Siegmund-Schultze, Nicola

Bei der Früherkennung des Prostatakarzinoms (PCa) ist in letzter Zeit der Empfehlungsgrad für die multiparametrische Magnetresonanztomografie (mpMRT) gestärkt worden. Diese sollte bei erhöhtem PSA vor einer Prostatastanzbiopsie erfolgen. Bisher war jedoch unklar, wie sicher es ist, bei einem negativen MRT-Befund auf die Biopsie zu verzichten und regelmäßig ein nichtinvasives Monitoring vorzunehmen. Diese Frage wurde in einer großen Längsschnittstudie unter Federführung der Charité – Universitätsmedizin Berlin untersucht.
Es ist eine prospektive Längsschnittkohortenstudie in Kooperation von 54 urologischen Praxen mit 2 universitären radiologischen Zentren. Teilgenommen haben 593 erwachsene Männer bis 70 Jahre (median: 64 Jahre) mit Verdacht auf PCa wegen eines erhöhten PSA-Wertes, eines auffälligen Befundes der digito-rektalen Untersuchung oder von beidem. Es gab keinen vordefinierten PSA-cut-off, dieser wurde durch die Behandler bewertet. Bei Abklärungsbedarf erfolgte eine mpMRT-Untersuchung, die nach der PI-RADS-Klassifikation bewertet wurde (Score 1–5, Karzinom sehr unwahrscheinlich–sehr wahrscheinlich). Bei einem Wert von ≥ 3 wurde der MRT-Befund als positiv bewertet, darunter als negativ. In diesem Fall wurde empfohlen, auf die Prostatabiopsie zu verzichten und aktiv zu beobachten mit halbjährlichen Bestimmungen des Serum-PSA, einer digito-rektalen Untersuchung und Ultraschall. Endpunkt war der Anteil der Teilnehmer, bei dem unter aktivem Monitoring über 3 Jahre Biopsien vermieden konnten, sowie der Anteil mit PCa.
Bei fast der Hälfte der 593 Teilnehmer, die wegen des Verdachts auf Prostatakarzinom mit mpMRT untersucht wurden, war der Befund negativ (n = 286; 48,2 %). 242 Patienten (41 %) konnten über 3 Jahre eine Prostatabiopsie vermeiden. 307 Teilnehmer (51,8 %) hatten einen positiven mpMRT-Befund. Bei 161 (27 %) wurde in den sich direkt anschließenden Biopsien ein klinisch relevantes Karzinom entdeckt und bei insgesamt 29 % (n = 172) im 3-Jahres-Zeitraum. Das für 3 Jahre vorgesehene Monitoring nach negativem mpMRT beendeten 233 Männer. Bei 7 Patienten (3–4 %) wurde im Verlauf des Monitorings doch noch ein klinisch relevantes PCa festgestellt. Der negative Vorhersagewert eines mpMRT mit negativem Befund lag bei 96 %. Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze
Hamm CA, Asbach P, Pöhlmann A, et al.: Oncological safety of MRI-informed biopsy decision-making in men with suspected prostate cancer. JAMA Oncol 2024; DOI: 101001/jamaoncol.2024.5497.
Fazit: Bei Verdacht auf Prostatakarzinom im Rahmen einer Früherkennungsuntersuchung lässt sich die Wahrscheinlichkeit für ein Karzinom zunächst mit einem multiparametrischen MRT (mpMRT) und ohne Stanzbiopsien abklären. Ist der mpMRT-Befund negativ, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, innerhalb von 3 Jahren nicht an einem aggressivem Prostatakrebs zu erkranken. Unter einem regelmäßigen und qualifizierten Monitoring kann vielen Männern dann die Prostatabiopsie erspart werden.