Berlin, Januar 2020 –Nuklearmediziner können mit einer ambulanten Untersuchung schneller klären, ob es bei Männern nach einer Behandlung wegen Prostatakrebs zu einem Rückfall gekommen ist. Die PSMA-PET genannte Untersuchung ist nach einem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zur Kassenleistung geworden.Der Berufsverband Deutscher Nuklearmediziner e.V. (BDN) klärt auf, wie die Präzisions-Diagnostik funktioniert und wie man sie in Anspruch nehmen kann.
In Deutschland erkranken jedes Jahr etwa 60.000 Männer an Prostatakrebs, wie bösartige Tumore der Vorsteherdrüse genannt werden. Ein frühes Zeichen ist ein Anstieg des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) im Blut. Die Behandlung besteht in der kompletten Entfernung der Drüse, der radikalen Prostatektomie, einer medikamentösen Antihormontherapie oder in einer Bestrahlung.
Doch nicht immer ist damit der Krebs besiegt. Bei einigen Männern kommt es erneut später zu einem Anstieg des PSA-Werts. „In diesem Fall kann eine PSMA-Positronen-Emissions-Tomographie oder PET zeigen, ob es zu einem Rückfall gekommen ist und wo sich die Krebsnester befinden“, erläutert der BDN-Vorsitzende Professor Dr. med. Detlef Moka. „Die Untersuchung wird heute in der Regel mit einer Computertomographie oder CT kombiniert, die eine genauere Lokalisierung der Krebszellen ermöglicht.“
Und so funktioniert die Bildgebung: Zu Beginn der PSMA-PET/CT wird dem Patienten ein sogenannter Tracer in eine Vene gespritzt, der sich im Körper verteilt. Der Tracer spürt Krebszellen auf und heftet sich auf deren Oberfläche an das Prostata-spezifische-Membran-Antigen (PSMA). Weil der PSMA-Tracer mit dem Radionuklid 68Gallium (68Ga) oder 18Fluor (18F) versehen ist, deren Strahlung vom PET aufgefangen wird, macht er die Krebszellen sichtbar. „Im PET erscheinen die Krebszellen dann als Farbflecken auf dem Graustufenbild des CT“, so Moka.
Die Untersuchung dauert einschließlich der Vorbereitung etwa 90 bis 120 Minuten. „Davon verbringen die Patienten nur ungefähr 30 Minuten im Gerät selbst“, erklärt Nuklearmediziner Moka. Die Untersuchung könne deshalb ambulant durchgeführt werden. Risiken durch den radioaktiven Tracer gebe es nicht, da beide Radionuklide nur eine kurze Halbwertzeit von ein bis zwei Stunden haben und zudem schnell über den Urin ausgeschieden werden.
„Durch den Beschluss des G-BA im vergangenen Jahr ist die Untersuchung ohne Zuzahlung des Patienten möglich“, erläutert der BDN-Vorsitzende. Die PSMA-PET/CT wird von zahlreichen Universitätskliniken und einigen niedergelassenen Nuklearmedizinern angeboten, die sich an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) für urologische Tumoren beteiligen.
Bei der ASV handelt es sich um interdisziplinäre Teams aus niedergelassenen Ärzten, die sich auf die Behandlung seltener oder schwerer Erkrankungen spezialisiert haben. Ärzte-Teams findet man über die ASV-Servicestelle (https://www.asv-servicestelle.de/home/asv-verzeichnis) oder die regionale Kassenärztliche Vereinigung. „Patienten, deren Prostatakrebs behandelt worden ist und die den Verdacht auf einen Rückfall mit einem PSMA-PET überprüfen lassen wollen, benötigen eine Überweisung vom Urologen“, führt Moka aus. Empfehlenswert ist unter Umständen eine kurze zusätzliche Begründung.
Die Vorteile des PSMA-PET bestehen darin, dass frühzeitig mit der Planung für eine weitere Behandlung begonnen werden kann. Denn bei einem Rückfall im Operationsgebiet oder auch bei einzelnen Metastasen ist häufig eine Bestrahlung möglich. „Diese sogenannte Salvage-Strahlentherapie kann den Tumor erneut über längere Zeit zurückdrängen“, betont Moka.
