Dtsch Arztebl 2024; 121(22): A-1444 / B-1220
Gerste, Ronald D.
Die Zugabe von Androgenrezeptor-Signalweg-Inhibitoren (ARPIs) zur Androgendeprivationstherapie (ADT) hat die Überlebensrate und die gesundheitsbezogene Lebensqualität von Patienten mit Prostatakrebs verbessert, auch beim metastasierten, kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC). Zu den zur Behandlung zugelassenen ARPIs gehören unter anderem Abirateron, Enzalutamid, Apalutamid und Darolutamid. Auf Basis der Prostate Cancer Australian Datenbank ist nun der Einfluss von Komorbiditäten und Begleitmedikationen bei Patienten mit mCRPC, die Abirateronacetat (AAP) oder Enzalutamid (ENZ) erhalten, evaluiert worden. Die Prävalenz von Wechselwirkungen zwischen Medikamenten (Drug-Drug Interaction; DDI) und deren potenzielle Auswirkungen auf die Behandlungsergebnisse waren ein zentraler Aspekt.
Eingeschlossen waren 235 Patienten eines Durchschnittsalters von 74 Jahren, die wegen eines mCRPC eine Erst- oder Zweitlinientherapie mit ARPIs erhielten; die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 27 Monate. Abirateronacetat wurde bei 116 und Enzalutamid bei 135 Patienten gegeben. Klinisch signifikante DDIs traten bei 55 (47 %) der mit AAP und bei 90 (67 %) der mit ENZ behandelten Patienten auf. Nur bei 5 % der DDIs wurde eine Beeinträchtigung der Pharmakokinetik der ARPIs dokumentiert, während 95 % der DDIs die Pharmakokinetik von konkomitanten Medikationen beeinträchtigten oder das Toxizitätsrisiko erhöhten. Bei Patienten, die ENZ erhielten, waren DDIs mit einem niedrigeren PSA50-Wert (50 % vs. 74 %, p = 0,04) und einem schlechteren Gesamtüberleben (28 vs. 45 Monate, p = 0,04) assoziiert, obwohl die statistische Signifikanz bei der multivariaten Analyse nicht erhalten blieb.
Bei Patienten mit DDIs wurden keine signifikanten Überlebensunterschiede festgestellt. Mögliche Wechselwirkungen zwischen Komorbiditäten und ARPIs wurden bei 72 % der AAP-Patienten und 14 % der ENZ-Patienten beobachtet, ohne signifikante Unterschiede beim Überleben. Dr. med. Ronald D. Gerste
Zong YY, Anton A, Xie O, et al.: Impact of comorbidities and drug interactions in patients with metastatic castration-resistant prostate cancer receiving androgen receptor pathway inhibitors. JCO Oncol Pract 2024; 20: 1231–42.
Fazit: „Die Zugabe von Androgenrezeptor-Signalweg-Inhibitoren (ARPIs) zur Androgendeprivationstherapie hat die Überlebensrate und Lebensqualität von Patienten mit Prostatakrebs verbessert,“ kommentiert Prof. Dr. med. Axel Merseburger, Direktor der Klinik für Urologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. „Allerdings treten bei der Behandlung mit ARPIs häufig Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten auf, die die Pharmakokinetik und das Toxizitätsrisiko beeinflussen können. Trotz dieser Herausforderungen gibt es keine signifikanten Unterschiede im Überleben zwischen Patienten mit und ohne dokumentierte Wechselwirkungen. Zusammenfassend sollten Patienten mit einem metastasierten hormonsensitiven Prostatakarzinom nicht mehr nur alleinig mit einer ADT behandelt werden, sondern mit einer Doppeltherapie, also einer ADT plus ARPI, oder mit einer Tripletherapie, also ADT plus ARPI plus Docetaxel.“