Eine Vitamin-D-Einnahme könnte die Krebssterblichkeit in der Bevölkerung um zwölf Prozent reduzieren – vorausgesetzt, das Vitamin wird täglich eingenommen. Dies ergab eine am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) durchgeführte Auswertung von 14 Studien der höchsten Qualitätsstufe mit insgesamt fast 105.000 Teilnehmern.
Vitamin-D-Mangel ist weltweit verbreitet und kommt besonders häufig bei Krebspatienten vor. Über das Jahr gemittelt, liegen die Vitamin-D-Blutwerte bei rund 15 Prozent der deutschen Erwachsenen unter dem Schwellenwert für einen ausgeprägten Vitamin D-Mangel*. In einer Studie an Darmkrebspatienten dagegen diagnostizierten Forscher bei 59 Prozent der Teilnehmer einen Vitamin-D3-Mangel, der zudem mit ungünstiger Prognose assoziiert war.
Mögliche Effekte einer Vitamin-D-Supplementierung und der Entstehung beziehungsweise Prognose von Krebserkrankungen wurden bereits in zahlreichen Studien untersucht. „Nach derzeitiger Studienlage schützt eine Vitamin-D3-Einnahme wahrscheinlich nicht davor, an Krebs zu erkranken, könnte aber die Wahrscheinlichkeit senken, an einer Krebserkrankung zu versterben. Die bisherigen Studien zur Krebssterblichkeit haben jedoch sehr unterschiedliche Ergebnisse geliefert und uns interessierten die Gründe dafür“, sagt PD Dr. Ben Schöttker, Epidemiologe im DKFZ. „Mit einer Neubewertung aller bisherigen Studien zu dem Thema wollten wir dazu beitragen, in dieser für die Bevölkerungsgesundheit so relevanten Frage zu belastbaren Ergebnissen zu kommen.“
Um die Wirksamkeit von Vitamin D3 auf die Krebssterblichkeit in der Bevölkerung und auf das Überleben von Krebspatienten zu untersuchen, führte Schöttker mit Kollegen eine systematische Literaturrecherche durch, in der 14 Studien mit insgesamt knapp 105.000 Teilnehmern identifiziert wurden. Die Forschenden berücksichtigten ausschließlich Studien höchster Qualität, deren Teilnehmer per Zufall dem Vitamin-D3-Arm oder dem Placebo-Arm zugewiesen worden waren.
In der Zusammenfassung aller 14 Studien zeigten sich keine statistisch signifikanten Ergebnisse. Teilte man die Studien jedoch danach auf, ob die Vitamin-D3-Einnahme täglich in niedriger Dosierung** erfolgte oder aber als eine selten verabreichte, hohe Einzeldosis**, zeigte sich ein großer Unterschied. In den vier Studien mit den hohen Einzeldosen zeigte sich kein Effekt auf die Krebssterblichkeit. In der Zusammenfassung der zehn Studien mit täglicher Dosierung ermittelten die Forscher dagegen eine statistisch signifikante Verringerung der Krebssterblichkeit um zwölf Prozent.
„Diese zwölfprozentige Reduktion der Krebssterblichkeit haben wir nach ungezielten Vitamin-D3-Gaben an Personen mit und ohne Vitamin-D-Mangel beobachtet. Wir können daher davon ausgehen, dass der Effekt für diejenigen Menschen, die tatsächlich einen Vitamin-D-Mangel aufweisen, erheblich höher ist“, sagt Schöttker. Die bessere Wirksamkeit der täglichen Vitamin-D3-Dosen erklärt er sich durch die regelmäßigere Bioverfügbarkeit des aktiven Wirkstoffs, dem Hormon 1,25-Dihydroxyvitamin D, das erst durch Reaktionen des Vitamin D im Körper entsteht und vermutlich das Tumorwachstum hemmen kann.
Bei einer detaillierteren Analyse der Studien mit täglicher Einnahme ergab sich weiterhin, dass Menschen ab dem Alter von 70 Jahren am meisten von der Vitamin-D3-Therapie profitierten. Außerdem zeigte sich der Effekt am deutlichsten, wenn die Vitamin-D-Einnahme bereits vor der Krebsdiagnose begonnen wurde.
Prof. Hermann Brenner, Epidemiologe und Präventionsexperte am DKFZ, ergänzt: „Diese Arbeit unterstreicht das große Potenzial der Vitamin-D3-Gabe in der Prävention von Krebstodesfällen. Die regelmäßige Einnahme in niedriger Dosierung** ist mit nahezu vernachlässigbarem Risiko und sehr geringen Kosten verbunden.“
Die aktuelle Arbeit wurde von der Deutschen Krebshilfe gefördert.
*Der für den Vitamin-D-Mangel genutzte Schwellenwert des 25-Hydroxyvitamin D-Spiegels im Blut lag bei 30 nmol/l (= 12 ng/ml). Zählt man Personen mit einer weniger gravierenden Vitamin-D-Unterversorgung (25-Hydroxyvitamin D-Spiegels im Blut < 50 nmol/l [= 20 ng/ml]) hinzu, weist etwas mehr als die Hälfte der Deutschen zumindest eine Unterversorgung auf. Es gibt jedoch auch Leitlinien, die andere Schwellenwerte benutzen. Da der Vitamin-D-Spiegel im Blut v.a. von der Besonnung der Haut abhängt, schwankt dieser Prozentsatz zudem stark mit den Jahreszeiten.
** In den Studien wurden als tägliche niedrige Dosierungen 400 bis 4000 IU pro Tag eingesetzt, und als hohe Einzeldosis 60.000 bis 120.000 IU einmal pro Monat oder seltener.
Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum, 09.05.2023