Präzisionsbestrahlung bei Prostatakrebs: HYPOSTAT-Studie wird ausgeweitet

Neue Ergebnisse, neue Förderung, neue Zentren und neue Einschlusskriterien mit jüngeren Patienten

Bei jedem zehnten Mann über 50 wird in Deutschland mittlerweile ein Prostatakarzinom diagnostiziert. Das macht Prostatakrebs zur häufigsten
Krebserkrankung des Mannes. Kein Wunder also, dass sich aktuell mehrere deutschlandweite Studien mit einer Einschätzung und Verbesserung
bestehender und neuer Therapiemethoden für diese Krebsart beschäftigen. Die aktuell von den Universitätskliniken Schleswig-Holstein (UKSH), Frankfurt (KGU), Rostock (UMR) und Greifswald (UMG) sowie den Saphir Radiochirurgie Zentren durchgeführte HYPOSTAT-Studie beschäftigt sich mit genau diesem Thema. Die HYPOSTAT-Studie befasst sich als erste und bisher einzige Studie in Deutschland mit einer neuen Form der kurzzeitigen hochdosierten Strahlenchirurgie mithilfe eines robotergestützten Linearbeschleunigers zur Radiochirurgie für die Behandlung von Prostatakarzinomen, dem sogenannten „CyberKnife“. Im Rahmen der HYPOSTAT-Studie wird die Prostata mit dem CyberKnife mit besonderer Präzision bestrahlt und die Gesamtzahl der Einzelbestrahlungen auf fünf Sitzungen innerhalb ein bis zwei Wochen reduziert.
Dabei ist die extrem hypofraktionierte Strahlenchirurgie beim Prostatakrebs kein neues Behandlungskonzept. Bereits seit über 15 Jahren wird in
den USA aktiv diese Behandlungstechnik geprüft, die auf der Annahme basiert, dass eine hochdosierte kurzzeitige Strahlentherapie für die Prostatbiologisch vorteilhafter ist, als eine konventionelle fraktionierte Strahlentherapie. Diese Annahmen beruhen auch auf den guten Ergebnisse der Hochdosis-Brachytherapie aus dem UKSH, Campus Kiel, seit den 1990er-Jahren. Die Daten aus den USA werden regelmäßig publiziert und
sind ebenfalls Grundlage der HYPOSTAT-Studie, besonders die Daten von Dr. Alan Katz aus New York, der als Berater der HYPOSTAT-Studie im November vergangenen Jahres zu Gast in Kiel und Frankfurt war.
Jüngst wurden nun zum ersten Mal auch direkte Vergleichsstudien zwischen CyberKnife-Strahlenchirurgie und konventionell fraktionierter Strahlen
therapie publiziert. Die Daten aus Polen zeigten für die Strahlenchirurgie eine deutlich geringere Grad-2-Nebenwirkungsrate von 3-12 Prozent
gegenüber 18-42 Prozent für die konventionelle Strahlentherapie. Die Auswertung der Tumorkontrolle steht noch an, aber die biologische Strahlendosis in der Prostata war deutlich höher bei den strahlenchirurgischen Behandlungen. Die dadurch
resultierenden höheren Tumorkontrollraten bestätigten sich bereits bei den ersten Auswertungen von 400 behandelten Patienten am CyberKnife
in Polen. Die mediane Nachsorgezeit war mit 15 Monaten zwar noch kurz, aber die Tumorkontrollrate lag bei 97,75 Prozent mit nur einem Prozent
lokaler Rezidiv-Rate in der Prostata. Zudem konnte nachgewiesen werden, dass der PSA Verlauf nach Strahlenchirurgie mit zusätzlicher Hormontherapie sich nicht von dem ohne Hormontherapie unterscheidet, so dass auf eine zusätzliche Hormontherapie nach Strahlenchirurgie verzichtet werden kann.
„Die Daten aus Polen bestätigen unsere Annahmen und befürworten die HYPOSTAT-Studie umso mehr“, sagt Prof. Dr. Jürgen Dunst, Direktor der Klinik für Strahlentherapie des UKSH und HYPOSTAT-Studienleiter. „Bislang waren alle Patienten sehr zufrieden und die Nebenwirkungen erwartungsgemäß gering, aber wir stehen im Vergleich zu anderen Ländern leider erst am Anfang“, so Prof. Dunst weiter. Die Studie wurde anfänglich durch das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein und die Saphir Radiochirurgie Zentren alleinig finanziert, jedoch konnte nun eine Förderung der Dr. Ruranski-Stiftung dazugewonnen werden. „Wir sind besonders froh über die Förderung, da wir dadurch mehr Möglichkeiten haben, die Studie weiter auszubauen. Erfreulich ist auch, dass die neue S3-Leitlinie für die Behandlung von Prostatatumoren die Erprobung der Strahlenchirurgie in klinischen Studien ausdrücklich empfiehlt“, erklärt Prof. Dunst.
Bislang war die HYPOSTAT-Studie nur für Pa tienten über 70 Jahre zugänglich, jedoch wurde nun aufgrund der neuen Daten und dem Ende der
großen PREFERE-Studie die Altersgrenze auf 60 Jahre reduziert. „Die Änderung der Einschlusskriterien wurde vor kurzem vom Bundesamt für Strahlenschutz genehmigt“, so Dr. Oliver Blanck, Studienkoordination der HYPOSTAT-Studie. „Zudem haben wir die Studie für weitere Radiochirurgie-Zentren in München, Berlin und Köln geöffnet, umso die Prostata-Strahlenchirurgie in Deutschland
flächendeckend zu evaluieren“, so Dr. Blanck weiter.
Studientitel:
Hypofraktionierte Strahlentherapie bei lokal begrenztem Prostatakarzinom
Einschlusskriterien:
Lokal begrenztes, histologisch gesichertes
PCA cT1-3 N0 M0
•Gleason-Grad ≤ 7
•Alter >= 60 Jahre
•PSA < 15 ng/ml
•Prostatavolumen < 80 cm³
•IPSS ≤ 12
Ausschlusskriterien
•Vorausgegangene Strahlentherapie im Beckenbereich
•Kontraindikationen gegen MRT oder Markerimplantation (z.B. Goldallergie)
•Immunsuppressive Therapie
•Relevante Komorbidität
Rückfragen
Prof. Dr. Jürgen Dunst
Direktor der Klinik für Strahlentherapie
Telefon 0431 500-26500
Quelle: Pressemitteilung Universitätsklinikum Schleswig-Holstein
Im BPS-Magazin 2/2016 finden Sie auf den Seiten 19 bis 21 einen Beitrag mit dem Titel „Extreme
Hypofraktionierung beim Prostatakarzinom – Deutschlands einzige klinische Studie (HYPOSTAT) hierzu“ von Prof. Jürgen Dunst und Dr. Oliver Blanck, Klinik für Strahlentherapie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein.