PARP-Inhibitor verlängert Überleben beim späten Prostatakarzinom – die richtige Genveränderung vorausgesetzt

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Lugano –Patienten, die an einem metastasiertem kastrationsresistentem Prostata­karzinoms (mCRPC) mit genetischen Veränderungen in homologen rekombinanten Reparaturgenen leiden, können zukünftig von der zielgerichteten Therapie profitieren.

In der anlässlich der virtuellen ESMO-Jahrestagung 2020 vorgestellten Auswertung der PROrepair-Studie führte Olaparib trotz eines umfangreichen Crossovers zu einer 31 prozentigen Reduktion des Sterberisikos im Vergleich zu einer Therapie mit Enzalutamid oder Abirateron.

Die Studienergebnisse wurden parallel im New England Journal of Medicine veröffentlicht (DOI: 10.1056/NEJMoa2022485).

Verschiedene Gene, die in die DNA-Reparatur involviert sind, können bei Krebserkran­kungen verändert sein. Die Folge kann ein Funktionsverlust in der homologen Rekombi­na­tionsreparatur sein. Viele dieser Veränderungen sprechen auf eine Hemmung der Poly-Adenosindiphosphat-Ribose-Polymerase (PARP) an und wurden daher in die Studie PROfound inkludiert, erläuterte Dr. Joaquin Mateo vom onkologischen Institut Vall d’Hebron in Barcelona.

Die offene, randomisierte Phase-3-Studie PROfound verwendete einen genetischen Test auf Basis des Next Generation Sequencing, um Veränderungen in DNA-Reparaturgenen festzustellen. Untersucht wurden Patienten mit mCRPC, die nach einer Hormontherapie mit Enzalutamid oder Abirateron einen Progress erlitten hatten.

Die Kohorte A bildeten die Patienten mit Nachweis einer Mutation in den Genen BRCA1, BRCA2 oder ARM, die Kohorte B die Patienten mit einer Veränderung in mindestens einem von 15 anderen Genen, die für die homologe rekombinante Reparatur von Bedeutung sind.

Im Verhältnis 2:1 randomisiert erhielten die Patienten eine Therapie mit dem PARP-Inhibitor Olaparib (300 mg 2 Mal täglich) oder den Androgenrezeptor-Inhibitor, den sie noch nicht erhalten hatten (Enzalutamid oder Abirateron). Bei Progress in der Bildgebung war ein Crossover aus dem Kontrollarm zur Olaparib-Therapie erlaubt.

Olaparib hatte bereits in der primären Auswertung das progressionsfreie Überleben signifikant im Vergleich zur Kontrolltherapie verlängert. (DOI: 10.1056/NEJMoa1911440). Jetzt stellte Mateo die finale Auswertung zum Gesamtüberleben vor – einem wichtigen sekundären Endpunkt der Studie. Die mediane Beobachtungsdauer über beide Kohorten hinweg lag jetzt bei 21 Monaten.

Mit Datenschnitt am 20 März 2020 war das mediane Überleben mit Olaparib in Kohorte A mit 19,1 Monaten signifikant länger als im Kontrollarm mit 14,7 Monaten. Die Hazard Ratio lag bei 0,69 zugunsten von Olaparib mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,50 bis 0,97 und einem p-Wert von 0,0175.

Dieser signifikante Vorteil trat auf, obwohl 2/3 der Patienten (67 %) aus dem Kontrollarm wegen eines Progresses zur Olaparib-Therapie gewechselt waren. Nach einem Jahr lebten in der Kohorte A noch 73 % der Patienten in der Olaparibgruppe und 61 % der Patienten der Kontrollgruppe.

In Kohorte B ließ sich kein Vorteil für die Olaparib-Therapie zeigen, das mediane Gesamtüberleben lag zwar mit dem PARP-Hemmer bei 14,1 Monaten und war damit länger als im Kontrollarm mit 11,5 Monaten, die Hazard Ratio lag aber bei 0,96 mit einem weiten 95-%-Konfidenzintervall von 0,63 bis 1,94.

Über beide Kohorten hinweg zeigte sich zum jetzigen Zeitpunkt nur ein Trend hin zu einem besseren Gesamtüberleben mit Olaparib mit einem Medianwert von 17,3 gegenüber 14,0 Monaten in der Kontrollgruppe. Die Hazard Ratio lag bei 0,79, das 95-%-Konfidenzintervall überschritt aber die 1 und lag bei 0,63 bis 1,03 (p = 0,0515).

Ein Jahr hatten 67 % aller mit Olaparib behandelten Patienten und 56 % der Patienten in der Kontrollgruppe überlebt. Die Cross-over-Rate lag über alle Patienten hinweg bei 66 %. Unerwünschte Effekte höheren Schweregrads (≥3) traten unter Olaparib mit 52 % häufiger auf als in der Kontrollgruppe (40 %).

Wegen Nebenwirkungen, vor allem eine höhergradigen Anämie, musste bei 23 % der Patienten die Dosis von Olaparib reduziert werden, bei jedem fünften Patienten kam es zum Therapieabbruch. Daten zur Lebensqualität wurden erhoben, sind aber noch nicht präsentiert worden.

Die Studie PROfound ist laut Dr. Mateo die erste Phase-3-Studie, die einen Überlebens­vorteil eines PARP-Inhibitors bei Patienten mit mCRPC und Progress nach Enzalutamid oder Abirateron zeigen konnte. Olaparib senkt das Sterberisiko von Patienten mit Verän­derungen in den Genen BRCA1, BRCA2 oder ATM um 31 %.

Die Subgruppenanalyse belegte allerdings nur einen klaren Überlebensvorteil für Patienten mit BRCA1- oder BRCA2-Mutation, nicht aber für eine Veränderung im ATM- oder den anderen Genen.

Entsprechend hat das Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) der Europäischen Arzneimittelzulassungsbehörde EMA die Zulassung von Olaparib (Lynparza®) als Monotherapie zur Behandlung von erwachsene Patienten mit mCRPC und BRCA1/2-Mutation (in der Keimbahn oder somatisch) empfohlen, wenn sie einen Progress nach einer vorangegangenen Therapie inklusive einer neuartigen Hormontherapie erlitten haben. Eine Zulassung für die anderen Genvarianten wurde nicht aufgenommen.

Mateo sagte, es sei sinnvoll, die entsprechende Mutationsprüfung bereits bei erstmaliger Diagnose eines mCRPC durchzuführen, da später häufig nicht ausreichend Material für die Genanalyse gewonnen werden kann. Er ist aufgrund früherer Forschungs­ergebnisse von der Antitumor-Wirksamkeit von PARP-Inhibitoren auch bei anderen DNA-Reparaturgenen überzeugt, allerdings waren die Subgruppen in der Studie zu klein, um Effekte für einzelne Genveränderungen feststellen zu können, erklärte er. © FK/aerzteblatt.de