Dr. Nicola Siegmund-Schultze Studien – kurz & knapp 02.10.2019
Kernbotschaften
Patienten mit Prostatakarzinom und niedrigem oder moderatem Risiko vertragen eine stark hypofraktionierte stereotaktische Bestrahlung (36 Gy in 5 Fraktionen oder 22 Gy in 3 Fraktionen) vergleichbar gut wie eine leicht hypofraktionierte Bestrahlung (62 Gy in 20 Fraktionen) oder die normale Fraktionierung (78 Gy in 39 Fraktionen). Dadurch lassen sich Behandlungszeit und -aufwand für Patienten und Kliniken deutlich vermindern. Allerdings stehen Daten zur Nicht-Unterlegenheit bei der Effektivität noch aus.
Hintergrund
Für Prostatakarzinompatienten, die ein niedriges oder intermediäres
Risiko haben, gibt es viele Therapieoptionen: Operation, externe
Bestrahlung oder Brachytherapie, aber auch aktive Surveillance. Da
aktives Monitoring dem gegenwärtigen Kenntisstand nach die Prognose
gegenüber Radiotherapie oder Operation nicht verschlechtert, werden an
die Sicherheit einer invasiven Behandlung oder der Bestrahlung hohe
Anforderungen gestellt.
Eine Beschränkung der Einzeldosis auf 2 Gy (normale Fraktionierung) oder 2,5-3,0 Gy (moderate Fraktionierung) ist im Allgemeinen mit guter Verträglichkeit assoziiert, erfordert aber einen hohen Aufwand, um eine Gesamtdosis zwischen 60-78 Gy zu erreichen. In der PACE-B-Studie werden akute Toxizität und Effektivität einer normal oder moderat hypofraktionierten Bestrahlung mit einer stark fraktionierten von 3-5 Einheiten verglichen. Die stark fraktionierte, stereotaktische Radiotherapie erfolgt mit einem Cyberknife-System, einem kompakten Linearbeschleuniger, der auf einen Roboterarm montiert ist, sich um die Patientenliege herum bewegt und hochenergetische Photonenstrahlen erzeugt.
Design
- unverblindete prospektiv randomisierte Phase-3-Studie an 37 Zentren in 3 europäischen Ländern
- Einschlusskriterien: histologisch bestätigtes Adenokarzinom der Prostata mit niedrigem oder intermediärem Risiko, Gleason-Score 6-7
- Randomisierung 1: 1 in zwei Studienarme mit
- A) normaler Fraktionierung (78 Gy in 39 Fraktionen) einer intensitätsmodulierten Bestrahlung oder leichter Hypofraktionierung (62 Gy in 20 Fraktionen) oder
- B) 36,25 Gy in 5 Fraktionen oder 21,75 Gy in 3 Fraktionen, jeweils mit einem Cyberknife-System.
- koprimärer Endpunkt: akute gastrointestinale oder urogenitale Toxizität
Hauptergebnisse
Die Daten von 847 Patienten waren für die Akuttoxizität auswertbar:
432 Patienten aus Studienarm A und 415 Teilnehmer aus Studienarm B. Die
schwersten unerwünschten Effekte waren von Grad 2. Davon traten
gastrointestinale Nebenwirkungen bei 12 % im Studienarm A auf und bei 10
% in Studienarm B. Urogenitale Nebenwirkungen von maximal Grad 2 gab es
bei 27 % der Patienten unter konventionell oder leicht
hypofraktionierter Bestrahlung und bei 23 % unter stereotaktischer
Bestrahlung mit dem Cyberknife. Die Differenzen waren nicht signifikant,
so dass die Nicht-Unterlegenheit der ultrahypofraktionierten
Bestrahlung mit der normal oder leicht reduzierten Fraktionierung belegt
ist. Es gab keine therapieassoziierten Todesfälle.
Klinische Bedeutung
Eine ultrahypofraktionierte Bestrahlung von Prostatakarzinompatienten
mit dem Cyberknife-System (3-5 Fraktionen) ist für die Patienten nicht
schlechter verträglich als die konventionelle oder leicht reduzierte
Fraktionierung, aber mit einem deutlich geringeren Aufwand verbunden.
Noch gibt es aus der PACE-B-Studie keine Effektivitätsdaten. Aber eine
vergleichbare Verträglichkeit wird als wichtige Voraussetzung dafür
gewertet, dass die Therapie überhaupt akzeptiert würde.
Finanzierung: Firma Accuray
Brand DH, Tree AC, Ostler P, et al.: Intensity-modulated fractionated radiotherapy versus
stereotactic body radiotherapy for prostate cancer (PACE-B): acute toxicity findings from an international, randomised, open-label, phase 3, non-inferiority trial. Lancet Oncol 2019; https://doi.org/10.1016/S1470-2045(19)30569-8