Auch beim nicht aggressiven Prostatakarzinom könnten Gentests sinnvoll sein

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Los Angeles – Eine neue Studie deutet darauf hin, dass möglicherweise auch Männer mit nicht aggressivem Prostatakarzinom (PCa) von einer genetischen Testung profitieren könnten. Sind sie Träger bestimmter de­le­tärer Genvarianten, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie eine fortgeschrittenere Erkrankung entwickeln werden, berichten US-Forschende in JAMA Oncology (2023; DOI: 10.1001/jamaoncol.2023.3482).

„Männern mit fortgeschrittenem PCa oder familiärer Prädisposition wird eine Untersuchung auf erblich be­dingte Tumorerkrankungen empfohlen. Aber die Evidenz zu einigen der in Keimbahn-Tumor-Panels getesteten Gene ist begrenzt, zudem sind solche Panels mit hoher Wahrscheinlichkeit unvollständig und es fehlen Gene, die das Risiko für Prostatakrebs und aggressive Erkrankungen beeinflussen“, schreiben Erstautorin Burcu F. Darst vom Center for Genetic Epidemiology der Keck School of Medicine, University of Southern California, Los Angeles, USA, und ihre Kollegen.

Die Forschungsgruppe analysierte Sequenzierungsdaten von 9.185 Männern mit aggressivem PCa (darunter 6.033, die daran starben, und 2.397 mit Metastasen) und 8.361 Männern mit nicht-aggressivem PCa. Die Männer waren alle europäischer Herkunft und stammten aus 18 internationalen Studien. Sie waren im Schnitt 64-65 Jahre alt.

Assoziation mit seltenen Varianten bekannter Risikogene

Als aggressiv galten PCa im Stadium T4 oder T3, wenn der Gleason-Score ≥ 8 lag. Bei Metastasierung oder PCa-bedingtem Tod wurde das Karzinom ebenfalls als aggressiv eingestuft. Nicht aggressiv waren PCa im Stadium T1 oder T2, wenn der Gleason-Score ≤ 6 lag.

Die stärkste Evidenz fanden die Forschenden für eine Assoziation zwischen aggressivem oder metastasiertem PCa und seltenen, deletären Varianten der bekannten PCa-Risikogene BRCA2 und ATM (p≤1,9×10−6), gefolgt von NBN (p=1,7×10−4).

Es gab auch – deutlich weniger starke – Evidenz dafür, dass seltene, deletäre Varianten von MSH2, XRCC2 und MRE11A mit einem höheren Risiko für aggressiven oder metastasierten PCa assoziiert sind.

5 weitere Gene schienen ebenfalls ein größeres Risiko (OR ≥ 2) mit sich zu bringen, aber die Trägerhäufigkeit unterschied sich nicht signifikant zwischen aggressiven und nicht-aggressiven PCa: TP53, RAD51D, BARD1, GEN1 und SLX4.

Mehr Männer könnten von genetischer Testung profitieren

Deletäre Varianten dieser 11 Kandidatengene fanden sich bei 2,3 % der Patienten mit nicht aggressivem PCa, 5,6 % der Patienten mit aggressivem PCa und 7,0 % der Patienten mit metastasiertem PCa.

„Die Ergebnisse unserer Studie bestätigen, dass DNA-Reparaturgene sowie Krebssuszeptibilitätsgene wichtige Informationen für das Krankheitsmanagement von Männern mit PCa liefern. Sie sprechen aber auch dafür, die genetische Testung auf Männer nicht aggressivem PCa auszuweiten, da Patienten, die deletäre Varianten dieser Gene tragen, mit hoher Wahrscheinlichkeit eine fortgeschrittenere Erkrankung entwickeln“, schlussfolgern die Autoren. © nec/aerzteblatt.de