
Toulouse – Eine Behandlung mit hochintensivem fokussiertem Ultraschall (HIFU) hat in einer nicht-randomisierten Studie bei Patienten mit einem lokalisierten Prostatakarzinom Anschlussbehandlungen häufiger vermieden als eine radikale Prostatektomie bei einer gleichzeitig niedrigeren Rate von Harninkontinenzen und Erektionsstörungen. Die Abschlussergebnisse wurden in European Urology (2024; DOI: 10.1016/j.eururo.2024.11.006) publiziert.
Die Behandlung des Prostatakarzinoms besteht im Frühstadium heute in der Regel in einer kompletten chirurgischen Entfernung der Prostata oder alternativ in einer Strahlentherapie. Beide Behandlungen können die Krebserkrankung im Frühstadium heilen, sind aber mit Komplikationen verbunden, die die Lebensqualität der Patienten dauerhaft einschränken: Nach der Operation kommt es häufig zu Harninkontinenz und zur erektilen Dysfunktion. Die Strahlentherapie kann die Darmschleimhaut dauerhaft schädigen.
Der HIFU kommt ohne chirurgischen Schnitt und ohne Strahlenbelastung aus. Der spezielle Ultraschall erzeugt durch eine örtlich begrenzte Erhitzung der Prostata auf bis zu 90°C eine Koagulationsnekrose, die mit den gesunden Zellen auch die Krebszellen zerstört.
Der Hersteller EDAP TMS aus Lyon hat sein Roboter-gestütztes HIFU-Gerät in einer prospektiven aber nicht randomisierten Studie erprobt. An 46 Kliniken in Frankreich wurden 3.328 Patienten mit einem Prostatakarzinom im Stadium T1–2 Nx M0 (PSA unter 15 ng/ml; Histologiegrad 1 oder 2) behandelt: Bei 1.967 Patienten wurde eine HIFU-Behandlung und bei 1.361 eine radikale Prostatektomie durchgeführt.
Die Patienten der HIFU-Gruppe waren mit 74,7 Jahren versus 65,1 Jahren älter als die operierten Patienten, und der Charlson-Komorbiditätsindex (CCI) war höher. Der CCI ist ein Maß für das Mortalitätsrisiko – je höher die Punktzahl, desto höher das Risiko. Die Urologen hatten sich bei den älteren und gebrechlichen Patienten eher für die schonendere HIFU-Behandlung entschieden.
Dennoch waren die Ergebnisse der HIFU günstiger. Wie Guillaume Ploussard von der Clinique La Croix du Sud in Quint-Fonsegrives bei Toulouse berichtet, waren in der HIFU-Gruppe nach 30 Monaten 90 % der Patienten ohne weitere Behandlung des Prostatakarzinoms („salvage therapy–free survival“ STFS) am Leben gegenüber 86 % der Patienten nach radikaler Prostatektomie.
Die Hazard Ratio von 0,71 war mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,52 bis 0,97 statistisch signifikant. Dieser Vorteil bestand in einer Subgruppenanalyse auch für Patienten mit einer Erkrankung mit mittlerem Risiko (Histologiegrad 2) mit einer Hazard Ratio von 0,66 (0,50-0,86).
In der HIFU-Gruppe kam es seltener zu einer Verschlechterung der Harninkontinenz (29 % gegenüber 44 %) oder zur erektilen Dysfunktion (–7 versus –13 Punkte auf dem „International Index of Erectile Function“).
Die Ergebnisse der Studie zeigen laut Ploussard, dass die HIFU einer radikalen Prostatektomie zumindest nicht unterlegen ist bei möglicherweise günstigeren Auswirkungen auf die Lebensqualität der Patienten. Die Evidenz wird allerdings durch die fehlende Randomisierung der Studie eingeschränkt.
Quelle: Deutsches Ärzteblatt