Roboterunterstützung bei Operation und Radiotherapie kann Komplikationen nicht immer vermeiden

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London – Roboter ermöglichen Chirurgen und Strahlentherapeuten ein genaueres Arbeiten. Die typischen Komplikationen von Operation und Radiotherapie lassen sich allerdings nicht immer vermeiden, wie die Ergebnisse einer randomisierten Studie in European Urology (2024; DOI: 10.1016/j.eururo.2024.08.030) zeigen.

Patienten mit lokalisiertem Prostatakrebs stehen mehrere Behandlungsoptionen zur Verfügung. Sie können die Prostata radikal entfernen lassen, was allerdings mit einer Beschädigung von Nervenbahnen verbunden sein kann, die Blase und Penis versorgen.

Oder sie entscheiden sich für eine Strahlentherapie, die aber auch das umgebende Gewebe beschädigen kann. Die dritte Option ist eine „Active Surveillance“ mit regelmäßigen Kontrolluntersu­chungen. Sie vermeidet zunächst jegliche Komplikationen, der Patient läuft jedoch Gefahr, den richtigen Zeitpunkt für eine Behand­lung zu verpassen.

Viele Patienten entwickeln nach der ärztlichen Aufklärung eine klare Präferenz. Die Studie PACE-A, an der sich 8 Zentren in Großbritannien beteiligten, benötigte 10 Jahre, bis sie genügend Patienten gefunden hatte, die bereit waren, das Los über die Art der Behandlung entscheiden zu lassen. Zwischen August 2012 und Februar 2022 konnten dann doch 123 Männer auf eine radikale Prostatektomie oder eine Radiotherapie randomisiert werden.

Insgesamt 84 % der Operationen wurden mit Hilfe eines Roboters durchgeführt. Bei 75 % der Radiotherapien wurde ein Cyberknife eingesetzt, mit dem sich das Strahlenfeld bis auf den Bruchteil eines Millimeters be­grenzen lässt.

Aber auch ein Roboter kann nicht immer verhindern, dass wichtige Nervenstränge gequetscht, gespannt oder sogar durchtrennt werden. Auch bei einer präzisen Strahlentherapie lässt sich nicht verhindern, dass Struktu­ren beschädigt werden, die sich im Strahlenschatten des Tumors befinden. Dazu gehört beispielsweise das Rektum, dessen Schleimhaut besonders strahlensensibel ist.

Dies erklärt, warum die typischen Komplikationen von Operation und Radiotherapie weiterhin auftreten. Wie Nicholas van As vom Royal Marsden NHS Foundation Trust in London berichtet, benötigten 50 % der Patien­ten auch 2 Jahre nach der Prostatektomie täglich eine oder mehrere Einlagen, um den aus der Blase austre­ten­den Urin aufzufangen. Nach der Strahlentherapie trat diese Komplikation nur bei 6,5 % der Patienten auf –vor der Behandlung hatte kein Patient Einlagen benötigt.

Bei vielen Patienten hat sich die Harninkontinenz im Verlauf der Zeit gebessert. Die Harninkontinenzdomäne im EPIC-Fragebogen, die von 0 bis 100 Punkte reicht, war bei der ersten Befragung nach einem Monat auf weit unter 40 Punkte abgefallen. Nach 2 Jahren war der Score wieder auf median 77,3 Punkte angestiegen, war aber weiterhin signifikant niedriger als nach der Radiotherapie, wo die Teilnehmer den Idealwert von 100 Punkten erreichten.

2 Jahre nach einer radikalen Prostatektomie klagten 33 % der Patienten über sexuelle Störungen gegenüber 18 % nach der Strahlentherapie. In der sexuellen Domäne des EPIC-Fragebogens erreichten die Patienten nach der Operation nur 18 Punkte gegenüber 62,5 Punkte nach der Strahlentherapie.

Erektile Dysfunktion und Harninkontinenz sind demnach weiterhin häufige Komplikationen einer radikalen Prostatektomie. Nach der Strahlentherapie kam es dagegen häufiger zu Störungen der Darmfunktion. Der Score in der Darmdomäne des EPIC-Fragebogens war nach 2 Jahren auf 87,5 Punkte gefallen.

Das ist immer noch ein guter Wert. Es ist allerdings bekannt, dass sich viele Komplikationen der Strahlen­therapie erst nach vielen Jahren einstellen. Dazu können Blutungen, Geschwüre, Verengung und Verlegung des Darmes und Fisteln gehören. © rme/aerzteblatt.de