Vorteile der Behandlung im zertifizierten Krebszentrum belegt

Niederlassung und Kooperation Autor: Cornelia Kolbeck

Patient:innen mit den niedrigeren Tumorstadien I bis III profitierten sogar stärker als Patienten mit dem fortgeschrittenen Stadium IV. (Agenturfoto)© iStock/SDI Productions

Abrechnungsdaten sowie Daten aus den klinischen Krebsregistern geben deutliche Hinweise: Der Überlebensvorteil für Patient:innen mit Krebs, die in zertifizierten Zen­tren behandelt werden, ist signifikant.

Eine Analyse bundesweiter AOK-Abrechnungsdaten sowie Daten aus vier regionalen klinischen Krebsregistern zeigen einen Überlebensvorteil für Patient:innen mit Krebs, die in zertifizierten Zentren behandelt werden. Davon berichteten die am Projekt „Wirksamkeit der Versorgung in onkologischen Zentren“ beteiligten Partner: AOK-Bundesverband, Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren, Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung des Universitätsklinikums Dresden und Medizinische Fakultät der TU Dresden.

„Für den Erfolg der zertifizierten Zentren dürfte z.B. der Einsatz von Tumorboards eine große Rolle spielen, die das diagnostische und therapeutische Vorgehen bei Patient:innen mit malignen Tumoren gemeinsam besprechen und die weitere Behandlung planen“, kommentierte Prof. Dr. Monika Klinkhammer-Schalke, Vorstandsvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren, die Ergebnisse.

Niedrige Tumorstadien profitieren sogar stärker

Patient:innen würden in den zertifizierten Zentren auf inter- und multidisziplinäre Behandlungsteams treffen, die häufiger leitliniengerecht behandelten und auf eine bessere Prozess- und Strukturqualität zurückgreifen könnten. Patient:innen mit den niedrigeren Tumorstadien I bis III profitierten sogar stärker als Patienten mit dem fortgeschrittenen Stadium IV.

Ausgewertet wurden vom Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV) eine Million Behandlungsfälle zu acht verschiedenen Krebsarten. Dabei wurde ein besonders hoher Überlebensvorteil deutlich bei Gebärmutterhalskrebs (- 25,9 % Sterblichkeit), neuroonkologischen Tumoren (- 15,8 %), Lungenkrebs (- 15,0 %) und Brustkrebs (- 11,7 %). Positive Effekte mit statistischer Signifikanz zeigten sich auch für das kolorektale Karzinom, Kopf-Hals-Tumoren, Prostatakrebs und die Gruppe der gynäkologischen Tumoren. ZEGV-Direktor Prof. Dr. Jochen Schmitt betonte, dass durch die risikoadjustierte Analyse nicht nur die Evidenz für den Nutzen der Zentrumsbehandlung gestärkt werde, sondern auch eine Blaupause für ein zukünftiges Monitoring der onkologischen Versorgung geliefert werde.

Dr. Jürgen Malzahn vom AOK-Bundesverband lobte die Breite der Ergebnisse und die konstruktive Zusammenarbeit der unterschiedlichen Beteiligten. Völlig überraschend seien die Erkenntnisse nicht, sie bestätigten eindrucksvoll eine ganze Reihe publizierter Daten in der Vergangenheit.

Jetzt käme es darauf an, die Schlüsse zeitnah zu verwerten, „denn Nichthandeln habe Konsequenzen, die keiner haben will“. Dabei verwies er auf die vermeidbaren Todesfälle. So könne z.B. der Gemeinsame Bundesausschuss durch Festlegungen zu Mindestanforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität belastbare Regelungen schaffen.

Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann sieht „deutliches Optimierungspotenzial, das in der anstehenden Reform der Krankenhauslandschaft zügig aufgegriffen werden sollte“. Gebraucht werde mehr Spezialisierung und Konzentration von Leistungen, so Reimann. Sie verwies darauf, dass im Beobachtungszeitraum von 2009 bis 2017 zwar ein Anstieg des Anteils der in zertifizierten Zentren behandelten Patient:inen zu erkennen war – allerdings mit großen Unterschieden zwischen den verschiedenen Krebsarten. So war laut der aktuellen Erhebung der Anteil der Zentrumsbehandlungen bei Patient:innen mit Brustkrebs im Jahr 2017 mit 68 % am höchsten und beim Bauchspeicheldrüsenkrebs mit 24 % am niedrigsten.

Medical-Tribune-Bericht