Hamburg/Halle – Das Deutsche Netzwerk Evidenzbasierte Medizin (EbM-Netzwerk) fordert in einer aktuellen Stellungnahme die Abkehr von der Gewinnmaximierung in der Gesundheitsversorgung. Es schließt sich damit der im Dezember von der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) publizierten Stellungnahme zu „Medizin und Ökonomie“ an.
Das EbM-Netzwerk unterstützt die AWMF-Initiative und möchte die Kritik am Gesundheitswesen auch für andere Settings der Gesundheitsversorgung einschließlich der Pflege verstanden wissen. Auch hier sei die Gewinnmaximierung tief eingedrungen, heißt es in der Stellungnahme. Beispielsweise seien Pflegeheime beliebte Objekte der Spekulation am Gesundheitsmarkt geworden; niedergelassene Ärzte würden ihre knappe Arbeitszeit an IGeL oder nicht evidenzbasierte Untersuchungen von Gesunden binden.
Das EbM-Netzwerk appelliert daher an die Verantwortlichen in der Regierung, das „Geschäftsmodell der deutschen Gesundheitsversorgung“ mit den hohen und stetig steigenden Kosten und dem vergleichsweise schlechten Outcome zu beenden. Denn laut EU-Kommission gibt Deutschland 11,2 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Gesundheit aus und belegt hiermit einen Spitzenwert in der EU. Die durchschnittliche Lebenserwartung von 80,7 Jahren toppen jedoch 17 andere Länder, die weniger für die Gesundheitsversorgung ausgeben. Dazu zählen beispielsweise die Schweiz, wo Männer die höchste Lebenswartung haben, und Spanien mit der höchsten Lebenswartung für Frauen.
Eine Ursache der mangelnden Kosteneffektivität des deutschen Gesundheitssystems sieht das EbM-Netzwerk bei der „weit verbreiteten Überdiagnostik und Übertherapie“. © gie/idw/aerzteblatt.de