Bispezifischer Antikörper gegen Prostatakrebs zeigt erste positive Ergebnisse

Bianca Hermle Kommunikation und Medien
Universitätsklinikum Tübingen

Das Prostatakarzinom gilt als die zweithäufigste Krebserkrankung bei Männern. Metastasiert der Tumor, ist das Prostatakarzinom bislang auch nicht heilbar. Um die Erkrankung jedoch effektiv zu behandeln und bei Betroffenen eine deutliche und langfristige Verbesserung zu erreichen, hat ein Forschungsteam der KKE Translationale Immunologie der Medizinischen Universitätsklinik Tübingen einen bispezifischen Antikörper entwickelt. Bereits im November 2019 startete das Studienteam eine klinische Phase-I-Studie, um die maximal tolerierte Dosis des Antikörpers zu ermitteln. Nach den erfolgreichen Ergebnissen beginnt nun die zweite Phase der Studie an mehreren Standorten in Deutschland.

Bispezifische Antikörper sind Eiweißmoleküle, die zwei verschiedene Antigene binden und so eine Immunantwort auslösen können. Im Fall des bispezifischen PSMAxCD3 Antikörpers CC-1 richtet sich eine Bindungsstelle gegen das sogenannte Prostata-spezifische Membranantigen (PSMA), das auf der Oberfläche bösartiger Zellen des Prostatakrebses präsentiert wird. CC-1 aktiviert danach die T-Zellen, die potentesten Zellen des Immunsystems. Gleichzeitig weist CC-1 die Besonderheit auf, sich auch an die Blutgefäße des Tumors zu binden und dadurch eine zweifache Antitumorwirkung zu vermitteln.

Der Antikörper CC-1 wurde von Tübinger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern um Prof. Dr. Gundram Jung (Abteilung Immunologie) und Prof. Dr. Helmut Salih (Klinische Kooperationseinheit KKE Translationale Immunologie) des Uniklinikums Tübingen entwickelt und produziert, und ausschließlich durch öffentliche Fördergelder finanziert. Der erste Teil der Phase-I-Studie zur Bestimmung der maximal tolerierten Dosis wurde mittlerweile erfolgreich abgeschlossen. Nach Prüfung durch die regulatorischen Behörden beginnt nun der zweite Studienabschnitt. Als zusätzliche Zentren werden dabei die Standorte des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung (DKTK) Berlin, Freiburg, Mainz, Frankfurt und Heidelberg an der Studie teilnehmen.

Ergebnisse der ersten Studienphase (Dosiseskalationsstudie):
CC-1 wird bei Patienten mit kastrationsresistentem, metastasiertem Prostatakarzinom eingesetzt. Im ersten Studienabschnitt konnten bei guter Verträglichkeit bereits erste Anzeichen für therapeutische Aktivität beobachtet werden.

Insgesamt wurden 14 Patienten in die Dosiseskalationsphase eingeschlossen. Diese haben mindestens eine Behandlung mit CC-1 erhalten. Bei fast allen Studienteilnehmern wurde wie erwartet eine unspezifische Aktivierung des Immunsystems, das sogenannte Zytokin-Freisetzungs-Syndrom (CRS), beobachtet. Diese Aktivierung war jedoch gering ausgeprägt und temporär. Die im Studiendesign angestrebte Zieldosis von CC-1 konnte bereits nach der Behandlung von nur acht Patienten definiert werden. „Bei sehr guter Verträglichkeit von CC-1 wurden einige Patienten mehrfach behandelt, da bereits nach dem ersten Zyklus ein Abfall des Tumormarkers PSA beobachtet wurde,“ so Prof. Helmut Salih, Leiter der klinischen Prüfung. „Diese Ergebnisse sind für uns sehr ermutigend und wir hoffen, dass wir im jetzt beginnenden Dosisexpansionsteil die Wirksamkeit unseres Antikörpers belegen können.“

Eigene Antikörperentwicklung und Erprobung:
CC-1 wurde gemeinsam vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und der Medizinischen Fakultät Tübingen entwickelt. Die klinische Evaluation des bispezifischen Antikörpers erfolgt in der KKE Translationale Immunologie, einer deutschlandweit einzigartigen Einrichtung der Abteilung Innere Medizin des Universitätsklinikums Tübingen. Diese wurde etabliert, um innovative Immuntherapiekonzepte möglichst rasch in klinischen Studien erproben zu können, sodass Patientinnen und Patienten schnellstmöglich von neuen Erkenntnissen der Forschung profitieren.
Die aktuelle Phase-I-Studie wird durch Mittel des Helmholtz Validierungsfonds, des DKTK und des Universitätsklinikums Tübingen ermöglicht.

Studienteilnehmer gesucht:
Für die nächste Phase der Antikörperstudie sucht das Studienteam noch interessierte Patienten. Teilnehmen können erwachsene Patienten mit einem Prostatakarzinom, das auf eine hormonablative Therapie nicht mehr anspricht (kastrationsresistentes Prostatakarzinom), und die bereits drei vorhergehende Therapien erhalten haben. Die Kriterien zur Studienteilnahme werden vor Beginn der Antikörpertherapie überprüft.

Interessierte Patienten sowie Ärztinnen und Ärzte können sich per E-Mail an kketi@med.uni-tuebingen.de wenden.