Bettina-Cathrin Wahlers Pressestelle der DGU
Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V.
Das Ringen um den PSA-Test in der Früherkennung des Prostatakarzinoms geht in eine neue Runde: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Einleitung eines Beratungsverfahrens zur Bewertung eines Prostatakrebs-Screenings mittels Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA) auf seiner Sitzung am 20. Dezember 2018 beschlossen. Damit wurde der entsprechende Antrag der Patientenvertretung im G-BA vom Oktober 2018 angenommen. Die Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) begrüßt den Beschluss des G-BA wie auch die Initiative der Patientenvertretung, insbesondere des Bundesverbandes Prostatakrebs Selbsthilfe e.V. (BPS), die den Antrag eingebracht hat.
Hintergrund ist, dass zur Früherkennung eines frühen
Prostatakarzinoms alle wissenschaftlichen urologischen
Fachgesellschaften national und international neben der rektalen
Tastuntersuchung die Durchführung eines PSA-Testes empfehlen. Trotz
dieser eindeutigen Positionierung der Fachexperten gilt in Deutschland
der PSA-Test nicht als Teil der sogenannten „gesetzlichen Vorsorge“
(Früherkennung) und muss deshalb von Patienten gegebenenfalls selbst
bezahlt werden. Da eine unkritische Anwendung des PSA-Testes zur
„Überdiagnose“ von Prostatakrebs führen kann und damit auch zur
„Übertherapie“, haben sich in der Vergangenheit Experten anderer
Fachgesellschaften, insbesondere Epidemiologen und Gesundheitsökonomen,
gegen den PSA-Test als Früherkennungsmaßnahme ausgesprochen.
In diesem jahrelangen Streit wurde als Argument immer angeführt, dass
die internationale Datenlage bislang keine Senkung der Mortalität am
Prostatakarzinom durch PSA-basierte Früherkennung habe nachweisen
können. Die DGU hat dabei stets kritisiert, dass eine Senkung der
Mortalität zwar ein statistisch wichtiger, aber nicht der entscheidende
Parameter bei einer Krebserkrankung mit jahrelanger Laufzeit auch bei
Progression der Erkrankung sein dürfe. Entscheidend sei die Betrachtung
des Parameters der Entwicklung einer metastasierten Erkrankung, denn
diese bedeute Therapie, Nebenwirkungen sowie menschliches Leid und ist
mit immensen Kosten für Bildgebung und medikamentöse Therapie verbunden.
Diese Argumente wurden bislang von den Kritikern der PSA-basierten
Früherkennung in den Wind geschlagen.
Neuere Daten aus Langzeitstudien haben nun aber auch eine deutliche
Senkung der Mortalität am Prostatakarzinom durch Therapie nachweisen
können. Dies ist beim Prostatakrebs tatsächlich nur in Studien mit sehr
langer Laufzeit möglich. Dass diese Nachweise jetzt vorliegen, sollte
dazu führen, dass eine Neubewertung erfolgt. Dazu ist der G-BA durch den
Antrag des BPS aufgefordert worden. „Aufgrund der neuen Datenlage
sollte man ein positives Votum der Gremien erwarten dürfen“, sagt
DGU-Präsident Prof. Dr. Oliver Hakenberg.
Bei einer positiven Bewertung durch den G-BA würde der PSA-Test im
Rahmen der Früherkennung wohl als GKV-Leistung anerkannt werden müssen.
Die federführend von der DGU erstellte „S3-Leitlinie zur Früherkennung,
Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms“
empfiehlt schon jetzt, dass Männer über 45 Jahre und einer
Lebenserwartung von mehr als zehn Jahren über die Früherkennung zum
Prostatakrebs informiert werden und ihnen, wenn sie diese wünschen, auch
der PSA-Test empfohlen wird.
Es ist auch kein Zufall, dass die Notwendigkeit des PSA-Testes von den
medizinischen Praktikern bezüglich des Prostatakarzinoms, den Urologen,
und den betroffenen Patienten, den Vertretern der Prostatakrebskranken,
sehr deutlich gesehen wird, während Theoretiker der Medizin wie
Statistiker und Epidemiologen Vorbehalte sehen. Die DGU begrüßt es daher
ausdrücklich, dass eine neue wissenschaftliche Evaluation der aktuellen
Datenlage vorgenommen werden wird. „Die DGU wird diesen Prozess
begleiten und sich spätestens im Stellungnahmeverfahren aktiv
einbringen“, sagt DGU-Generalsekretär Prof. Dr. Maurice Stephan Michel.
Nach dem G-BA-Beschluss ist zunächst die Beauftragung des Instituts für
Qualität und Wirtschaftlichkeit (IQWiG) zur Nutzenbewertung des
PSA-Tests als Früherkennungsmaßnahme vorgesehen. Der Abschlussbericht
des IQWiG soll im September 2020 vorliegen. Dem folgt ein weiterer
Bewertungs- und Abwägungsprozess einschließlich Stellungnahmeverfahren.
Die Beschlussfassung ist laut Zeitplan des G-BA zum PSA-Screening für
Januar 2022 geplant.