ESMO-Kongress: Abirateronacetat plus Prednisolon zur Standardtherapie verlängert Gesamtüberleben bei Prostatakarzinom-Patienten

  • Jahreskongress der Europäischen Gesellschaft für Medizinische Onkologie (ESMO)
  • von Andrea Hertlein
  •  Medizinische Nachrichten
  •  22.09.2021

Kernbotschaften

Eine neue Kombination „alter“ Medikamente verlängert die Überlebenszeit von Patienten mit einem hormonsensitivem Prostatakarzinom. Das geht aus aktuellen Ergebnissen der Studien PEACE-1 (1) und STAMPEDE (2) hervor, die auf dem Jahreskongress der Europäischen Gesellschaft für Medizinische Onkologie (ESMO) vorgestellt wurden. Danach verlängerte die Zugabe von Abirateronacetat plus Prednisolon (AAP) zur Standardtherapie die Überlebenszeit im Vergleich zur Standardtherapie allein.

“Die Ergebnisse haben das Potenzial, sofort in unsere tägliche Praxis umgesetzt zu werden, da wir nicht auf die Zulassung eines neuen Medikamentes warten müssen”, kommentiert Maria De Santis, Leiterin des Lehrstuhls für Interdisziplinäre Urologische Onkologie an der Charité. Die eindeutig positiven Ergebnisse aus beiden Studien sollten Patienten und Ärzte davon überzeugen, die Behandlung von metastasiertem und lokal fortgeschrittenem hormonsensitivem Prostatakrebs mit hohem Risiko frühzeitig zu intensivieren.

Dreierkombination bei metastasiertem Prostatakarzinom

Für Männer mit metastasiertem Prostatakrebs war die Androgendeprivationstherapie (ADT) jahrzehntelang der Standard der Behandlung. Im Jahr 2015 wurde gezeigt, dass Docetaxel das Überleben verbessert, wenn es zur ADT hinzugefügt wird. Gleiches konnte 2017 für Abirateron belegt werden. Bislang war jedoch nicht bekannt, ob einer oder beide Wirkstoffe zur ADT hinzugefügt werden sollten, um die besten Ergebnisse zu erzielen.

Die Studie PEACE-1 ergab, dass bei Männern mit metastasiertem hormonsensitivem Prostatakrebs der frühzeitige Einsatz von drei anstelle von zwei Medikamenten besser ist, nicht nur um das Fortschreiten des Karzinoms zu verzögern, sondern auch um das Leben zu verlängern, heißt es in einer Mitteilung zum ESMO-Kongress. Wenn AAP zu ADT und Docetaxel hinzukam, verringerte sich das Mortalitätsrisiko der Männer um weitere 25 Prozent im Vergleich zu ADT und Docetaxel allein. “PEACE-1 ist die erste Studie, die belegt, dass Männern mit einem aggressiven Tumor, der bereits multiple Metastasen gebildet hat, eine Dreifachbehandlung angeboten werden sollte. Darüber hinaus waren die zusätzlichen Nebenwirkungen der Dreierkombination zumeist leicht, und es gab nur sehr wenige schwerwiegende Nebeneffekte”, sagte Studienautor Karim Fizazi von der Universität Paris-Saclay auf dem Kongress.

Die eingesetzte Dreierkombination brachte laut den Ergebnissen von PEACE-1 bei Männern mit hochgradig metastasiertem Prostatakrebs 2,5 zusätzliche Jahre ohne Fortschreiten der Krebserkrankung und etwa 18 zusätzliche Lebensmonate. „Zum ersten Mal können diese Männer mit einer Lebenserwartung von mehr als fünf Jahren rechnen, während vor 2015 ihre mittlere Überlebenszeit weniger als drei Jahre betrug. Allerdings seien, so der Studienautor, bei Männern mit metastasiertem Prostatakrebs mit geringer Belastung mehr Nachuntersuchungen erforderlich, um das Überleben genau zu beurteilen.

2-jährige AAP-Therapie bei nicht metastasiertem high-risk PCA

Die Studie STAMPEDE konzentrierte sich auf das nicht metastasierte Hochrisiko-Prostatakarzinom. Bislang wird bei dieser Patientenklientel eine lokale Strahlentherapie der Prostata in Kombination mit einer Androgendeprivation über zwei oder drei Jahre durchgeführt. Hier zeigte sich, dass Männer, die zwei Jahre lang zusätzlich zur Langzeit-ADT eine AAP erhalten hatten, nach sechs Jahren im Vergleich zur Standardbehandlung allein eine Verbesserung des metastasenfreien Überlebens von 69 auf 82 Prozent, des Gesamtüberlebens von 77 auf 86 Prozent, und eine Verbesserung des prostatakrebsspezifischen Überlebens von 85 auf 93 Prozent hatten.

Studienautor Gerhardt Attard von der University College London, UK, sagte: “Auf der Grundlage dieser Ergebnisse sollten alle Männer mit einem nicht metastasiertem Hochrisikoprostatakarzinom für eine zweijährige Behandlung mit Abirateron  und Prednisolon in Betracht gezogen werden.” Attard wies darauf hin, dass weitere Daten über die optimale Dauer der AAP-Therapie erforderlich seien: „Wir haben keine unterschiedlichen Behandlungsdauern untersucht, so dass eine kürzere Therapiedauer gleichwertig und eine längere sogar noch wirksamer sein kann.“

  • Referenzen

1. K. Fizazi, J. Carles Galceran, S. Foulon et al: A phase 3 trial with a 2×2 factorial design in men with de novo metastatic castration-sensitive prostate cancer: overall survival with abiraterone acetate plus prednisone in PEACE-1‘ will be presented by Karim Fizazi during Presidential Symposium 2 on Sunday, 19 September, 15:05 to 16:37 (CEST) on Channel 1. Annals of Oncology, Volume 32, 2021 Supplement 5

2. G. Attard1, L.C. Brown2, N. Clarke3  et al: Abiraterone acetate plus prednisolone (AAP) with or without enzalutamide (ENZ) added to androgen deprivation therapy (ADT) compared to ADT alone for men with high-risk non-metastatic (M0) prostate cancer (PCa): Combined analysis from two comparisons in the STAMPEDE platform protocol‘ will be presented by Gerhardt Attard during Presidential Symposium 2 on Sunday, 19 September, 15:05 to 16:37 (CEST) on Channel 1. Annals of Oncology (2021) 32 (suppl_5): S1283-S1346.