
Berlin – Negative Befunde in der multiparametrischen Magnetresonanztomografie (mpMRT) beziehungsweise MR-Prostatografie bei klinischem Verdacht auf Prostatakarzinom deuten auf ein sehr geringes Krebsrisiko hin. Wenn geschulte oder erfahrene Radiologen die Aufnahmen als unauffällig einordnen, könnte ein regelmäßiges Monitoring über 3 Jahre ohne invasive Diagnostik per Biopsie (PB) ausreichend sein (JAMA Oncology 2024, DOI: 10.1001/jamaoncol.2024.5497).
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass auch in einem dezentralen, ambulanten Versorgungsnetz der sogenannte MRT-Diagnoseweg sicher und effektiv ist. Wir hoffen, dass die Studie einen Anstoß gibt, den Stellenwert der MRT als Entscheidungshilfe für oder gegen eine Biopsie auch in der deutschen Leitlinie weiter zu stärken“, sagte Charlie Hamm, Erstautor der Publikation und Arzt an der Klinik für Radiologie der Charité in Berlin.
Die Studie wurde von der Berliner Krebsgesellschaft, der Berliner Röntgengesellschaft – Röntgenvereinigung zu Berlin und Brandenburg und der Berliner Urologischen Gesellschaft gefördert. Hier wurden 593 Männer (medianes Alter: 64) mit Verdacht auf Prostatakrebs per MR-Prostatografie gescreent und über 8 Jahre hinweg nachbeobachtet. Erfahrene Experten aus der Radiologie haben die Aufnahmen gesichtet und bewertet.
„Nur wenn die MRT-Aufnahmen verdächtige Veränderungen der Prostata zeigten, wurde eine Gewebeprobe genommen. Die Männer mit unauffälligem MRT-Befund unterzogen sich stattdessen 3 Jahre lang regelmäßig urologischen Kontrolluntersuchungen. So konnten wir sehen, ob dieser Ansatz sicher ist“, erläuterte Hamm.
Das angesetzte Monitoring-Intervall betrug 6 Monate. Bei jedem Kontrolltermin wurden Serum-PSA-Werte (PSA, Prostata-spezifisches Antigen) erhoben sowie eine digital-rektale Untersuchung und gegebenenfalls ein transrektaler Ultraschall (TRUS) nach Ermessen des behandelnden Urologen eingesetzt.
Bei der ersten Untersuchung zeigten 48 % (n=286) negative Befunde im MRT. 91 % dieser Gruppe hatten initial keine Prostatabiopsie. Bei 7 Teilnehmern, die trotz negativer MRT eine Biopsie hatten, zeigte sich ein Prostatakarzinom. 7 weitere Personen mit initial negativer MRT entwickelten im Verlauf ein Karzinom.
Bei 27 % (n=161) der Männer, die schon zu Anfang einer Biopsie-Untersuchung zugeführt wurden, konnte ein Prostatakarzinom detektiert werden. Innerhalb von 3 Jahren stieg der Anteil auf 29 %.
Der negativ prädiktive Wert des MRTs nach 3 Jahren lag den Forschenden zufolge bei 96 % (95-%-Konfidenzintervall (95-%-KI): 94 % – 98 %). Bei 4,0 % der Teilnehmenden wurde trotz negativem MRT-Befund im weiteren Monitoring Verlauf eine Prostatakrebserkrankung festgestellt.
„Das Krebsrisiko ist also sehr gering, wenn die MRT-Aufnahme der Prostata keine Auffälligkeiten zeigt. Zwar bietet ein unauffälliger MRT-Befund alleine keine hundertprozentige Sicherheit, aber wenn man die Patienten regelmäßig kontrolliert, entdeckt man einen möglichen Krebs früh genug“, kommentierte Hamm.
Die Ergebnisse sprechen dafür, dass ein derart angepasstes Monitoring für viele Männer eine Biopsie der Prostata ersparen kann, ohne Abstriche an diagnostischer Sicherheit bezüglich des individuellen Krebsrisikos zu machen.
„Die Ergebnisse sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer personalisierten Prostatakrebsversorgung. Durch den effektiveren Einsatz der Magnetresonanztomografie können wir sicherstellen, dass Männer die richtigen Untersuchungen und Behandlungen zum richtigen Zeitpunkt erhalten“, so die Einschätzung von Hamm.
Wichtige Voraussetzungen für diese Art der aktiven Surveillance ist Hamm zufolge die Bewertung der MRT-Aufnahmen durch erfahrene Radiologen, die in der Interpretation von Prostata-MRT-Aufnahmen geschult sind und standardisierte Bildgebungsprotokolle verwenden. Darüber hinaus sei ein Sicherheitsnetz aus regelmäßigen Kontroll-Terminen erforderlich, um immer wieder abzuwägen, ob eine Biopsie notwendig sein könnte.
Quelle: Deutsches Ärzteblatt