Zirkonium statt Gallium: Mehr sehen in der Prostatakrebs-Bildgebung

 Samer Ezziddin, Professor für Nuklearmedizin an der Universität des Saarlandes. Foto: Thorsten Mohr

Mithilfe des Radioisotops Zirkonium-89 im Vergleich zu Gallium-68 konnten Nuklearmediziner die Genauigkeit der Positronenemissions-/Computertomographie mit dem Prostataspezifischen Membran-Antigen als Zielstruktur (PSMA-PET/CT) zur Entdeckung von Prostatakrebs-Rezidiven/Metastasen nach eigenen Angaben deutlich erhöhen.

„Seit etwa 2014, 2015 herum können wir mithilfe eines PSMA-PET/CTs gut sehen, wo sich Metastasen oder auch ein Lokalrezidiv gebildet haben“, erklärt Prof. Samer Ezziddin, Direktor der Klinik für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum des Saarlandes. „Dafür wird ein so genanntes Radiopharmakon in die Venen injiziert. Dabei handelt es sich um eine schwach radioaktive Substanz, die an den PSMA-Molekülen andocken kann. Deren Verteilung sehen wir nach einer gewissen Zeit im PET/CT, sodass wir erkennen können, wo ein Tumor beziehungsweise seine Metastasen sitzen.“

Ezziddin und sein Team haben nun ein Radiopharmakon getestet, das eine deutlich längere Halbwertszeit hat, da es das Isotop Zr-89 enthält. Dieses ist sogar nach mehreren Tagen noch nicht vollständig zerfallen. „Die Ergebnisse waren überwältigend“, sagt Ezziddin. „Wir haben 20 Patienten damit untersucht, deren konventionelle PSMA-PET/CTs alle negativ waren. Dort haben wir also keine Metastasen oder anderes Tumorgewebe sehen können. Mit dem Zr-89-markierten Radiopharmakon haben wir in unserer kleinen Stichprobe tatsächlich bei all diesen Patienten Tumore und Metastasen im Anfangsstadium erkennen können.“

Möglichkeit zur früheren Behandlung

Diese Patienten konnten in einem sehr viel früheren Stadium mit einer Strahlentherapie behandelt werden. Dadurch, dass die Mediziner genau wussten, wo die Krebszellen sitzen, konnten sie diese Regionen auch sehr viel genauer mit einer sehr viel höheren Dosis bestrahlen, da sie nun nicht aus Unkenntnis „wie mit der Gießkanne“ auch umliegendes Gewebe mit bestrahlen müssten, das sie aber möglichst schonen sollten. Wäre der Befund nach der herkömmlichen Methode negativ gewesen, wären Rezidive und Metastasen mitunter erst sehr viel später diagnostiziert worden. „Damit hätte sich natürlich auch die Überlebenswahrscheinlichkeit der Patienten verschlechtert“, sagt Ezziddin über die Folgen.

„Durch die lange Halbwertszeit können wir aber nicht nur die bisher negativen Patienten untersuchen. Auch bei schwach positiven Patienten können wir dadurch die unklaren Stellen klären, wo sich also beispielsweise Blutschwämmchen befinden oder auch gutartige Geschwulste für PSMA-Bildung sorgen“, erklärt Ezziddin. Diese Strukturen können ebenfalls im PSMA-PET/CT auffallen, da sie das Zielmolekül exprimieren. Sie seien jedoch nach einigen Tagen, im Gegensatz zu dem bösartigen Tumorgewebe, nicht mehr auf den PET/CT-Aufnahmen zu sehen, so der Nuklearmediziner Der Grund liegt in einer etwas abweichenden Struktur der PSMA-Moleküle. Das Radiopharmakon bindet dann nicht mehr an diesen Stellen, sodass nach mehreren Tagen nur noch das tatsächliche Tumorgewebe zu sehen ist. Die Zielgenauigkeit steigt also stark mit Zirkonium-89 in der Bildgebung.

Kasuistik publiziert

Bei den Erkenntnissen von Ezziddin und seines Team handelt es sich noch nicht um eine begutachtete Studie, heißt es einschränkend in einer Mitteilung der Universität des Saarlandes. Dem Mediziner sei es aber aufgrund der großen Relevanz für viele Patienten ein Anliegen, die überraschend eindeutigen Ergebnisse seiner kleinen Fallstudie publik zu machen. Möglicherweise könnten so auch Patienten davon profitieren, bei denen Metastasen bislang vorerst unentdeckt geblieben wären. Bereits publiziert wurde eine Kasuistik (s. Link unten) eines 66-Jährigen biochemischem Rezidiv, bei dem mithilfe von Ga-68 kein Tumor nachgewiesen werden konnte. Mithilfe von Zr-89 fiel dann doch ein Lokalrezidiv auf, das entsprechend behandelt werden konnte. „Konservativ geschätzt, würde ich sagen, dass jedes Jahr deutschlandweit zwischen 5.000 und 10.000 Patienten von dieser Methode profitieren könnten“, meint Ezziddin.

(Universität des Saarlandes / ms)