Gesundheitsnavigator zeigt große
Qualitätsunterschiede bei Prostatakrebs-OPs
Angesichts großer Qualitätsunterschiede bei der Behandlung von Krebser-
krankungen rät die AOK Betroffenen, sich vor einer anstehenden Operation
über Fallzahlen, Behandlungsergebnisse und die Zertifizierung von behan-
delnden Kliniken zu informieren. „Die Ende letzten Jahres beschlossene Kran-
kenhausreform stellt die Weichen in Richtung einer qualitätsorientierten
Konzentration der Versorgung und wird die Situation perspektivisch verbes-
sern. In der aktuellen Versorgungsrealität sehen wir leider nach wie vor ein
Nebeneinander von Gelegenheitsversorgung und Spitzenmedizin“, betont die
Vorständin des AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann, anlässlich des
morgigen Weltkrebstages. Sie verweist auf den Gesundheitsnavigator der
AOK, der jetzt aktualisierte Daten zu Fallzahlen, zur Zertifizierung von Klini-
ken durch die Deutsche Krebsgesellschaft und zu Behandlungsergebnissen
einzelner Kliniken bei Prostatakrebs-Operationen bietet.
Die im Gesundheitsnavigator angezeigten Fallzahlen der einzelnen Kliniken
speisen sich aus den jährlichen Qualitätsberichten der Krankenhäuser, die im
Rahmen der gesetzlichen Qualitätssicherung veröffentlicht werden müssen. Sie
sind Ende Januar auf den neuesten Stand gebracht worden. Bei der Suche nach
Krebs-Behandlungen zeigt das Suchportal der AOK zudem an, welche Kliniken aktuell von der Deutschen Krebsgesellschaft als Krebszentren zertifiziert wor-
den sind. Sie müssen besonders hohe fachliche Anforderungen erfüllen und
zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass verschiedene Abteilungen und nie-
dergelassene Experten vernetzt zusammenarbeiten. „Patientinnen und Patien-
ten, die in zertifizierten Krebszentren behandelt werden, haben laut Studiener-
gebnissen für Deutschland eine höhere Überlebenschance als Menschen, die in
nicht zertifizierten Kliniken behandelt werden“, hebt AOK-Vorständin Reimann
hervor. „Die Evidenz ist eindeutig. Die Zertifizierung sollte daher ein zentrales
Entscheidungskriterium bei der Wahl der Klinik für Patientinnen und Patienten
sowie für einweisende Ärztinnen und Ärzte sein.“
Große Unterschiede bei Ergebnissen von Prostatakrebs-Operationen
Neben diesen Informationen, die auch in anderen Suchportalen wie dem Bun-
des-Klinik-Atlas abrufbar sind, enthält der Gesundheitsnavigator zudem exklu-
sive Auswertungen der AOK zur Behandlungsqualität einzelner Kliniken für ins-
gesamt 13 Behandlungen. Darunter ist auch die operative Entfernung der
Prostata wegen Prostatakrebs. Dieser Eingriff ist in Deutschland im Jahr 2023
etwa 32.000 Mal durchgeführt worden. „Unsere Auswertung zeigt große Unter-
schiede bei den Behandlungsergebnissen der einzelnen Krankenhäuser“, be-
richtet Reimann. So waren im Durchschnitt 13,4 Prozent der operierten Männer
von Komplikationen betroffen. Die Komplikationsrate lag im Fünftel der Klini-
ken, die in der Auswertung überdurchschnittlich abgeschnitten haben, bei nur
7,7 Prozent, während sie im Fünftel der schlechtesten Kliniken bei 22,9 Prozent
lag. „In den schlecht abschneidenden Kliniken war also fast ein Viertel der Pati-
enten von einer Komplikation betroffen“, so Reimann.
