Dr. Sheena Meredith
Wissenschaftler der University of Cambridge und des Institute of Cancer Research, London, haben einen neuen Algorithmus entwickelt, mit dem das individuelle Risiko für Prostatakrebs prognostiziert werden kann. Nach Aussage der Forscher handele es sich um das 1. kostenlos angebotene umfassende Prostatakrebs-Modell, das genetische Daten und Daten zur familiären Krebsbelastung berücksichtigt [1].
In dem im Journal of Clinical Oncology publizierten Beitrag schreibt die britische Arbeitsgruppe, dass ihr Modell auf dem bestehenden CanRisk-Tool der Gruppe basiere, das bereits weltweit verwendet werde, um das Risiko für die Entwicklung von Brust- und Ovarial-Karzinom vorherzusagen. Mit diesem kostenlosen Tool haben Ärzte fast 1,2 Millionen Risikovorhersagen erstellt.
Prostatakrebs – häufig genetisch determiniert
Nach Aussage der Forscher ist Prostatakrebs eine der am stärksten genetisch bedingten häufigen Krebsarten. Vererbte fehlerhafte Versionen der BRCA2-, HOXB13- und eventuell der BRCA1-Gene sind mit einem mittleren bis hohen Risiko assoziiert, obwohl solche Anomalien in der Bevölkerung selten sind.
Das Team wollte nun die CanRisk-Simulation und -Modellierung erweitern, um das Prostatakrebsrisiko vorhersagen zu können. Dies könnte sicherstellen, dass „Männer mit dem größten Risiko entsprechend getestet werden, während unnötige – und potenziell invasive – Prozeduren bei Männern mit sehr geringem Risiko reduziert werden“, so die Wissenschaftler.
Derzeit gibt es kein validiertes Risikomodell für Prostatakarzionome (PCa). Das nun entwickelte Modell erfasst personalisiert PCa-Risiken auf der Grundlage seltener pathogener Varianten in den Genen BRCA2, HOXB13 und BRCA1 mit mittlerem bis hohem Risiko, einem polygenen Score auf der Grundlage von 268 häufigen Varianten mit niedrigem Risiko und der familiären Krebsanamnese. Hierzu wurden Daten von aus 16.633 europäischen PCa-Familien aus der UK Genetic Prostate Cancer Study verwendet.
Das Modell wurde anschließend in einer unabhängigen prospektiven Kohorte validiert.
Risiko aufgrund der Familiengeschichte
Das durchschnittliche Risiko der Bevölkerung im Alter von 85 Jahren lag bei 16%. Insgesamt 1 von 6 Männern im Alter von 85 Jahren erkrankt an Prostatakrebs. Das Modell zeigte jedoch, dass das Risiko für Männer, bei denen der Vater Prostatakrebs hatte, höher war, nämlich 27 %, wenn die Erkrankung beim Vater im Alter von über 80 Jahren diagnostiziert worden war, aber 42%, wenn sie vor dem 50. Lebensjahr diagnostiziert worden war.
Auch bei Männern mit genetischen Defekten waren die Risiken deutlich höher. Das vom Modell vorhergesagte Risiko betrug 54% für BRCA2-Träger, 39% für HOXB13 G84E-Träger, 17% für BRCA1-Träger und 16% für Nicht-Träger.
Um das Modell zu validieren, testete es die Arbeitsgruppe an einer unabhängigen Kohorte von über 170.000 Männern, die zwischen 2006 und 2010 für die UK Biobank rekrutiert und zu diesem Zeitpunkt nicht an Prostatakrebs erkrankt waren.