Autor: Ulrike Viegener
Laut einer prospektiven Studie aus England kann eine kurze, kontrastmittelfreie MRT die Früherkennung klinisch relevanter Prostatakarzinome verbessern. Die transrektale Sonographie bringt dagegen im Vergleich zum PSA-Test keinen Vorteil.
Ein PSA-Test kann das relative prostatakrebsassoziierte Mortalitätsrisiko um rund 20 % verringern, wenn er alle zwei bis vier Jahre durchgeführt wird. Allerdings ist die Trefferquote mit Blick auf klinisch relevante Karzinome eher suboptimal. Zudem führen auch klinisch nicht-signifikante Gewebeveränderungen zu einem positiven Ergebnis, was häufig eine unnötige Folgediagnostik nach sich zieht.
Neuere Entwicklungen wie kontrastmittelfreie, biparametrische MRT-Protokolle mit deutlich verkürzten Scanzeiten erweitern die Nutzungsmöglichkeiten der Technologie. Der Ultraschall ist eine kostengünstigere und weit verbreitete Alternative. Vor diesem Hintergrund ging eine britische Arbeitsgruppe um Dr. David Eldred-Evans vom Imperial College in London der Frage nach, ob bildgebende Verfahren sich eignen, das Prostatakrebsscreening zu verbessern.1
Rund 400 Männer nahmen an der prospektiven Studie teil
In die prospektive, verblindete, populationsbasierte Kohortenstudie IP1-PROSTAGRAM waren sieben Praxen der Primärversorgung und zwei Bildgebungszentren in Großbritannien eingebunden. 2034 Männer im Alter zwischen 50 und 69 Jahren und mit einer Lebenserwartung von mindestens zehn Jahren wurden eingeladen, von Oktober 2018 bis Mai 2019 an einem mehrgleisigen Screening auf Prostatakrebs mit PSA-Test, MRT (T2- und diffusionsgewichtet) und Ultraschall (B-Mode und Scherwellenelastographie) teilzunehmen. 408 Personen stimmten der Anwendung aller drei diagnostischen Verfahren zu. Die Ergebnisse der drei Methoden wurden unabhängig voneinander – also ohne Kenntnis der jeweils anderen Befunde – beurteilt.
Risiko der Überdiagnostik wohl nicht erhöht
Die Auswertung zeigte eine im Vergleich zum PSA-Test erhöhte Trefferquote der kurzen, kontrastmittelfreien MRT. Für die transrektale Sonographie ließ sich dagegen kein Vorteil verifizieren.
Auswertung der Befunde
Die Ergebnisse der bildgebenden Verfahren wurden mithilfe validierter 5-Punkte-Scores auf ihre Krebsverdächtigkeit hin interpretiert. Als positiv galten ein PSA-Wert ≥ 3 μg/l sowie 3 Punkte und mehr im MRT bzw. Ultraschall. Für die bildgebenden Methoden legten die Forscher zwei Grenzwerte fest – einen bei einem Score von 3 und einen bei einem Score von 4 – um zu definieren, ab wann eine MRT oder ein Ultraschall als verdächtig galt. Im Fall von positiven Befunden erfolgte eine systematische Biopsie. Veränderungen im Sinne des Gleason Scores von 3/4 und höher wurden als klinisch signifikant erachtet.
Die Forscher entdeckten mittels PSA-Test sieben klinisch signifikante Prostatakarzinome. Mit der MRT dagegen waren es 14 (Grenzwert für Positivität: Score 3–5) bzw. elf (Score 4–5). Mittels Ultraschall wiederum detektierten die Wissenschaftler neun bzw. vier entsprechende Fälle.
Setzen sie als Grenze für eine Positivität einen Wert von 4 oder 5, so war die Entdeckungsrate klinisch nicht-signifikanter Prostataveränderungen bei PSA-Test und MRT ähnlich. Zudem kam es im Zuge der MRT nicht zu vermehrten Biopsien. Die Daten deuten daher darauf hin, dass eine MRT mit Grenzscore von 4–5 ein besseres Nutzen-Risiko-Profil aufweist, so die Autoren.
Die Studie lege den Grundstein für die weitere Erforschung der Bedeutung bildgebender Verfahren für das Prostatakrebsscreening, schreiben Dr. Dr. Susanna I. Lee und Aileen O’Shea von der Harvard Medical School, Boston, in ihrem Kommentar.2 Es sei offensichtlich, dass die MRT in den Bemühungen, die Morbidität und Mortalität von Patienten zu verringern, eine entscheidende Rolle spielen wird.
Quellen:
1. Eldred-Evans D et al. JAMA Oncol. 2021; 7: 395-402; DOI: 10.1001/jamaoncol.2020.7456
2. Lee SI, O’Shea A. A.a.O.; 7: 402-403; DOI: 10.1001/jamaoncol.2020.7294