Die Auswertung basiert auf dem Verfahren zur „Qualitätssicherung mit Routi-
nedaten“ (QSR), das vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) zusam-
men mit medizinischen Expertenpanels kontinuierlich weiterentwickelt wird. In
die WIdO-Auswertung konnten knapp 16.200 Fälle von AOK-Versicherten aus
den Jahren 2020 bis 2022 einbezogen werden, die in 181 Kliniken operiert wor-
den sind. Die Fälle sind jeweils ein Jahr lang „nachbeobachtet“ worden, um die
später auftretenden Komplikationen zu ermitteln.
Unterschiedliche Patienteneigenschaften für fairen Vergleich berücksichtigt
Ausgewertet wurde unter anderem der Anteil der Patienten, bei denen inner-
halb von 30 Tagen nach der Operation eine Bluttransfusion notwendig war, die
auf starke Blutungen im Nachgang zur OP schließen lässt. Dies betraf immer-
hin 3,3 Prozent aller Patienten. Ebenfalls mit in die Bewertung eingeflossen ist
der Anteil ungeplanter Folge-OPs im ersten Jahr nach der ersten Operation. Sie
war bei einem relativ hohen Anteil von 7,3 Prozent der Operierten notwendig.
Von sonstigen Komplikationen wie einer Sepsis, einem Schock oder akutem Nie-
renversagen im Zuge der Prostata-OP waren 5,8 Prozent der Patienten betrof-
fen. Um einen fairen Klinikvergleich zu garantieren, sind unterschiedliche Pati-
enteneigenschaften wie Alter, Geschlecht oder Vorerkrankungen bei der
Bewertung berücksichtigt worden.
Pro 1.000 Patienten könnten 105 Komplikationen vermieden werden
Die Kliniken, die im QSR-Verfahren überdurchschnittlich abschneiden und be-
sonders geringe Komplikationsraten aufweisen, werden im Gesundheitsnaviga-
tor der AOK mit drei „AOK-Lebensbäumen“ gekennzeichnet, Kliniken mit durch-
schnittlichen Ergebnissen erhalten zwei Lebensbäume und
unterdurchschnittlich abschneidende Krankenhäuser nur einen Baum. Statis-
tisch betrachtet könnten pro 1.000 Patienten 105 Komplikationen vermieden
werden, wenn die OP in einer Klinik mit überdurchschnittlicher Qualität statt-
gefunden hätte. Die Auswertung zu Prostatakrebs-Operationen hat gewisse
Einschränkungen: So werden ausschließlich Komplikationen der Operation bis
zu einem Jahr abgebildet. Die Qualität der Harnblasenentleerung nach der
Operation sowie eine mögliche Inkontinenz oder Impotenz kann das WIdO man-
gels verlässlicher Daten nicht auswerten. „Trotzdem sind diese exklusiven Qua-
litätsinformationen eine wertvolle Orientierungshilfe für Patienten, die vor einer
planbaren OP stehen“, betont Carola Reimann. „Sie gehen über die Qualitätsin-
formationen hinaus, die im Bundes-Klinik-Atlas angeboten werden. Gerade bei
Krebs-OPs lohnt es sich für die Patienten, auch längere Fahrtzeiten in Kauf zu
nehmen, um eine optimale Behandlung zu erhalten.“
Zum Gesundheitsnavigator der AOK: www.aok.de/gesundheitsnavigator
Liste der „Top-Kliniken“ für Prostatakrebs-Operationen
Die AOK hat eine bundesweite Liste der „Top-Kliniken“ für Opera-
tionen zur vollständigen Entfernung der Prostata bei Prostata-
krebs zusammengestellt. Sie enthält die Kliniken mit den höchs-
ten Fallzahlen und mit überdurchschnittlicher Bewertung im
Verfahren zur Qualitätssicherung mit Routinedaten. Zudem sind
nur Klinken verzeichnet, die von der Deutschen Krebsgesellschaft
als Prostatakrebszentrum zertifiziert sind. Die vollständige Liste
aller zertifizierten Zentren findet sich unter www.oncomap.de