Anmerkung der Web-Redaktion des BPS vom 12.2.2020:
Die Pressemitteilung des BDN lässt einige wichtige Voraussetzungen unerwähnt, die erfüllt sein müssen, damit eine GKV die Kosten für eine 68Ga- oder 18F-PSMA-PET/CT übernimmt. Sie werden erst im betreffenden Beschluss des G-BA vom 18. April 2019 deutlich. Dort heißt es:
- „68GA-PSMA-PET;PET/CT: Die vorgeschlagene Eingrenzung der Indikation für ein PSMA-PET auf ein PSA-Rezidiv entspricht den Empfehlungen der S3-Leitlinie (Langversion 4.0, Dezember 2016, AWMF-Registernummer 043/022OL, Empfehlung 4.19): „Im Rahmen einer Rezidivdiagnostik (nach primär kurativer Therapie, s. Empfehlung 6.2 und 6.3) kann primär eine PET Hybrid-Bildgebung mit radioaktiv markierten PSMA-Liganden zur Beurteilung der Tumorausdehnung erfolgen, falls sich aus dem Befund eine therapeutische Konsequenz ergibt.“ (Hervorhebung durch die Web-Redaktion des BPS) Die Forderung einer vorherigen Diagnostik mittels Becken-MRT, entspricht der sozialrechtlichen Vorgabe, zunächst geeignete vertragliche Untersuchungsverfahren auszuschöpfen. MRT ist ein geeignetes Untersuchungsverfahren zum Nachweis von Lymphknoten- und Knochenmetastasen bei Patienten mit Prostatakarzinom. Der Forderung nach „therapeutischen Konsequenzen“ in der S3-Leitlinie entspricht die Vorgabe, dass für den Patienten geeignete lokale Behandlungsmaßnahmen (Operation oder Bestrahlung eines Lokalrezidivs einschließlich Beckenlymphknoten) bei Nachweis eines lokalisierten Rezidivs in Betracht kommen müssen. (Hervorhebung durch die Web-Redaktion des BPS). Andererseits ist eine Lokalisationsdiagnostik nicht mehr notwendig, wenn eine systemische endokrine oder andere medikamentöse Therapie bereits eingeleitet wurde, da eine medikamentöse systemische Therapie anhand des klinischen Verlaufs, ggf. kombiniert mit symptombezogener radiologischer Diagnostik, und des PSA-Verlaufs gesteuert wird.“
- „Bei Patienten mit einem PSA-Rezidiv nach Operation (durch zwei Messungen bestätigter PSA-Wert >0,2 ng/ml) oder Bestrahlung (durch zwei Messungen bestätigter PSA-Anstieg von >2 ng/ml über den postinterventionellen Nadir) eines lokalisierten Prostatakarzinoms vor Einleitung einer endokrinen oder anderen medikamentösen Therapie, falls die Lokalisation des Rezidivs durch eine MRT Untersuchung des Beckens nicht möglich war und für den Patienten eine Operation oder Strahlentherapie im Falle eines lokalen Rezidivs in Betracht kommt.“
Dies bedeutet, dass die Kosten für eine 68Ga- oder 18F-PSMA-PET/CT nur übernommen werden, wenn:
- ein gesichertes biochemisches Rezidiv gemäß Leitlinie vorliegt, eine zunächst durchgeführte (mp?) MRT keinen Befund erbrachte und sich aus der PSMA-Diagnostik eine therapeutische Konsequenz ergibt in Form einer lokalen Therapie (gemäß Leitlinie (Salvage-) Operation oder (Salvage-) Bestrahlung), wohl auch Lymphadenektomie usw. (Anmerkung der Redaktion: Ob sich aus der PSMA-Diagnostik eine therapeutische Konsequenz ergibt, weiß man aber erst, wenn sie bereits durchgeführt worden ist).
Was bei einer evtl. behandelbaren Oligometastasierung wäre, wird nicht klar. Sie wäre aber jedenfalls nicht leitliniengerecht, da in der Leitlinie davon nicht die Rede ist. Ist bereits eine antihormonelle oder Chemo-Therapie eingeleitet, ergäbe sich keine therapeutische Konsequenz mehr und die Kosten für die PSMA-Diagnostik würden nicht übernommen werden.