Neue Option zur Behandlung von Prostatakrebs erforscht

Die Wiener Forschung dreht sich um das Glykoprotein 130 (gp130), ein Transmembranprotein, das die Klasse aller Zytokinrezeptoren begründete. Es bildet eine Untereinheit des Typ-I-Zytokinrezeptors innerhalb der IL-6-Rezeptorfamilie. Grafik: ibreakstock – stock.adobe.com

Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der MedUni Wien hat eine neue Strategie für die Entwicklung von Therapiemöglichkeiten für Prostatakrebs erforscht. Diese sollen nicht nur das Tumorwachstum bremsen, sondern auch das Immunsystem zur Abwehr von Krebszellen anregen.

In den Mittelpunkt seiner Untersuchungen stellte das wissenschaftliche Team den GP130-Signalweg, von dem sich die Forscher im Kampf gegen Krebs viel erwarten. Der Hintergrund: Der Signalweg, der durch das Protein GP130 (auch Interleukin-6-Signal-Transducer [IL6ST] genannt) vermittelt wird, spielt eine zentrale Rolle in der Zellkommunikation und beeinflusst die Aktivität des Transkriptionsfaktors STAT3, der wiederum mit der Entstehung und Ausbreitung von Tumoren in Verbindung gebracht wird. Entsprechend gilt die Blockade des GP130-Signalwegs derzeit als große Hoffnung in der Krebsmedizin.

Die aktuelle Studie kam jedoch zu einem überraschenden Ergebnis: Offenbar wird das Tumorwachstum nicht durch Hemmung, sondern durch Aktivierung des GP130-Signalwegs in Prostatazellen gebremst. „Wir stellen das vorherrschende Konzept der Blockierung der IL6ST/STAT3-Signalgebung als funktionelle Behandlung von Prostatakrebs infrage und schlagen stattdessen die zellautonome IL6ST-Aktivierung als neue therapeutische Strategie vor“, schreiben die Forscher im Journal „Molecular Cancer“. Dem bekanntermaßen “immunkalten” Prostatakrebs konnten sie auf diese Weise ein “immunheißes” Mikromilieu verschaffen.

Höhere Überlebensraten bei höheren GP130-Werten

Um zu diesen neuen Erkenntnissen zu gelangen, untersuchten die Wissenschaftler genetisch veränderte Mäuse, bei denen GP130 in der Prostata gezielt aktiviert wurde. „So konnten wir die Reduktion des Tumorwachstums in der Zelle direkt beobachten“, berichtet Lukas Kenner (Klinisches Institut für Pathologie der MedUni Wien), der die Studie gemeinsam mit Stefan Rose-John (Institut für Biochemie der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel) geleitet hat. Ergänzt wurden die Ergebnisse durch Analysen von Gewebeproben von Prostatakrebspatienten. Dabei zeigte sich, dass hohe GP130-Werte mit einer besseren Überlebensrate korrelieren. Gleichzeitig wurden umfangreiche molekulare Analysen, einschließlich der Erstellung von Genexpressionsprofilen, durchgeführt.

„Unsere Forschung liefert aufregende neue Beweise dafür, dass die Aktivierung von GP130 in Prostatazellen nicht nur das Tumorwachstum bremst, sondern auch das Immunsystem dazu anregt, die Krebszellen aktiv zu bekämpfen“, fasst Lukas Kenner die Tragweite der Ergebnisse zusammen, die nun in weiteren Studien bestätigt werden sollen. Die Forschungsarbeit eröffnet nach Ansicht der Wissenschaftler eine vielversprechende neue Therapiemöglichkeit, insbesondere für den derzeit schwer zu behandelnden aggressiven Prostatakrebs.

(MedUni Wien / ms)