Jaber AR. et al.
Impact of Prostate Size on the Functional and Oncological Outcomes of Robot-assisted Radical Prostatectomy.
Eur Urol Focus 2024; S2405-4569(24)00010-5
DOI: 10.1016/j.euf.2024.01.007
Männer mit einem lokalisierten Prostatakarzinom und großem Prostatavolumen eignen sich weniger gut für eine nicht chirurgische Tumortherapie, also eine externe Bestrahlung oder Brachytherapie. Sie werden stattdessen in der Regel roboterassistiert operiert. Inwiefern beeinflusst die Prostatagröße das funktionelle und das onkologische Behandlungsergebnis nach roboterassistierter radikaler Prostatektomie (RARP)? Dieser Frage ging eine US-Studie nach.
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Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werteten die Daten von 14.481 Männern aus, die sich zwischen 2008 und 2023 an einer auf roboterassistierte Eingriffe spezialisierten Klinik einer RARP unterzogen hatten. Patienten mit einem T4-Tumor sowie onkologisch vorbehandelte Männer schlossen sie von der Analyse aus. Auf der Basis des Gewichts der resezierten Prostata bildeten die Forschenden folgende 4 Patientengruppen:
- Gruppe I: <50g (n = 6862)
- Gruppe II: 50–100g (n = 6902)
- Gruppe III: 100–150g (n = 600) sowie
- Gruppe IV: >150g (n = 117).
Anschließend verglichen die Forschenden diese 4 Kollektive hinsichtlich demografischer, klinischer, intra- und postoperativer, histopathologischer sowie prognoserelevanter Parameter. Weiterhin objektivierten sie die funktionellen Behandlungsergebnisse im Hinblick auf Kontinenz und Sexualität.
Ergebnisse
Die Männer mit einer größeren Prostata waren im Vergleich zu den Männern mit einem geringen Organvolumen älter, hatten im Vorfeld häufiger Eingriffe aufgrund einer benignen Prostatahyperplasie absolviert und wiesen präoperativ einen höheren PSA-Wert, Charlson-Komorbiditätsindex und AUASS (American Urological Association Symptom Score) sowie einen niedrigeren SHIM (Sexual Health Inventory for Men)-Score auf. Zudem hatten sie tendenziell einen schlechteren ISUP (International Society of Urological Pathology)-Grad am Biopsiematerial. Ihre Operationen dauerten signifikant länger, sie gingen mit einem höheren Blutverlust sowie einer längeren Katheterliegedauer einher. Große Organe konnten zudem seltener vollständig nervenerhaltend operiert werden (Gruppe IV vs. Gruppe I: 13,7 vs. 38,3%) und bei ihnen erfolgte signifikant seltener eine Lymphonodektomie (51,3 vs. 71,4%). Drittgradige postoperative Komplikationen traten bei großem Prostatavolumen häufiger auf. Die Auswertung der onkologischen Prognoseparameter ergab: Patienten mit großer Prostata wiesen signifikant häufiger ein pT2-Stadium (69,8 vs. 60,3%), aber seltener ein pT3-Stadium auf (30,2 vs. 39,7%), hatten signifikant seltener positive Schnittränder (12,8 vs. 19,3%) und wiesen häufiger einen ISUP-Grad 1 am Operationspräparat auf. Männer mit großer Prostata erlitten zudem innerhalb von 24 Monaten tendenziell seltener biochemische Rezidive als Männer mit einem Prostatagewicht von weniger als 50g (5,9 vs. 7,5%). Multivariate Analysen identifizierten die Organgröße als unabhängigen Einflussfaktor im Hinblick auf positive Resektionsränder sowie biochemische Rezidive. Auch bezüglich der funktionellen Behandlungsergebnisse unterschieden sich die Patienten mit großem Prostatavolumen von den Männern mit geringem Organgewicht: Bei ihnen erholten sich sowohl die Kontinenz als auch die Potenz signifikant schlechter.
Das Prostatavolumen hat erheblichen Einfluss auf das funktionelle und onkologische Ergebnis nach RARP, so die Forschenden. Große Organe verlängern insbesondere die Eingriffsdauer, erhöhen den Blutverlust, können seltener nervenschonend operiert werden und wirken sich negativ auf die Kontinenz und die Potenz aus. Sie hoffen, dass ihre Analyseergebnisse bei der präoperativen Beratung betroffener Patienten helfen können.
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Dr. med. Judith Lorenz, Künzell