
Im November startet im Deutschen Krebskonsortium (DKTK) eine klinische Studie der Phase I, die einen bispezifischen Antikörper zur Therapie des kastrationsresistenten Prostatakarzinoms testet.
Bispezifische
Antikörper sind Eiweißmoleküle mit zwei verschiedenen Bindungsstellen.
Im Falle des bispezifischen PSMAxCD3-Antikörpers CC-1 richtet sich eine
Bindungsstelle gegen das Prostata-spezifische Membranantigen (PSMA), das
auf der Oberfläche bösartiger Zellen des Prostatakrebses präsentiert
wird. Mit dem anderen Arm heften sie sich an ein Protein, das für die
Aktivierung von T-Zellen zuständig ist. Durch Bindung des Antikörpers an
beide Bindungsstellen kommt es zu einer Aktivierung der Immunabwehr.
Darüber hinaus weist CC-1 die Besonderheit auf, auch an die Blutgefäße
des Tumors zu binden und vermittelt dadurch eine zweifache
Antitumorwirkung.
Prophylaxe gegen das Zytokin-Freisetzungs-Syndrom
Eine
ernsthafte Nebenwirkung bislang verfügbarer bispezifischer Antikörper
ist eine überschießende Aktivierung des Immunsystems: Diese verursacht
das so genannte Zytokin-Freisetzungs-Syndrom (CRS). Bei einem CRS können
verschiedenste Beschwerden auftreten, hierzu gehören insbesondere
Fieber und Kreislaufstörungen. Tritt ein CRS auf, erfolgt üblicherweise
eine Behandlung mit Tocilizumab, einem Antikörper, der die
überschießende Reaktion des Immunsystems abschwächt.
„Wir haben
CC-1 in vielerlei Hinsicht optimiert, um eine unerwünschte
Immunaktivierung möglichst zu vermeiden. Zudem werden wir in unserer
Studie Tocilizumab erstmals bereits vorbeugend geben, um zu verhindern,
dass ein CRS überhaupt auftritt. Durch diese Maßnahmen werden die
Nebenwirkungen für die Patienten verringert, sodass wirklich effiziente
Dosen verabreicht werden können“, sagt Prof. Gundram Jung, dessen
wissenschaftlicher Schwerpunkt seit mehr als 30 Jahren die Entwicklung
optimierter bispezifischer Antikörper ist.
Möglich wird dies
durch die enge Zusammenarbeit der im Department Innere Medizin des
Universitätsklinikums Tübingen angesiedelten „Klinischen
Kooperationseinheit Translationale Immunologie“ des Deutschen
Krebsforschungszentrums (DKFZ) mit der Abteilung Immunologie der
Universität Tübingen.
Die innovative Phase I Studie, die
erstmals den bispezifischen Antikörper CC-1 im Menschen untersucht, wird
durch Mittel des Helmholtz-Validierungsfonds sowie des DKTK ermöglicht.
Im DKTK verbindet sich das DKFZ in Heidelberg als Kernzentrum
langfristig mit onkologisch besonders ausgewiesenen universitären
Partnerstandorten in Deutschland.
Als erstes Zentrum wird Tübingen
den Antikörper verabreichen, im Verlauf werden zahlreiche weitere DKTK
Standorte an der Studie teilnehmen. „Wir freuen uns, diesen Patienten in
schwieriger Therapiesituation eine neue Behandlungsoption anbieten und
einen so innovativen Immuntherapieansatz in die Klinik bringen zu
können. Nun wollen wir prüfen, ob es uns gelingt, das Immunsystem des
Patienten gegen die Tumorzellen des Prostatakarzinoms so gezielt zu
aktivieren, dass die Erkrankung effektiv behandelt werden kann“, so
Prof. Helmut Salih, Leiter der klinischen Prüfung. „Wir freuen uns aber
auch, dass mit dieser Studie das Feld der Medikamentenentwicklung ein
wenig für öffentliche Institutionen zurückerobert wird.“
Informationen zur Studie
Die
multizentrische Erstanwendungsstudie zur Untersuchung der Sicherheit,
Verträglichkeit und Wirksamkeit des bispezifischen PSMAxCD3-Antikörpers
CC-1 bei Patienten mit Prostatakarzinom wird an der Medizinischen
Universitätsklinik Tübingen, in der Klinischen Kooperationseinheit
Translationale Immunologie sowie an weiteren DKTK-Standorten in
Deutschland durchgeführt.
Teilnehmen können erwachsene
Patienten mit CRPC, die bereits drei vorhergehende Therapien erhalten
haben. Vor Beginn der Antikörpertherapie wird untersucht, ob die
Patienten alle Anforderungen für die Studie erfüllen. Hierzu gehören
beispielsweise eine ausreichende Funktion von Leber und Niere sowie des
blutbildenden Systems. Die Antikörpergaben erfolgen dann als
Dauerinfusion über insgesamt sieben Tage. Während dieser Zeit müssen die
Patienten zur Überwachung in der Klinik bleiben. Vor der ersten
Antikörperinfusion erfolgt einmalig die vorbeugende Gabe von
Tocilizumab. Im Anschluss an die Antikörperinfusion erfolgen regelmäßige
ambulante Kontrollen des Patienten. Im Falle eines klinischen
Ansprechens auf die Therapie kann diese bis zu sechsmal wiederholt
werden.
Ärzte und interessierte Patienten können sich per E-Mail an kketi@med.uni-tuebingen.de wenden.
( Universitätsklinikum Tübingen / ms)