Kastrations­resistentes Prostatakarzinom mit Knochenmetastasen: Vielversprechende Kombination aus Radium-223 und Enzalutamid

/Kateryna_Kon, stock.adobe.com

Barcelona – Die Erstlinientherapie des kastrationsresistenten Prostatakarzinoms verändert sich rasant. Für Patienten mit Knochenmetastasen wurde bei der Jahrestagung der European Society for Medical Oncology (ESMO) in Barcelona berichtet, dass die gleichzeitige Gabe des Androgenrezeptor-Inhibitors Enzalutamid und des Radiopharmazeutikums Radium-223 das radiologische progressionsfreie und mutmaßlich auch das Gesamtüberleben verlängern kann (Abstract #LBA1).

Für Patienten mit metastasiertem Prostatakarzinom, die nach einer Androgendeprivations-Therapie progre­dient sind, stellen Inhibitoren des Androgenrezeptor-Signalwegs (ARPI) wie Abirateron oder Enzalutamid die Standardtherapie in der Erstlinie dar. Bisher hat es kein Kombinationspartner für diese Substanzen geschafft, das radiologische progressionsfreie und das Gesamtüberleben zu verlängern.

Vor Einführung der genannten ARPI hatte Radium-223-Dichlorid (Ra-223) in der ALSYMPCA-Studie das Morta­litätsrisiko für diese Patienten um etwa 30 % reduziert (N Engl J Med 2013, DOI: 10.1056/NEJMoa1213755).

Radium-223 ists ein Kalzium-Mimetikum, das Alphastrahlen aussendet und selektiv in Knochenmetastasen eingelagert wird, wo es DNA-Doppelstrangbrüche in den Tumorzellen induziert. In Kombination mit Abirate­ron konnte Ra-223 weder das ereignisfreie Überleben ohne Skelettereignisse noch das Gesamtüberleben verlängern, war aber mit einer Erhöhung des Frakturrisikos assoziiert (Lancet Oncol 2019, DOI: 10.1016/S1470-2045(18)30860-X).

Die European Organization for Research and Treatment of Cancer (EORTC) hat nun zusammen mit einer Reihe weiterer Studiengruppen in Europa, Kanada und Brasilien die Phase-3-Studie PEACE-3 durchgeführt: Darin wurden 446 Patienten mit metastasiertem kastrationsresistenten Prostatakarzinom und asymptomatischen oder leicht symptomatischen Knochenmetastasen randomisiert, Enzalutamid mit oder ohne Ra-223 (55 kBq/kg alle 4 Wochen für 6 Zyklen) zu erhalten.

Nach Einschluss der ersten 119 Patienten wurde die obligate Gabe von osteoprotektiven Substanzen wie Zoledronsäure oder Denosumab in das Protokoll aufgenommen. Als primärer Endpunkt war das radiologische progressionsfreie Überleben definiert.

Fast 90 % der Patienten konnten die 6 Zyklen Ra-223 erhalten, so Silke Gillessen vom Onkologischen Institut der südlichen Schweiz in Bellinzona in einem Presidential Symposium des ESMO-Kongresses, in dem praxis­verändernde Studienergebnisse vorgestellt wurden (Abstract #LBA1).

Nach median 42,2 Monaten war die radiologische progressionsfreie Überlebenszeit durch das Radiopharma­zeutikum von median 16,4 auf 19,4 Monate verlängert worden mit einer signifikanten Risikoreduktion um gut 30 % (Hazard Ratio [HR] 0,69; 95-%-Konfidenzintervall 0,54–0,87; p = 0,0009). Das galt für alle untersuchten Subgruppen.

Beim Gesamtüberleben, einem der sekundären Endpunkte, betrug die Verbesserung in der ersten Interims­analyse 42,3 versus 35,0 Monate (HR 0,69; 95-%-KI 0,52–0,90; p = 0,0031); dieser Parameter wird noch weiter verfolgt, so Gillessen.

Ein weiterer sekundärer Endpunkt war die Zeit bis zur nächsten systemischen Behandlung: Eine solche war im Kontrollarm nach 2 Jahren in 51 % der Fäll erforderlich geworden, im experimentellen Arm nur bei 30 % (Me­dian 50,9 versus 29,9 Monate; HR 0,57; 95-%-KI 0,44-0,75; p < 0,0001). Lediglich die Zeiten bis zur Schmerz­verschlimmerung und bis zum ersten malignen Skelettereignis waren nicht verlängert.

Therapiebedingte Nebenwirkungen wurden bei 96,4 % der Patienten im Kontroll- und bei 100 % im expe­rimentellen Arm registriert; bei den Toxizitäten vom Grad 3 oder höher waren es 55,8 beziehungsweise 65,6 %. Keine dieser Nebenwirkungen war unter Ra-223 um mehr als 5 % häufiger, am häufigsten traten hier ein Hypertonus (34 %), Fatigue (6 %), Anämie (5 %) und Neutropenie (5 %) auf.

Diese Ergebnisse, so Gillessen, stützen die Behandlung mit Ra-223 in Kombination mit Enzalutamid und einem Osteoprotektivum als mögliche neue Erstlinientherapie für das Prostatakarzinom mit Knochen­metastasen, das noch nicht mit einem ARPI behandelt wurde. © jfg/aerzteblatt.de