Die Diagnose von Prostatakrebs steht oft vor der Herausforderung, unnötige Biopsien zu vermeiden. Neue Ansätze setzen auf die präzise Bildgebung durch mpMRT, um Tumoren frühzeitig zu erkennen – ohne sofortige Biopsie. Doch wie sicher ist diese Strategie langfristig?

Das Prostatakarzinom (PCa) ist weltweit die zweithäufigste Krebserkrankung und die fünfthäufigste krebsbedingte Todesursache bei Männern. Die Früherkennung klinisch relevanter Tumoren ist entscheidend für die Therapieplanung und Prognose. In den letzten Jahren hat sich die multiparametrische Magnetresonanztomographie (mpMRT) als wichtiges diagnostisches Verfahren etabliert, um verdächtige Läsionen in der Prostata zu identifizieren und gezielte Biopsien zu ermöglichen.
Durch den Einsatz der mpMRT kann eine signifikante Anzahl von Patienten identifiziert werden, bei denen auf eine sofortige Prostatabiopsie verzichtet werden kann, ohne dass dies negative Auswirkungen auf die onkologische Sicherheit hat. Allerdings fehlen bislang umfassende Langzeitdaten zur Sicherheit dieser Strategie.
Weniger Biopsien durch gezielte MRT-Diagnostik?
Eine aktuelle prospektive Kohortenstudie untersuchte daher die onkologische Sicherheit und diagnostische Effektivität einer mpMRT vor einer Biopsie über einen Zeitraum von drei Jahren. Ziel war es, zu klären, ob ein negatives MRT-Ergebnis eine Biopsie sicher verzichtbar macht, ohne das Risiko einer verzögerten Krebsdiagnose zu erhöhen, und die Rate späterer klinisch signifikanter Prostatakarzinome (csPCa) bei initial negativer Biopsie trotz positivem MRT-Befund zu bestimmen.
Zwischen 2016 und 2017 wurden in 54 urologischen Praxen und zwei radiologischen Zentren in Berlin 607 Männer mit Verdacht auf Prostatakrebs rekrutiert, von denen 593 ein 3-Tesla-mpMRT erhielten. Patienten mit negativem MRT-Befund wurden entweder von einer Biopsie ausgeschlossen oder über drei Jahre engmaschig nachuntersucht, während Männer mit positivem Befund eine gezielte transrektale Ultraschall-(TRUS)-Biopsie erhielten. Bei negativem Befund erfolgte ebenfalls eine dreijährige Nachbeobachtung mit halbjährlicher PSA-Bestimmung und digital-rektale Untersuchung (DRU), ergänzt durch Folge-MRT oder erneute Biopsien bei klinischer Indikation. Die primären Endpunkte waren die Rate vermiedener Biopsien, die Detektionsrate von csPCa und die Sicherheit der aktiven Überwachung.
MRT-gestützte Diagnostik in der klinischen Praxis
Von den 593 in die Studie eingeschlossenen Männern hatten 307 (52 %) einen positiven MRT-Befund, während 286 (48 %) einen unauffälligen Befund hatten. In der Gruppe mit positivem MRT-Befund wurde bei 88 % der Patienten sofort eine Biopsie durchgeführt, bei welcher in 27 % der Fälle ein csPCa diagnostiziert wurde. Gleichzeitig hatten 19 % der Männer mit positivem MRT-Befund eine unauffällige Biopsie und wurden in das Nachsorgeprogramm aufgenommen.
Bei den Männern mit negativem MRT-Befund wurde in 91 % der Fälle auf eine sofortige Biopsie verzichtet. Nur 9 % der Patienten erhielten trotz unauffälligem MRT-Befund eine Biopsie, bei der nur in wenigen Fällen ein klinisch relevantes Karzinom gefunden wurde. Insgesamt ergab sich ein negativer prädiktiver Wert der MRT für csPCa von 96 %, was die hohe diagnostische Sicherheit dieses Verfahrens unterstreicht.
Langzeitnachsorge von Männern mit negativem MRT-Befund
Während der dreijährigen Nachbeobachtungszeit war bei der Mehrheit der Männer mit negativem MRT-Befund keine Biopsie erforderlich. Bei 15 % dieser Männer wurde im Verlauf eine Biopsie durchgeführt und 3 % entwickelten während der Nachbeobachtungszeit ein csPCa.
Die regelmäßigen klinischen Untersuchungen (PSA-Test, DRU) sowie die in Einzelfällen durchgeführten Kontroll-MRT zeigten eine sehr geringe Rate an neu entdeckten malignen Tumoren. Dies bestätigt, dass Patienten mit negativem mpMRT-Befund im Rahmen einer strukturierten Nachsorge sicher auf eine Biopsie verzichten können.
Verlauf bei positiven MRT-Befunden mit negativer initialer Biopsie
Männer mit positivem MRT-Befund, aber negativer Biopsie wurden ebenfalls drei Jahre lang beobachtet. In dieser Gruppe entwickelten 7 % ein csPCa, was zwar höher ist als in der Gruppe mit negativem MRT-Befund, aber immer noch eine niedrige Rate darstellt.
Bei etwa einem Drittel der Patienten wurde im Verlauf eine erneute MRT durchgeführt, wobei es nur in wenigen Fällen zu einer Höherstufung der Risikoklassifizierung kam.
Diese Ergebnisse zeigen, dass Männer mit positivem MRT-Befund und initial negativer Biopsie eine engmaschige Nachsorge benötigen, um eine möglicherweise verzögerte Krebsdiagnose zu vermeiden.
Nachsorge entscheidend für die Patientensicherheit
Die prospektiven Langzeitdaten der Studie belegen die Sicherheit der MRT-gestützten Diagnostik bei Verdacht auf Prostatakrebs. Männer mit negativem MRT-Befund können bei konsequenter Nachsorge auf eine sofortige Biopsie verzichten, ohne ein erhöhtes Risiko für eine verzögerte Krebsdiagnose einzugehen. Durch die mpMRT konnte die Anzahl nicht notwendiger Biopsien erheblich gesenkt werden.
Eine engmaschige Nachsorge ist insbesondere für Patienten mit positivem MRT-Befund, aber negativer Erstbiopsie relevant, da in dieser Gruppe ein leicht erhöhtes Risiko für eine spätere csPCa-Diagnose besteht. Die Ergebnisse bestätigen, dass die MRT-basierte Biopsie-Strategie die diagnostische Genauigkeit verbessert und zur Optimierung des klinischen Managements beiträgt. Eine strukturierte Nachsorge bleibt für die langfristige Patientensicherheit unerlässlich.
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Stand:
10.03.2025