandelt mit ADT+D oder ADT allein – hatten unter anderem zu Beginn und nach 3 Monaten den Lebensqualitätfragebogen Functional Assessment of Cancer Therapy-Prostate (FACT-P) ausgefüllt.

Interaktion zwischen Lebensqualität, Behandlung und Überleben

In einer univariaten Analyse war eine zu Studienbeginn höhere Lebensqualität mit einem besseren Gesamtüberleben assoziiert (Hazard Ratio [HR] 0,70; 95-%-Konfidenzintervall [KI] 0,55-0,90; p=0,005). Aber diese Assoziation sei in einer multivariaten Analyse nicht länger signifikant gewesen (HR 0,80; 95-%-KI 0,62-1,04; p=0,09), wie die Forschungsgruppe im Kongress-Abstract schreibt.

Es gab einen Trend hin zu einem besseren Überleben bei den Patienten mit der schlechtesten Lebensqualität zur Baseline, wenn sie mit ADT+D statt nur mit ADT behandelt wurden (HR 0,75; 95-%-KI 0,53-1,05, p = 0,09).

Im Gegensatz dazu hatten Patienten mit der höchsten Ausgangslebensqualität (63 % mit hochvolumiger Erkrankung) in beiden Behandlungsarmen ein vergleichbares Überleben (HR 0,92; 95-%-KI 0,63-1,36, p=0,69).

Eine höhere Lebensqualität nach 3 Monaten (n=654) war in der multivariaten Analyse unabhängig von der Behandlung mit dem Überleben assoziiert (HR 0,76; 95-%-KI 0,58-1,0; p=0,05). Die Patienten mit der besten Lebensqualität nach 3 Monaten hatten in beiden Armen ein vergleichbares Überleben (HR 1,11; 95-%-KI 0,73-1,67; p=0,63), während die Patienten mit der geringsten 3-Monats-Lebensqualität unter ADT+D einen Überlebensvorteil aufwiesen (HR 0,69; 95-%-KI 0,48-0,99; p=0,047).

Überlebensvorteil war unabhängig vom Erkrankungsvolumen

Die Forschungsgruppe schlussfolgert: „In unserer Analyse stand die mittels FACT-P gemessene Lebensqualität nach 3 Monaten in einem signifikanten Zusammenhang mit dem Überleben von Patienten mit mHSPCa.“ Dies deute darauf hin, dass Patienten mit der schlechtesten Lebensqualität (mit den meisten Symptomen) bei Behandlung mit ADT+D einen Überlebensvorteil hätten und dies unabhängig vom Erkrankungsvolumen.

Umgekehrt zogen Patienten mit der höchsten Lebensqualität (mit den wenigsten Symptomen) keinen Nutzen aus der Kombinationstherapie, obwohl sich in dieser Kohorte vorwiegend Patienten mit hochvolumiger Erkrankung befanden.

„Es könnte die Entscheidungsfindung und die Patientenauswahl für die Hormon- und Chemotherapie bei mHSPCa verbessern, wenn (neben anderen Faktoren) auch die Lebensqualität in Betracht gezogen wird“, schlagen die Forschenden im Kongress-Abstract vor. © nec/aerzteblatt.de