Senioren mit Krebserkrankungen profitieren von geriatrischem Assessment

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Lugano/Barcelona – Ein umfassendes geriatrisches Assessment („Geriatrisches Assessment und Management“, GAM) liefert wichtige Informationen für die Therapieplanung und Betreuung von älteren Menschen mit einer Krebserkrankung.

Das berichtet die gemeinsame Arbeitsgruppe der Europäischen Gesellschaft für Medizinische Onkologie (ESMO) und der Internationalen Gesellschaft für Geriatrische Onkologie (SIOG) im Vorfeld des ESMO-Kon­gresses im Fachmagazin ESMO Open (2024; DOI: 10.1016/j.esmoop.2024.103657).

Die Arbeitsgruppe wird auf dem Kongress am 16. September zusammenkommen und über die personalisierte Versorgung geriatrischer Menschen mit Krebs beraten.

Im Rahmen des geriatrischen Assessments (GA) werden mehrere Bereiche bewertet, die die Prognose und die Behandlungsentscheidungen bei älteren Erwachsenen beeinflussen. Dazu gehören unter anderem der funk­tio­nelle Status, Komorbiditäten, kognitive Funktionen, der psychologi­sche Status, das soziale Funktionieren und die Unterstützung, der Ernährungsstatus und die Medikation.

Kli­niker sollten laut der Arbeitsgruppe diese Daten nutzen, um Managemententscheidungen zu treffen – das geriatrische Assessment wird so zu einem GAM. Die ESMO/SIOG-Arbeitsgruppe „Cancer in the Elderly“ hat Stu­dien zu den Auswirkungen und dem möglichen Nutzen eines GAM bei Älteren mit Krebserkrankung ausge­wertet.

„Insgesamt haben mehrere große, randomisierte Studien die positiven Auswirkungen der GAM auf mehrere aussagekräftige Endpunkte nachgewiesen“, berichtet die Arbeitsgruppe. In diesen Studien wurden Verbesse­rungen der Lebensqualität, der Behandlungsverträglichkeit, der körperlichen Funktion oder Unabhängigkeit und der Kommunikation nachgewiesen. Einen Einfluss auf die Überlebensrate hat das GAM laut den Studien aber nicht.

Die ESMO/SIOG-Arbeitsgruppe empfiehlt, die GAM bei Krebspatientinnen und -patienten ab 70 Jahren durch­zuführen, wenn machbar sogar bereits ab dem Alter von 65. Die GAM sollte so früh wie möglich vor Beginn der Behandlung und vor der endgültigen Festlegung des Behandlungsplans erfolgen.

Sollte eine GAM nicht bei allen Patienten möglich sein, sollten Kliniken validierte Screeninginstrumente verwenden, um diejenigen zu identifizieren, die wahrscheinlich von einer anschließenden GAM profitieren würden.

Das Goldstandardmodell der Versorgung umfasst eine umfassende multidisziplinäre Betreuung, in der sich die Patienten zu einem Zeitpunkt und an einem Ort entweder von einem Geriater oder einem geriatrischen Onkologen zusammen mit dem primären Onkologen untersuchen lassen und eine onkologische Behand­lungsplanung erhalten.

Während dieses Besuchs sollten die Patienten auch Zugang zu unterstützenden Diensten erhalten, zum Bei­spiel zu Ernährungsberatern, Physio-/Beschäftigungstherapeuten und Sozialarbeitern. © hil/aerzteblatt.de